Broken behind the mask {Drarry One Shot}

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"Wieso mache ich das eigentlich?" Harry stand nun schon seit zehn Minuten vor dem Eingang des Krankenflügels und konnte sich weder dazu durchringen hineinzugehen, noch war er dazu im Stande wieder umzukehren.
Gestern Abend hatte er Draco Malfoy, dem er seit Anfang des Schuljahres ständig hinterher spionierte, fast umgebracht. Alleine bei dem Gedanken daran, Snape wäre nicht rechtzeitig aufgetaucht, oder hätte nicht den passenden Zauberspruch gewusst, lies ihm das Blut in den Adern gefrieren. Er hätte es sich nie verziehen, wenn Malfoy wirklich seinetwegen gestorben wäre. Natürlich glaubte der Schwarzhaarige immer noch, dass der Slytherin etwas im Schilde führte und dass er nicht auf der richtigen Seite stand, das bedeutete aber noch lange nicht, dass er ihm den Tod wünschte. Er hatte nie gewollt, dass so etwas wie gestern passierte. Das war auch der Grund für sein Erscheinen vor dem Krankenflügel. Er wollte sich bei dem Blonden für seinen Angriff entschuldigen. Nur war das leichter gesagt, als getan. Immer wieder malte sich der Gryffindor alle möglichen Horrorszenarien aus, in denen Draco ihn nicht mal zu Wort kommen lies, sondern ihm direkt alle möglichen Beleidigungen und Drohungen an den Kopf warf, oder in denen er ihn total verspotte, oder in denen er nach seinem Zauberstab griff und ihn als Rache attackierte. Verdammt das ist doch lächerlich. "Er ist momentan nicht mal dazu im Stande jemanden zu attackieren. Er ist verletzt und ich bin Schuld daran.", rief sich Harry schließlich ins Gedächtnis zurück und das Bild von Draco's blutüberströmtem Körper und seinem schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck war wieder so deutlich vor seinem Inneren Auge zu sehen, dass es ihm einen unangenehmen Schauer über den Rücken jagte. Warum war es für den Jungen nur so schwer diesen Schritt zu gehen? Er wusste genau, dass die geplante Entschuldigung an Malfoy richtig war, aber irgendwas in ihm sträubte sich dagegen, denn auf eine kindische und absurde Art und Weise, hatte er Angst von Draco zurück gewiesen zu werden. Über sich selbst den kopfschüttelnd kratzte er all seinen Mut zusammen, atmete noch einmal tief durch und schob dann vorsichtig die schwere Holztüre auf.
Im Inneren war es, angesichts der frühen Morgenstunde, sehr still. Keine Menschenseele befand sich im Raum, nicht einmal Madame Pomfrey, die normalerweise immer irgendwo herum wuselte, war aufzufinden. Nur ein Bett am anderen Ende des Zimmers war belegt. Schon von weitem erkannte Harry das helle, weißblonde Haar des Slytherins. Er schritt zögernd auf ihn zu, nur um dann, zugegebenermaßen etwas erleichtert festzustellen, dass er schlief. Sollte er ihn wecken, oder besser einfach wieder verschwinden und das alles vergessen? Keines von Beidem in Betracht ziehend, trat er unentschlossen näher an Draco heran und betrachtete ihn stumm.
Er lag seitlich in dem liebevoll bezogenen Bett und seine sonst so streng mit Gel zurückgehaltenen, blonden Haare, hingen ihm unordentlich ins Gesicht, was ihm eine kindliche, beinahe unschuldige Aura verlieh. Die Bettdecke hatte er im Schlaf so zerknautscht, dass sie ihn nur noch bis zu seinem Bauch hin, vor Kälte schützte. Der Rest seines unnatürlich blassen, nackten Oberkörpers war unbedeckt. Bei näherem Hinsehen erkannte Harry mehrere abscheuliche Narben, die sich seinen kompletten Rücken entlang zogen. Zwar waren es dank Professor Snape keine klaffenden Wunden mehr, die ihm Schmerzen bereiteten, aber es waren dennoch schmale, weißliche Narben, die vermutlich nie ganz verblassen würden. Er würde sie von nun an für immer tragen müssen. Der Schwarzhaarige seufzte hörbar auf. Das würde Draco, der so viel Wert auf sein Äußeres legte, ihm nie verzeihen und ihn vermutlich außerordentlich dafür büßen lassen. Unsicher und darauf bedacht bloß keinen falschen Mucks von sich zu geben, setzte er sich auf den Stuhl, der neben dem Bett des Slytherins stand. Dann wanderte sein Blick wieder zu dem schlafenden Jungen. Dessen Gesicht wirkte angestrengt, nahezu verkrampft, als würde ihm etwas, gerade in diesem Moment, all seine verbliebene Kraft rauben. Es hatte fast den Anschein als würde die Last der Welt auf seinen Schultern liegen und ihn zu ersticken drohen.
