Don't cry {1}

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In dieser Kurzgeschichte geht es um Draco Malfoy und Severus Snape, allerdings nicht als Paar, sondern als Patenonkel und Patenkind und spielt im sechstem Schuljahr von Draco. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. :)

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Mit schnellen Schritten hastete Draco aus dem Raum der Wünsche. Seine blassen Hände zitterten so unkontrolliert und heftig, dass er sie zu Fäusten ballte, wütend darüber, dass er wie es aussah keine Macht mehr über seinen eigenen, geschwächten Körper besaß. Er fühlte sich ausgelaugt. Seine müden Augen versuchten sich einen Weg durch die dunklen, langen Korridore zu bahnen, bedacht darauf, dass seine wie betäubt wirkenden Füße nicht stolperten.

Du bist ein elender Versager Draco!

Die Stimme in seinem Kopf klang kalt und erbarmungslos und war ohne Zweifel nicht die Seine. Es war die tiefe, distanzierte Stimme seines Vaters, die er nur zu gut kannte. Sie jagte ihm einen unangenehmen Schauer über den Rücken.

Ein Schwächling!

Erneut schlich sich die Stimme von Lucius Malfoy in seinen Kopf und er versuchte den Schmerz, den diese Worte in ihm auslösten, hinunter zu schlucken. Ohne Erfolg. Unbehagen bereitete sich in ihm aus, das ihn für einen Moment glauben lies sein Magen würde sich in sich zusammenziehen. Dann kroch dieses ekelhaft bedrückende Gefühl weiter nach oben an seine Lungen und raubte ihm fast den Atem. Nur mit Anstrengung gelang es ihm ein Keuchen zu unterdrücken und er schnappte schwer nach Luft.

Du bist eine bitterliche Enttäuschung für mich und deine Mutter! Ein Nichts!

Die schneidenden Worte wiederholten sich in einem höhnischen und missbilligenden Tonfall immer wieder in seinen Gedanken. Er schüttelte hastig mit dem Kopf und beschleunigte seine Schritte, als könnte er so vor den verletzenden Worten fliehen. Doch so sehr er sich auch bemühte die Worte zu verdrängen, sie nicht mehr an die Oberfläche dringen zu lassen und ihr keine Aufmerksamkeit zu schenken, er konnte ihnen nicht entkommen.

Du bist nutzlos Draco! Nutzlos und unfähig!

Er raufte sich durch die Haare, drückte seine Fingernägel mit seiner noch übrig gebliebenen Kraft gegen seinen Kopf, so dass sie sich schmerzlich in seine Haut bohrten, nur um seine eigenen Gedanken nicht mehr ertragen zu müssen. Doch auch das half ihm nicht.

Unfähig diese Aufgabe zu erledigen, die dir aufgetragen wurde! Du wirst scheitern! Maßlos scheitern!

Es sollte aufhören. Er wollte, dass diese Stimme endlich verstummte, dass sie aufhörte ihn zu quälen. Doch es war längst zu spät. Die Worte hatten ihn bereits zu tief getroffen, jedes einzelne. Sie fühlten sich an wie unzählige, kleine Messerstiche, die sich schmerzhaft und bewusst langsam Stück für Stück in seine Haut bohrten.
Doch er wusste, dass die Stimme aus seinem Unterbewusstsein recht hatte. Er würde Versagen. Er war ein kläglicher Versager.

Die plötzliche Hilflosigkeit, die sich wie ein Feuer in ihm ausbreitete, trieb ihm Tränen in die traurigen, sturmgrauen Augen. Tränen, die er so oft in letzter Zeit bemüht versucht hatte zurückzuhalten. Tränen, die den Zorn in ihm über seine eigene Unbeherrschtheit antrieb. Er durfte nicht weinen. Weinen bedeutete Schwäche und einem Malfoy war es nicht gestattet Schwäche zu zeigen. Niemals. Das hatte er schon sehr früh gelernt. Doch was nützte es ihm jetzt? Was nützte ihm jetzt irgendetwas was ihm früher beigebracht worden war? Er war ganz alleine. Alleine mit seinen Zweifeln, ob er dazu fähig war das zu tun was von ihm verlangt wurde. Alleine mit der Panik, die ihm jedes Mal die Kehle zuschnürte sobald er daran dachte, dass er das Leben eines anderen Menschen auslöschen musste. Und alleine mit der Angst was mit ihm geschehen würde wenn er scheiterte. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er sich so verloren und einsam gefühlt wie in diesem Augenblick und er hasste dieses Gefühl. Es drohte ihn zu verschlingen, wie die Dunkelheit, die ihn umgab.

