Kapitel 1: Der Anfang vom Ende

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Wie spät ist es? Was? Schon sieben Uhr! Ich hätte vor einer halben Stunde aufstehen müssen. Als ob sie diesen Gedanken gehört hat, ruft mich meine Mutter auch schon. „Tommy! Zeit zum Aufstehen." Na super, mein alter Spitzname. Sie weiß doch, dass ich nicht mehr so genannt werden möchte. Ich bin mittlerweile achtzehn Jahre alt und sie versteht es einfach nicht. Widerwillig ziehe ich mir ein schwarzes T-Shirt und Jeans an, schmeiß ein paar Hefter für die Schule in meinen Rucksack und gehe ins Bad. Ein kurzer Blick in den Spiegel verrät mir, dass meine mittellangen braunen Haare wie immer perfekt sitzen. Dann kann ich ja los. Mein Magen erinnert mich zum Glück daran, dass ich noch etwas essen muss. Deshalb schlendere ich gemütlich in die Küche und suche im Kühlschrank nach der kalten Pizza vom Vortag, während ich meine Mutter frage, „Ma, hab ich dir nicht schon oft genug gesagt, dass ich kein kleines Kind mehr bin?" Sofort bekomme ich meine Antwort. „Ja, hast du." „Und?", hake ich nach. „Es ist mir egal. Du wirst immer mein kleiner Tommy bleiben.", antwortet meine Mutter mit neckendem Ton. Fassungslos blicke ich in den Kühlschrank. Nicht nur, dass meine Mutter mein Anliegen nicht für voll nimmt, nein, das Pizzastück ist auch noch weg. Also doch Toast mit Nutella – wie immer. Nach dem Essen gehe ich noch kurz in mein Zimmer und stecke mein Taschenmesser ein. Ich schnappe meine Schulsachen und gehe zur Wohnungstür, sodass ich sofort bereit bin Jerry zu begrüßen, als dieser klingeln möchte.

„Alter! Erschrick mich nicht immer so.", schreit mich der Angsthase an. Ohne aus der Ruhe zu kommen, antworte ich, „Gewöhn dich doch dran! Es geht doch jeden Tag so." Nach einer kurzen Pause nickt Jerry widerwillig und wir gehen los. Wir sind also auf dem Weg zur Schule und zum ersten Mal an diesem Tag kommt mir mein Traum wieder in den Sinn. Ich muss mit jemandem darüber sprechen und wer hätte sich besser eignen können als mein bester Freund Jerry? „Jo, ich muss dir von meinem Traum erzählen.", fange ich an und werde sofort unterbrochen. „Wieso? War der heftig?" „Eher verrückt." Das hätte ich nicht sagen sollen, da mich Jerry nun grinsend anschaut und fragt, „Verrückter als der Traum mit Miss Piggy und Frank Oz?" Genervt erwidere ich, „Bisschen. Aber wir hatten gesagt, dass wir darüber nicht mehr reden." „Du hattest das gesagt.", antwortet er trotzig. Am liebsten hätte ich ihm sein Grinsen aus dem Gesicht geschlagen, doch ich schlucke die Wut herunter und berichte von meiner komischen Nacht. Kurz bevor wir ins Schulhaus gehen, beende ich meine Geschichte. Nachdem ich fertig bin, sagt Jerry nach kurzem Überlegen, „Komische Sachen träumst du." Lachend stimme ich ihm zu. „Auf jeden. Doch das Verrückteste war, dass sich das alles real angefühlt hat." Darauf wissen wir beide keine Antwort. Zudem bemerken wir, dass wir zum Unterricht müssen, weswegen wir aufhören zu grübeln und uns in die vierte Etage begeben.

Geschafft erreichen wir unseren Klassenraum, vor dem die Klassensprecherin uns schon erwartet. Ich schaue nach rechts, sehe, dass Jerry sie anstarrt, während wir auf sie zugehen, und hätte schwören können, dass dort Herzen in seinen Augen sind. Der Arme ist unsterblich in Lisa verliebt. Wer kann es nicht nachvollziehen? Lisa ist eine Göttin. Lange, rote Haare, die meistens zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden sind, zieren ihren Kopf. Dieser beinhaltet zudem auch noch ihr perfektes Gesicht mit den vollen Lippen, den eisblauen Augen, der Stupsnase und der kleinen, fast unsichtbaren Narbe am Kinn. Sie ist heiß und athletisch gebaut, da sie im Volleyballteam der Schule spielt. Zudem besitzt sie auch wunderschön geformte Brüste und einen prallen Hintern.