Die Hände des Verletzten waren zu Fäusten geballt und krallten sich verzweifelt, nach Halt suchend in das Bettlacken und sein Atem stockte immer wieder, als würde ihm irgendetwas, wovor er panische Angst hatte, die Luft abschnüren. Harry kam nicht um hin sich zu fragen, was Malfoy zu solch einer inneren Unruhe trieb, dass es ihn selbst im Schlaf quälte und er musste zugeben es interessierte ihn. Brennend.
Eine Weile verstrich in welcher der Gryffindor einfach nur dort auf dem Stuhl saß, seinen Blick stets auf seinen vermeintlichen Rivalen gerichtet, fast als wollte er über ihn wachen. Dann wurde die Stille unterbrochen. Ein leises, kraftloses Wimmern erfüllte den Raum, das mit so einer erschreckenden Hoffnungslosigkeit untermauert war, dass Harry schwer schlucken musste. Er empfand ernsthaftes Mitleid für den Jungen, der ihm jahrelang das Leben schwer gemacht hatte und den er beschuldigte ein Todesser geworden zu sein und wollte unbedingt erfahren was hinter all dem steckte. Nur glaubte er nicht, dass ihm das je gelingen würde. Seufzend erhob er sich wieder und trat nun dicht an den schlafenden Draco heran, der erneut ein gequältes Wimmern von sich gab. Ohne es verhindern zu können, schlich sich ein sorgender Ausdruck in das Gesicht des Schwarzhaarigen und er verspürte plötzlich das instinktive Bedürfnis ihn zu beruhigen, ihm begreiflich zu machen, dass das, was ihm solch einen Schrecken einjagte, nur in seinem Traum stattfand und nicht in der Realität. Doch das würde ihm nicht gelingen, ohne ihn zu wecken und das wollte er, so lächerlich es auch klingen mag, um jeden Preis vermeiden.
"Das hier bringt doch nichts.", dachte er betrübt, während er den Jungen im Bett noch einmal betrachtete. Dann, den Entschluss gefasst, die Krankenstation gleich im Anschluss zu verlassen, streckte er seine Hand nach der zerwühlten Bettdecke aus und zog sie behutsam, vielleicht sogar ein wenig fürsorglich über Draco's Oberkörper.
Daraufhin überschlugen sich mehrere Ereignisse hintereinander. Zunächst bewegte der Slytherin nur seinen Kopf ein Stück weit, lies Harry allerdings nicht viel Zeit um dies zu registrieren, sondern drehte sich stattdessen ruckartig zur Mitte und schlug mit einem Mal die silbergrauen Augen auf. Das erste was ihm über die Lippen kam, war ein verwundertes, aber dennoch verächtlich klingendes: "Potter?"
Dieser war nicht fähig etwas zu erwidern, zu überrumpelt war er von der neuen Situation. Stattdessen zog er nur, wie ein vom Blitz Getroffener, seine Hand zurück und sah dabei mehr als ertappt drein. Zu seinem Glück hatte Malfoy das zu diesem Zeitpunkt noch nicht überrissen, da er sich, noch vom Schlaf benebelt, orientierungslos umsah.
"Bin ich in der Hölle?" Draco's Stimme hatte einen kratzigen, rauen Klang angenommen und trotzdem schwang in seinem Unterton eine Spur seiner üblichen Arroganz mit. "Nein du bist im Krankenflügel in Hogwarts.", war die schlichte Antwort des Gryffindors, dessen Mimik ihm immer noch nicht so recht gehorchen wollte. Deshalb entschied er sich dazu wieder ein wenig Abstand zwischen den Beiden herzustellen und trat an das große Rundbogenfenster heran, das neben dem Bett angebracht war. "Und was genau machst du dann hier?" Der Blonde schien nun wieder zu sich gekommen zu sein und richtete sich vorsichtig auf, während seine Augen die Gestalt am Fenster fixierten. "Ich ähm..." Harry hatte sich das alles ganz anders vorgestellt und keinen blassen Schimmer wo oder wie er die Entschuldigung überhaupt anfangen sollte. Er suchte fieberhaft nach einem guten Anfang, aber bevor er zum Reden hätte ansetzen können, stellte der Slytherin auch schon die nächste Frage, die ihn noch nervöser machte als die Erste. "Und was hast du so nah an meinem Bett gesucht?" Der Schwarzhaarige schluckte hörbar auf und bewegte sich keinen Millimeter mehr von dem verzierten Fenster weg, zu groß war seine Angst Malfoy könnte die Röte, die ihm ins Gesicht gestiegen war, sehen. "Ich äh... Du... Ich...", stotterte er völlig aus dem Konzept gebracht vor sich hin und kam sich dabei vor wie der größte Vollidiot. Was machte er überhaupt hier? Er hätte erst gar nicht her kommen sollen.
