2. Die Begegnung

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Draya atmete tief durch und versuchte, ihr rasendes Herz zu beruhigen. Die Blicke, die sie zuvor neugierig und misstrauisch streiften, hatten dafür gesorgt, dass sie sich zu der fremden Frau gesetzt hatte. Nun wusste sie jedoch nicht, was in sie gefahren war. Sie wusste doch gar nicht, wen sie vor sich hatte! Vorsichtig hob sie den Blick (in der Hoffnung keine geröteten Wangen mehr zu haben) und sah die Frau an, die sich wieder leidenschaftlich ihrem Stück Kuchen gewidmet hatte. "Ehm.. Danke für die Rettung.. Erza, richtig?", fragte Draya lächelnd. Erza sah auf und sah ihr mitten in die Augen, was Draya erstarren ließ. Ihr Blick war unglaublich durchdringend, als könnte sie direkt in ihre Seele sehen. "Erza Scarlet", antwortete sie nach einigen Sekunden des Blickkontaktes, die sich aber eher wie Minuten angefühlt hatten, "und du bist Draya, richtig? Dein Ruf eilt dir voraus." Verblüfft sah Draya Erza an. "Was... Was hat man denn so von mir gehört..?", fragte sie dann jedoch so nüchtern wie möglich. Den aufkommenden Tumult, der sich im Gildengebäude langsam aufbaute, versuchte sie sogut wie es eben ging zu ignorieren. "Nun, die Leute erzählen viel. Du sollst mehrere Monster besiegt haben, die ein Dorf belästigt haben. Wie viele waren es? Hundert?" Draya lächelte verwirrt. "Nein es waren um die zwanzig.. Ganz sicher bin ich mir allerdings nicht." Erza nickte verständnisvoll. "Ich weiß, die Leute übertreiben gern." Sie legte einen Finger an ihr Kinn, als würde sie nachdenken. "Und dann sollst du den Fluch von einer Grabstätte legendärer Magier genommen haben.", fügte sie hinzu. Draya nickte langsam. "Ich schätze, das kann ich nicht leugnen." In der Gilde wurde es immer lauter, Draya musste sich weit über den Tisch beugen, um Erzas Worte zu verstehen. "Und dann ist mir noch zu Ohren gekommen.. -" weiter kam sie nicht. Draya konnte gerade noch so den Kopf wieder zurückziehen und die Arme schützend vor ihr Gesicht halten, als ein Gildenmitglied auf dem Tisch landete und dieser knackend in kleine Splitter zerbrach. Erzas Reste vom Erdbeerkuchen wurden dabei zerquetscht und waren nun nicht mehr genießbar. Fassungslos starrte Erza auf ihr ruiniertes Essen und sah im ersten Moment aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, aber keine drei Sekunden später sah sie aus, als würde sie gleich irgendjemanden umbringen. "OKAY! WER VON EUCH HAT DAS GETAN???" Sie sprang auf und verschwand im Getummel sich prügelnder Menschen, um den Übeltäter ausfindig zu machen. Innerlich seufzte Draya. Sie hatte ja schon viele Geschichten über Prügeleien zwischen Mitgliedern Fairy Tails gehört aber das hier.. Trotzdem musste sie unwillkürlich lächeln. Sie stand auf und brachte sich hinter der Bar in der hintersten Ecke in Sicherheit, wobei sie jedoch mehrmals herumfliegenden Fäusten, Flaschen und tatsächlich auch Menschen ausweichen musste. Gerade, als sie sich fragte, wer diese Prügelei stoppen wollte, tauchte ein riesiges Wesen mitten im Gebäude auf. "WOLLT IHR UNGEZOGENEN GÖREN WOHL DAMIT AUFHÖREN???!" dröhnte die Stimme des Wesens durch das gesamte Gebäude. Die Türen und Fenster klapperten und klirrten vom Wiederhall und alle hielten sofort inne, sie ließen sogar freiwillig von ihren Gegnern ab. Sie senkten schuldbewusst die Köpfe. "SCHON VIEL BESSER", tönte dröhnte die Stimme wieder durch das Gebäude, klang aber diesmal sehr viel sanfter als zuvor. "Meister... Verzeihung." Erzas kleinlaute Stimme drang nach einigen Minuten durch die Stille des Gebäudes. Draya klappte die Kinnlade runter. Das... War wirklich Makarov?!? Draya starrte verwirrt und überrascht zu dem Giganten hinauf. "Der hat sich aber ganz schön verändert..-", schoss es ihr gerade bewundernd durch den Kopf, als der Gigant plötzlich unter Dampfwolken begann zu schrumpfen, bis schließlich ein kleiner, alter Mann mit einer seltsamen Mütze zum Vorschein kam. "Dann ist ja gut", grinste er Erza an. "Von wegen verändert..", dachte Draya in dem Moment und schüttelte leicht grinsend den Kopf. Er sah noch immer genauso aus wie vor 16 Jahren, als er sie gerettet hatte. Im Gildengebäude kehrte wieder Ruhe ein, alle kehrten auf ihre Plätze zurück und begannen sorglos zu plaudern, als wäre nie etwas geschehen. Das Mädchen mit den kurzen, weißen Haaren war zu Mirajane gelaufen, die allem Anschein nach ohnmächtig auf dem Boden lag. "Große Schwester.. Halte durch!", flehte das Mädchen und ließ sich neben ihrer Schwester auf die Knie fallen. "Lisanna.. Lass gut sein. Ich bringe sie in ihr Zimmer." - "Elfman.. Brüderchen..!" - "Mach dir keine Sorgen. Mira ist tough. Und hör auf zu weinen! Ein weinendes Mädchen zu sehen schmerzt einen Mann!" Lisanna lachte kurz und wischte sich dann mit einem Lächeln die Tränen weg, die allem Anschein nach von dem Schock kamen, ihre Schwester ohnmächtig vorgefunden zu haben. Elfman nahm seine ältere Schwester kurzerhand huckepack und trug sie die Treppe hinauf, wo Draya die Zimmer der Gildenmitglieder vermutete. Er verschwand in einem der Zimmer. Jemand räusperte sich hinter ihr. Draya, die mittlerweile wieder in der großen Halle des Gebäudes stand, wurde mit einem Schlag zurück in die Gegenwart katapultiert. "Und wer bist du?" fragte Makarov sie freundlich und legte den Kopf in den Nacken, um Draya ins Gesicht schauen zu können. Sie stutzte. Der Alte hatte sie also tatsächlich vergessen.

Ein unverhoffter Beginn (Fairy Tail FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt