Kapitel 14: Verlust

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Wieder bin ich in der Mensa. Wieder gibt es Kartoffelbrei. Angwiedert stochere ich mit meiner Gabel in dem "Essen" herum. Ich warte auf Jerry. Ich bin mir sicher, dass er sich die Gelegenheit, mich mal wieder zu demütigen, nicht entgehen lässt. Schon packt mich eine Hand am Hinterkopf und drückt mich in den Kartoffelbrei. Sofort verzieht sich mein Mund zu einem Lächeln. "Lass ihn los!", höre ich plötzlich Rios Stimme durch den Raum. Der Druck an meinem Kopf lässt nach und Jerry geht auf meine Verteidigerin zu. "Wer bist du?", fragt er wütend, "Warum verteidigst du ihn?" Rio antwortet nicht, wodurch der Fragende gereizt die Fäuste ballt. Während er weiter auf das junge Mädchen zuläuft, wird er schneller. Der ganze Saal schaut mittlerweile zu.

Schon steht Jerry, die Faust zum Schlagen ausgeholt, vor Rio. Die Angst in ihren Augen scheint ihn zu amüsieren. Doch plötzlich stellt sich Lisa schützend vor die Kleine. Jerrys Faust saust nieder doch stoppt kurz vor Lisas Gesicht. Er ist also irgendwo noch unter dem Hass - mein bester Freund. Er stößt sie zur Seite und will wieder zu schlagen. Allerdings steht Lisa bereits wieder vor ihm. "Ich lasse nicht zu, dass du ihr weh tust.", sagt sie sicher und baut sich vor ihm auf. "Du stehst mir im Weg!", schreit Jerry sie voller Wut an und zieht einen Dolch. Er will zustechen, doch ich komme ihm zuvor. Einen Zentimeter bevor sich die Waffe durch Lisas Kopf bohren kann, bekomme ich seine Hand zu fassen. Erleichtert atme ich auf und entwaffne ihn entspannt. Ich erhöhe mit meinem Daumen den Druck auf seine Hand leicht, wodurch der Dolch zu Boden fällt. Lächelnd schaue ich ihn mit Kartoffelbrei im Gesicht an. Geschockt zieht er sich ein paar Schritte zurück und schaut mich verwirrt an. Es hat sich eine erdrückende Stille im Saal gebildet, sodass man die Anspannung noch deutlicher spürt. Dann verhärtet sich Jerrys Blick wieder, "Das wirst du bereuen." Mit einem Satz springt er und versucht mich zu schlagen. Ruhig ducke ich mich unter seinem Schlag hinweg und greife in meine Hosentasche. Jerry hatte seinen Dolch aufgehoben, was mich dazu bewog mein Taschenmesser als Drohung zu zeigen. "Gib auf! Du kannst nicht gewinnen.", befehle ich ihm. Völlig kalt schaut er mich an. Ohne ein weiteres Wort rennt er auf mich zu und ich lasse mein Messer aufspringen. Im nächsten Moment liege ich auf der anderen Seite des Saals am Boden. Darth Bane hält den tobenden Jerry mit einem Arm zurück, lässt mich jedoch nicht aus den Augen. "Das könnt ihr später klären. Ihr seid die ersten Kämpfer heute Abend.", sagt der Sith mit einer tiefen, bedrohlichen Stimme.

Ich bin wieder hier. An dem Ort, an dem ich meinen besten Freund endgültig verloren habe. Nein! Von heute an wird das der Ort, an dem unsere Freundschaft wiederhergestellt wird. Den Trainingsanzug lasse ich liegen und ziehe stattdessen die Kleidung an mit der ich hergekommen bin. Plötzlich steht Leyla vor mir. "Ich hätte nie Gedacht, dass du mal wieder kommst.", sagt sie provokant und hält mir einen Dreizack vor mein Gesicht. Kopfschüttelnd lehne ich ab und greife stattdessen auf einen alten Bambusstab zurück. Zuversichtlich verlasse ich den Vorbereitungsraum und begebe mich in die Arena. Meine Haare wehen in einer leichten Brise, während ich auf Jerry warte. In seiner schwarzen Rüstung betritt er die Arena. Sein Schwert umklammert er fest mit seiner rechten Hand. Er ist vollkommen angespannt, wirkt jedoch nicht so selbstsicher und arrogant wie beim letzten Mal. Noch bevor er mich angreifen kann, begebe ich mich in seine Gedanken.

Die Dunkelheit ist erschreckend. Ich höre wieder die weinende Frau und das schreiende Baby. Jerry hält den Dolch, mit dem er Lisa und mich angegriffen hat, an die Kehle des Kleinkinds. Tränen steigen ihm in die Augen und er tut es. Er schneidet ein kleines Herz aus einem toten, kranken Schwein. Blitzschnell ändert sich die Szene und zeigt seinen vermummten Meister der ihn foltert. Die tote Frau und ihr Kind werden vor Jerry abgesetzt und sein Meister drückt ihn in die blutverschmierten Körper. "Das passiert mit den Schwachen.", brüllt er ihm ins Ohr, "Du wirst deine Freunde so nie beschützen können." Wieder wechselt die Umgebung und Jerry kniet gebrochen auf der Erde, "Es tut mir Leid, Tom, Lisa." Nun spüre ich eine andere Präsenz, die Jerrys Gefühle unterdrückt und nur Wut und Hass zulässt.

Plötzlich werde ich durch einen Schrei aus seinen Gedanken gerissen. Wild stürmt er auf mich zu und schwingt sein Schwert planlos durch die Luft. Leicht weiche ich den plumpen Schlägen aus, fege ihm im passenden Moment mit meiner Waffe die Beine, um wieder in seine Gedanken zu gelangen.

Ich erkenne diesen Ort. Das ist der Vorbereitungsraum dieser Arena. Jerry sitzt in Gedanken versunken auf einer Bank und murmelt vor sich hin, "Ich will nicht gegen meinen besten Freund kämpfen. Wieso sitze ich dann hier?" Plötzlich schwingt die Tür auf und der Vermummte tritt ein. Sofort begibt er sich zu Jerry. Ich spüre, wie Wut und Hass in meinem besten Freund ansteigen. Zufrieden nickt der Vermummte und flüstert Jerry etwas ins Ohr. Anschließend schaut er in meine Richtung und sagt, "Er gehört jetzt mir."

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