"Du äh ich, was?" Draco's Hohn in der Stimme war nicht zu überhören. Das Gestammel seines Rivalen schien ihn zu amüsieren, aber auf der anderen Seite wollte er auch unbedingt wissen, warum ihn diese Frage so durcheinander brachte. "Ich habe dich zugedeckt, okay?" Harry wusste nicht was über ihn gekommen war, ihm das aus freien Stücken zu erzählen. Fakt war, er hatte es gerade getan und Malfoy damit perfekten Angriffsstoff geliefert. Nun hingen seine Worte im Raum und er konnte sie nicht mehr zurück nehmen. Wenn er weiterhin so ehrlich und unvorsichtig in seiner Wortwahl war, war Draco dazu im Stande alles gegen ihn zu verwenden und ihn damit zu zerstören. Doch das Gespräch entwickelte sich zu seinem Entsetzen in eine ganz andere Richtung. "Interessant. Hast du dich etwa Übernacht in mich verknallt, Potter?" Harry zog scharf die Luft ein, drehte sich, ohne dabei seine roten Wangen zu bedenken, fassungslos zu dem Blonden um und starrte ihn, sich sichtlich angegriffen fühlend, an. "Hast du sie noch alle? Ich bin nicht schwul und selbst wenn wärst du der letzte Typ auf den ich stehen würde, klar?" Das war unglaublich. War dieser überhebliche Idiot wirklich so sehr von sich selbst überzeugt, dass er ernsthaft daran glaubte, dass ihm sogar jeder Typ, der schwul war, zu Füßen liegen würde? Und was bei Merlins Bart bildete er sich ein, auch nur die Vermutung anzustellen Harry wäre einer davon? Zugegebenermaßen war er sich seiner Sexualität wirklich noch nicht ganz sicher, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er ausgerechnet Malfoy auch nur annähernd anziehend fand. Er hatte einfach nur Mitleid mit ihm gehabt. Deswegen hatte er ihn zugedeckt, ohne Hintergedanken. Jedenfalls redete er sich das gerade in Gedanken ein. In Wirklichkeit hatte er keinen blassen Schimmer warum er das getan hatte. "Ganz sicher? Dein knallrotes Gesicht wirkt nämlich nicht gerade überzeugend." Der Verursacher seines peinlich berührten Zustandes, riss ihn völlig aus den verdrießlichen Gedanken und musterte ihn eindringlich, weswegen ihm noch unbehaglicher zu Mute wurde als zuvor. Das provokante Grinsen auf Draco's schmalen Lippen, welches er sich nicht verkneifen konnte, zeigte überdeutlich, dass er es genoss den Schwarzhaarigen so in der Hand zu haben. Er beschloss noch einen Schritt weiter zu gehen, packte den Gryffindor am Saum seines Umhanges und zog ihn mit einer raffinierten, ruckartigen Handbewegung zu sich runter, so dass er halb auf ihm lag und ihre Köpfe nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Harry, der gar nicht wusste wie ihm geschah, starrte nun gezwungenermaßen in das Silber, das in den Augen seines Gegenübers funkelte und konnte dessen warmen Atem auf der Haut spüren. Er war nicht dazu fähig sich auch nur einen Zentimeter zu rühren, obwohl seine innere Stimme ihn schon fast anschrie sich schleunigst aus seinem Griff zu befreien. Doch er ignorierte sie. Die Art wie Draco ihn ansah, mit diesem fixierendem, unergründlichem Blick, machte es ihm nahezu unmöglich sich loszueisen. Die Hitze, die schon seit mehreren Minuten auf seinen Wangen brannte, nahm er jetzt noch intensiver war und spürte sie durch seinen ganzen Körper fließen. Innerlich verfluchte er sich dafür seinem eigentlichem Rivalen so hilflos ausgeliefert zu sein, weil er seine Gefühle absolut nicht unter Kontrolle halten konnte. Malfoy hatte ihn, wie auch immer ihm das gelungen war, in seinen Bann gezogen, was diesem durchaus nicht entgangen war. Im Gegenteil. Er war im Begriff seine gewonnene Machtposition schamlos auszunutzen. Während seine eine Hand immer noch den Stoff des Umhanges festhielt, fand die Andere ihren Weg an Harry's Kinn und lies seine Finger durchaus sanft über dessen weiche Haut streichen. Ein erstauntes Keuchen entwich dem Jungen mit den smaragdgrünen Augen, was Draco erneut ein triumphierendes Grinsen entlockte und ihn dazu ermutigte noch weiter zu gehen. Er beugte sich also noch dichter zu ihm hervor, so dass sich ihre Nasenspitzen bereits berührten und lies seinen Blick verführerisch langsam von seinen Augen, zu seinen vollen Lippen wandern.

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