Kapitel 9: Die dunkle Insel

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"Wenn sie uns anlügen, dann können wir das auch!", schimpfte Jay beleidigt. Ausnahmsweise waren sich Jay und Cole einig, dass die sechs Ninja heimlich losfliegen sollten. Auch Kai fing Gefallen an dieser Idee. "Ich weiß ja nicht ob du es vergessen hast, aber wir sind Ninja. Wir lügen nicht", unterrichtete Lloyd seine Freunde. "Abgesehen davon: Was, wenn uns etwas passiert? Dann kann niemand Hilfe holen!" Auch wenn seine Freunde einknickten, das sarkastische Geflüster des Feuerninjas war für den Anführer unüberhörbar: "Weil wir ja auch nicht die einzige Hilfe sind, die Ninjago noch hat..."

Den Blick geradeaus gerichtet stand die alte Frau am Deck gelehnt. Sie war sich vollkommen über die Härte ihrer letzten Worte bewusst, doch Leid tat es ihr nicht. Es stimmte ja: Ginge es nicht um ihren Sohn und die restlichen Ninja, so hätte Misako ihre Jugendliebe längst verlassen. Er log bis sich die Balken bogen und nahm ein ungeheures Risiko auf sich - und wozu? Weil er sich fürchtete. Wu war solch ein Angsthase geworden.
Seufzen.
Wem machte sie was vor? Sie war immer noch in den bärtigen Mann verliebt, genau wie am ersten Tage. Für einen Moment schlossen sich die Augen der Frau, ihre Lider waren plötzlich schwer wie Blei und Bilder der Vergangenheit rauschten tosend durch ihren Kopf. "Wu, was willst du?" Mit einer ungeahnten Müdigkeit betrachtete sie nun den Mann, der hinter ihr aufgetaucht war. "Ich wollte mich entschuldigen", fing der Sensei leise an. "Nein." So sehr es sie schmerzte, sie wollte Wu nicht in die Augen blicken, dessen Leid spüren und seinen Duft einatmen. "Was auch immer du zu sagen hast: Ich höre dir nicht mehr zu. Die Jungs haben die vertraut und du hast sie belogen. Warum solltest du nicht das Gleiche bei mir tun?" "Ich würde dich nie-..." "Hör auf", widersprach  Misako. "Wenn du es nicht tust, dann mache ich es. Sobald die Ninja wieder da sind, werde ich ihnen die Wahrheit sagen. Ich hätte nicht zulassen sollen, dass sie aufbrechen, das könnte ihr Tod sein."

Gedanken kreisten im Kopfe des grünen Ninja. Viele Gedanken. Wie konnte das alles passieren? Sie hatten innerhalb eines Nachmittages die wichtigste Stadt Ninjago's verloren, sein Onkel wurde zu einem Heuchler und einer von ihnen wurde entführt, gefoltert und freigelassen. Und wofür das alles? Die Samurai und Nindroiden waren ihnen zahlenmäßig überlegen. Die Nindroiden wären vielleicht nicht das größte Problem, doch was ist mit den Samurai? Schon im Kampf gegen das Ultraböse waren sie ihnen überlegen. Es waren Dareth und der Helm gewesen, die sie gerettet hatten. Doch vom Helm war nun keine Spur. "Ducken!" Es war Zane gewesen, der das Kommando gegeben hatte. Ohne es zu hinterfragen folgte jeder der Anweisung - eine geölte Maschine.

Auf dem Radar des weißen Ninjas tauchte ein leuchtender Punkt auf, der ihn früh genug warnte. "Der Luftraum fliegt raus." Jay kicherte. Weshalb Cole fauchte. "Was ist daran so lustig?!" "Naja, Lloyd hat gesagt, dass der Luftraum raus fliegt. Luftraum. Raus fliegen. Fliegen? So wie wir es auf unseren Drachen tun, wenn wir in der Luft sind?" Und zum ersten Mal konnte die Gruppe wieder lachen. Leise, unterdrückt und oberflächlich zwar - aber sie lachten.

"Die Ninja sind auf der Insel angekommen, General Cryptor."
"Gut."
"Sollen wir ihnen einen erfreulichen Empfang bereiten?"
"Nein. Lassen wir sie erst einmal in dem Glauben ruhen, dass sie sicher sind."

"Verena hatte Recht! Ich stelle mir zwar eigentlich etwas anderes unter einer Höhle vor, aber besser als gar nichts!" "Ja, wenn du unterirdische Geheimverstecke mit nur einem Zugang als gut definierst, dann hast du auf jeden Fall recht!", fauchte Jay den Schwarzhaarigen an. Nein, es war nichts Neues, dass sich die beiden Streithähne in die Haare gerieten. So ignorierte das restliche Team ihre kleine Auseinandersetzung und behielt weiterhin die Luke im Blick. Ein perfektes Quadrat mit zwei seitlichen, geöffneten Türen, an dessen vier Ecken jeweils eine Wache stand. "Nicht gerade die beste Verteidigung...", murmelte Kai mit einer leichten Andeutung eines Grinsen. "Naja, wir hätten ohne Verena auch noch lange gebraucht um auf die Idee zu kommen ihr Versteck sei auf der dunklen Insel." Es war Nya, die nicht einsehen wollte, dass Zane Recht hatte. "Denkt ihr wir könnten uns im Tempel des Lichtes verstecken?", versuchte sie deshalb das Thema zu wechseln. Sie wand sich an Zane, der die Erde zuvor gescannt und den Lageplan des feindlichen Versteckes gespeichert hatte. "Es sollte kein Problem darstellen. Insofern der Tempel noch steht." Die Laune des Teams verbesserte sich schlagartig. Vorsichtig krabbelte Lloyd zurück und rappelte sich auf - die anderen taten es ihm gleich - und machte sich auf den Weg mit den Worten: "Ich hoffe es doch sehr."

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