„Stopp! Das will ich mir nicht weiter anhören.", unterbricht jemand meine Gedanken. Wer spricht da? Haben die anderen das auch gehört? Nein. Na super. Jetzt höre ich auch noch Stimmen. „Ich bin eine Person. Eine!", merkt die Stimme genervt an. „Wer bist du? Zeig dich!", fordere ich den Unbekannten auf, welcher sofort antwortet. „Ich kann mich nicht zeigen, mein Freund, aber ich werde mich dir vorstellen. Ich bin der Seher oder eher noch eine Art Gott. Ich bin alles und nichts. Nur du kannst mich hören und mit mir sprechen." „Was will denn eine Art Gott von mir?", frage ich verwundert nach. Doch er lässt mich ohne Antwort zurück und meint, dass er mir später alles erklären wird. Dabei nennt er mich erneut einen Freund, was mich zum Lächeln bringt. Freunde besitze ich nicht viele. Nur Jerry, da wir beide kaum beachtet werden. Außer Lisa, die mittlerweile mit Jerry redet, spricht niemand mit uns zwei Nerds.

Ich schnappe nur noch das Ende des Gesprächs der beiden auf. Lisa befiehlt uns, dass wir uns nach der Schule am Tor mit ihr treffen sollen, damit sie uns alles genau erklären kann. Kurz bevor wir ihr ins Zimmer folgen, verlässt ein Mann in Uniform den Raum. Er trägt eine Liste unter seinem Arm und rempelt mich an. Bevor ich mich mit ihm anlegen kann, zieht mich Jerry weiter. Er geht stur zu seinem Platz und schaut sich nicht um. Ich hingegen untersuche alle. Manche tuscheln, während andere einfach nur verächtlich den Kopf schütteln. Was ist hier los? Verwundert setze ich mich neben Jerry und der Lehrer beginnt den Unterricht. „Wie euch Oberleutnant Koch bereits erklärt hat, haben die Vereinigten Staaten Russland den Krieg erklärt." Ohne zu zögern, unterbreche ich ihn. „Warum? Was ist passiert?" Kurz sucht der Lehrer in seinen Notizen nach der Antwort und sagt mir dann, „Das ist nicht wichtig. Der Präsident musste reagieren und alle, die sich eingeschrieben haben, werden den Kampf für den Frieden unterstützten. „ Was?! Ist das euer Ernst?! Kampf für den Frieden?! Ohne Begründung?!", schreie ich empört in die Klasse. „Setz dich! Es kann nicht jeder so ein Feigling wie du sein. Wir brauchen Helden.", wird mir entgegen geworfen. Alle schauen mich an. Haben sie sich wirklich gemeldet? Widerwillig setze ich mich und schaue zu Jerry. Er scheint meiner Meinung zu sein. Warum unterstützt er mich dann nicht?

Wir schweigen den ganzen Schultag und werden immer wieder als Feiglinge beschimpft. Alle hassen uns. Endlich ist es vorbei und es klingelt zum letzten Mal. Jerry und ich sprinten zum vereinbarten Treffpunkt und warten. Wir warten sehr lange und wollen schon gehen, als Lisa um die Ecke biegt. Sofort springe ich auf und schreie sie an. „Was sollte das heute morgen? Warum hast du verhindert, dass wir uns melden?" „Ihr hättet euch doch eh nicht gemeldet.", sagt sie und schaut mir dabei trotzig in die Augen. Ich muss nachgeben. „Nun ... ja ... also ... du hast recht. Ich hätte ihm aber gerne meine Meinung gesagt." „Genau das habe ich verhindert, um euch zu schützen. Mein Vater liebt das Militär und den Krieg und akzeptiert niemanden der das kritisiert. Schlimmer noch. Ich habe gesehen wie er Menschen dafür tot geschlagen hat.", rechtfertigt sich Jerrys große Liebe. Sofort erwidere ich mit aufgeplusterter Brust, „Ich hätte das schon geschafft. Weißt du, dass ..." „Du laberst schon wieder Scheiße. Danke, Lisa. Wir sind dir was schuldig.", unterbricht mich Jerry. Jetzt spricht der Arsch. Nur, weil ich keine Brüste habe. Gerade möchte ich antworten, als ein Blitz den Himmel durchzuckt und in der Nähe einschlägt. Sofort schauen wir einander an. Es ist keine Wolke am Himmel. Wo kam der Blitz her? Och ne, bitte nicht. Die beiden rennen zum Einschlagort. Ich glaube zwar nicht, dass ich helfen kann, folge meinem winkenden Freund jedoch trotzdem. Als ich ankomme meint Lisa, dass einer dort runter muss. Sofort hebe ich abwehrend die Hände. „Ich mach's nicht." Mit einem Grinsen deutet Jerry trotzdem auf mich. „Wir haben also einen Freiwilligen." Irgendwer muss eh runter und vielleicht braucht jemand Hilfe. Also springe ich, lande mehr oder weniger elegant, stehe auf und klopfe mir den Staub ab. In einiger Entfernung höre ich das Husten einer Frau. Langsam bewege ich mich auf das Geräusch zu. „Hey! Alles klar bei dir? Bist du verletzt?", rufe ich in die undurchsichtige Wolke. Keine Antwort! Da versuche ich einmal zu helfen und dann ist das so anstrengend. Ich höre sie nicht mehr und schaue mich panisch um. Sie ist weg. Auf einmal steht jemand hinter mir. Doch bevor ich mich umdrehen kann, wird mir ein Lichtschwert an die Kehle gehalten.

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