Er könnte einfach aufgeben! Der Gedanke schoss ihm für einen kurzen Augenblick durch den Kopf und klang so unbeschreiblich verlockend, dass er es nicht hätte in Worte fassen können. So zu tun als würde dieser Auftrag, den er erhalten hatte, einfach nicht existieren, war der schönste und doch absurdeste Gedanke, den er in den letzten Wochen gehabt hatte. Möglicherweise würde er sich dann nicht mehr so elendig fühlen und die Last, die auf ihm lag und allmählich damit drohte ihn zu zerdrücken, würde endlich schwinden. Doch diese unüberlegte, verzweifelte Idee, in seinem Kopf, erlosch genau so schlagartig, wie sie gekommen war, als sein Unterbewusstsein erneut zu ihm sprach.

Diese Unfähigkeit, deine Unfähigkeit wird uns ins Grab bringen, Draco. Mich, dich und deine Mutter. Es wird deine Schuld sein. Wegen dir sind wir alle dem Tod geweiht. Wegen dir...

„Halt den Mund! Halt endlich den Mund!" Sein wutentbrannter Ausruf hallte durch die hohen Decken des Schlosses und er zuckte bei dem Klang seiner eigenen, kratzigen Stimme zusammen, die von purer Verzweiflung umhüllt war und sich nicht mehr im Geringsten nach ihm selbst anhörte. Für einen kurzen Moment blieb er stehen, lehnte seinen vor Anstrengung bebenden Körper gegen die kühle Steinmauer und schloss die Augen. Seine Lungen brannten fürchterlich und er spürte wie sich einzelne Tränen einen Weg über seine erhitzten Wangen bahnten.

Er hasste sich dafür zu weinen. Er hasste sich dafür Gefühle zu zeigen. Es war ihm nicht gestattet Gefühle zu zeigen und er konnte es sich nicht leisten sich von ihnen aufhalten zu lassen. Es stand so viel auf dem Spiel, für ihn und für seine ganze Familie. Doch er konnte sich nicht helfen. Er konnte seine Gefühle einfach nicht verbergen. Vor Anderen ja, aber nicht vor sich selbst. Er fühlte sich so schrecklich alleine.

Er war allein gelassen worden, mit dem was ihn quälte und er zerbrach daran, jeden Tag ein Stückchen mehr.

Er war gefangen.
Er war ein Gefangener dieses Schlosses.
Und es gab kein Entkommen.
Vor manchen Dingen konnte man nun Mal nicht wegrennen.

Die Worte wiederholten sich in seinem Inneren, wie bei einem hängengebliebenen Plattenspieler. Angst überkam ihn. Panische Angst, die ihm Schweiß auf die Stirn trieb und drohte ihm endgültig den Atem zu rauben. Er wollte hier raus, raus aus diesem nie enden wollenden Alptraum. Einfach nur weg und das auf der Stelle.

Er riss die Augen auf. Um ihn herum war nichts als pure Dunkelheit, die sein Gefühl gefangen zu sein nur noch intensivierte. Er glaubte fast jeden Augenblick von den alten Schlossmauern erdrückt zu werden. Also fasste er binnen weniger Sekunden für sich selbst einen Entschluss. Er würde fliehen und wenn es nur für diese eine Nacht war, aber er hielt es keine Minute länger mehr in diesem alten, aus seiner Sicht trostlosen Gemäuer aus. Andernfalls würde er noch komplett durchdrehen. Mit diesem Gedanken hatte er auf eine absurde Art und Weise neue Kraft geschöpft, wodurch seine vorhin noch so lahm wirkenden Beine anfingen sich wieder in Bewegung zu setzen. Er rannte, nein, er stürmte regelrecht durch die Finsternis.
Nach einer Weile war er dem Ausgang bereits so nahe. Seine selbstgenommene Auszeit, seine Freiheit für diese eine Nacht, war so greifend nah. Doch dann geschah etwas womit er in diesen letzten Sekunden nun wirklich nicht mehr gerechnet hatte. Ein weißblau leuchtender Zauberstab wurde ihm direkt vors Gesicht gehalten und blendete ihn so stark, dass seine vom Weinen geröteten und unschön geschwollenen Augen, für den Augenblick gar nichts mehr erkennen konnten.
Er war erwischt worden und das was ihn am meisten daran erzürnte war, dass dies so kurz vor seinem Ziel geschehen war. Hatte er denn nicht wenigstens diese eine friedliche Nacht verdient, frei von seiner Aufgabe? Er versuchte mit zusammengekniffenen und zunehmend schmerzenden Augen die Gestalt hinter dem grellen Lichtstrahl ausfindig zu machen, während seine eine Hand, wie er hoffte, unbemerkt zu seinem Zauberstab wanderte...

Fortsetzung bzw. Teil zwei folgt ⚡️👓

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