Kapitel 7: Angriff

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Wieder habe ich im Schlaf eine Vision. Wieder ist es die vom Tod meines Meisters. Schwerter ragen aus seinem Körper und ein großer Schatten steht hinter ihm. Es ist die Höhle, die wir als Quartier nutzen. Vor ihrem Eingang stehen ungefähr fünfzig Mann und beobachten das Geschehen. Langsam wird Rob eine Hand auf die Schulter gelegt, während sich die andere seinen Schädel halb überdeckt. Der Schatten zieht einmal kräftig am Kopf meines Meisters und dieser stirbt mit einem markerschütternden Schrei. Geschockt sehe ich, wie Robs Schädel triumphierend in die Höhe gehalten wird.

Langsam werde ich durch ein Rütteln wach. Die ersten Sonnenstrahlen beginnen die Höhle zu beleuchten. Nachdem Rob mich geweckt hat, löscht er das Feuer, während ich mich vorsichtig aufsetze und meine müden Glieder strecke. Die ersten Sonnenstrahlen scheinen über die Baumwipfel und beleuchten die Höhle schwach. Trotzdem entdecke ich einen konzentrierten Blick auf Robs Gesicht. Ich muss fragend geguckt haben, denn, ohne dass ich etwas sage, antwortet mein Meister. "Sie sind sehr nah." Bedrückt schaue ich zu Boden. Wir wissen beide, dass er sterben wird und dürfen es nicht verhindern. Still mache ich mich auf den Weg zum nahen Wasserfall, um mich zu Waschen. Als ich zurück komme, reicht mir Rob ein Stück Fleisch. Hungrig schlinge ich es hinunter. Ich brauche Energie, da wir beschlossen hatten ein paar unserer Angreifer auszuschalten. Während ich esse, wird mir klar, dass dies meine letzten Stunden mit Rob werden. "Danke", mehr bekomme ich nicht heraus. So vieles hätte ich sagen können. Es geht nicht. Die Worte bleiben mir im Hals stecken. Rob nickt mir nur zu. Auch er kann nichts sagen. Sonst wirkte er immer so leicht und beflügelt, doch heute spiegelt sich nichts von dem in seinem Gesicht wieder. So sitzen wir eine Weile vor der rauchenden Asche in unserer Höhle. Die Sonne wandert weiter über den Himmel und die Zeit vergeht kaum. Keiner sagt etwas, keiner bewegt sich. Wir sitzen einfach nur still da, sodass man nur unseren Atem hört. So vergehen Minuten und Stunden, doch es passiert nichts. "Vielleicht hast du dich ...", ich kann meinen Satz nicht beenden, da ich gerade so einem Pfeil ausweichen kann. Jetzt geht es also los. Panisch suche ich nach meinem Meister, der, ein paar Meter von mir entfernt, in Ruhe aufsteht, sein Schwert zieht und auf seinen linken Unterarmschutz drückt. Etwas wurde aktiviert, denn kaum nimmt er die Hand weg, fährt ein runder Metallknopf auf der Rückseite des Leders aus. Aus diesem schnellen Metallplatten heraus und häften sich mit einem Klicken aneinander. Nun erkenne ich das Rob ein Schild in der Hand hält. Voller Tatendrang rappel ich mich auf und sprinte zu meinem Dreizack. Mit dem Fuß lasse ich ihn mir in die Hand springen, wirbel ihn herum und steche einem heraneilenden Angreifer in den Bauch. Sofort ziehe ich meine Waffe hinaus, um einen Schwerthieb zu Blocken. Auge in Auge stehe ich dem Feind gegenüber. Keiner von uns will nachgeben, doch ich schaffe es ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, indem ich mich mit ganzer Kraft nach vorne werfe. Diesen kurzen Moment nutze ich, um ihm mit dem stumpfen Ende des Dreizacks den Schädel einzuschlagen. Er stürzt taumelnd zu Boden, während ich mich schon auf den nächsten Angreifer konzentriere. Gekonnt weiche ich dem Hieb einer riesigen Streitaxt aus, die dadurch auf den Boden trifft. Entgegen meinen Erwartungen gibt dieser nach und die Axt hinterlässt einen Spalt. Siegessicher lächelt mir mein Gegner zu. Gerade als er zum zweiten Schlag ausholt, steche ich mit meinem Dreizack durch seinen Brustkorb und schleudere ihn auf den nächstbesten. Noch zwei weniger. Ein Pfeil zischt erneut auf mich zu doch ich kann diesen mit Leichtigkeit blocken. Nun habe ich auch den Schützen in einiger Entfernung ausgemacht. Schnell drehe ich meinen Dreizack, nehme ein paar Schritte Anlauf und werfe. Elegant fliegt er durch die Luft und landet direkt im Schädel des Bogenschützen. Zufrieden sprinte ich los, weiche Schwertern, Speeren und Äxten aus und ziehe schließlich meine Waffe aus dem Toten.

Plötzlich spüre ich eine mächtige Präsenz hinter mir. Ehe ich mich umdrehen kann, werde ich zurückgeschlagen. Die Luft entweicht mir aus der Lunge, meine Rippen schmerzen stark und beim Aufprall wurde meine Haut an manchen Stellen zerfetzt. Zudem habe ich meinen Dreizack verloren. Als ich mich voller Schmerzen nach diesem umschaue, sehe ich den mysteriösen Mann auf mich zu kommen. Er hebt seinen schweren Hammer, um zuzuschlagen. Mein Körper reagiert wie im Kampf mit dem Bären von alleine. Ich rolle mich im letzten Moment aus dem Weg, bevor der Boden neben mir aufgesprengt wird. Irgendwie komme ich dabei auf die Beine und greife mir dazu ein Schwert. Nun stehe ich hinter diesem Koloss. Er ist gut acht Köpfe größer als ich, seine Figur ist muskulös und er trägt eine schwere Rüstung. Trotzdem dreht er sich blitzschnell um, sodass ich gerade so seinem Hammer entgehen kann. Dafür trifft mich sein Knie voll im Gesicht, wodurch meine Sicht verschwimmt. Doch nun handelt mein Körper wieder instinktiv - weicht einem Schlag aus, lenkt den nächsten auf den Boden ab und kontert dann... ins leere. Panisch schaue ich mich um. Wo ist er hin? Als mich jedoch eine Hand am Genick packt, weiß ich, wer es ist. Der Druck erhöht sich, sodass ich das Schwert fallen lasse. Langsam werde ich hochgehoben und umgedreht, um in kalte, blaue Augen zu gucken. "Du willst also sein Nachfolger sein?", fragt mich eine tiefe, bedrohliche Stimme. Ich kenne diese Stimme. Das ist der Schatten aus meinen Träumen. Das ist Robs Mörder. Eine zweite große Hand schließt sich um meine Kehle, während die andere loslässt. Was geschieht hier? Ich... ich... ich bekomme keine Luft. Mir wird der Hals zerquetscht. Meine Sicht verschwimmt, doch ich kann noch das zufriedene Lächeln erkennen. Dann wird meine Welt komplett schwarz.

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