8) Was wünschst du dir?

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Jimin POV

"Was wünschst du dir zu Weihnachten?"

Es war der 13. Dezember und Tae durchlöcherte mich schon tagelang mit der selben Frage. Langsam war ich ziemlich genervt davon. Tae verstand einfach nicht, dass ich mir nichts zu Weihnachten wünschte. Für ihn war das vielleicht selbstverständlich, aber ich habe noch nie etwas bekommen. Ich habe noch nicht einmal Weihnachten gefeiert. Ich wollte nicht, dass Tae mir irgendetwas kaufte. Er hatte sowieso kaum Geld und sollte das nicht für jemanden wie mich ausgeben.

"Jimin, antworte!"
"Man, was weiß ich denn. Schenk mir einfach gar nichts."
"Ach komm, irgendwas musst du dir doch wünschen, Jiminie."
"Ich will nichts."
"Nichts?"
"Nein, nichts."
"Wie kann man sich denn bitte NICHTS zu Weihnachten wünschen?"
Ich zuckte nur mit den Schultern und wendete mich wieder meinem Essen zu. Tae seufzte und legte seine Stäbchen weg. "Aber du bist mein Freund und ich will dir ein Geschenk kaufen!"
Gelangweilt rührte ich durch die geschmacklosen Nudeln. "Dann überrasch mich doch einfach."
Ein breites Grinsen zog sich über das Gesicht meines Zimmerpartners. "Das ist super, weißt du das? Ich liebe Überraschungen!"
Er war so begeistert davon, dass ich auch ein wenig lächeln musste.
"Und du sagst mir dann auch nicht, was du mir schenkst, ja?", fragte er und wischte mir damit sofort das Lächeln von den Lippen.
Ich musste ihm ja auch was schenken.
Aber was?
Ich hatte noch nie jemandem ein Geschenk gemacht!
"Äh... ja, klar", antwortete ich stotternd.
Tae schien mein Zögern gar nicht zu bemerken. "Super! Das wird toll! Ich freu mich schon auf Weihnachten. Du auch?" Er guckte mich an und in seinen Augen spiegelte sich Begeisterung. Ich lächelte gezwungen.
"Klar."
Seine kindliche Begeisterung malte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen. Er war so unschuldig. Das sollte auch so lang wie möglich so bleiben. Wenigstens er sollte die Welt als einen schönen Ort sehen. Er sollte nicht enttäuscht werden. Und deswegen würde ich diesem Jungen etwas zu Weihnachten schenken, verdammt!

🐘

Und mal wieder lag ich nachts wach. Der Baum vor dem Fenster malte Muster auf den Boden und hin und wieder erleuchteten die Scheinwerfer eines vorbeifahrenden Autos das Zimmer. Taehyung schlief friedlich mit einem Lächeln im Gesicht. Wovon träumte er? Von Weihnachten?
Sein Weihnachtsfest würde eine Enttäuschung werden. Ich würde kein Geschenk für ihn haben. Und selbst wenn, würde es ihm nicht gefallen. Ich hatte doch keine Ahnung, was man sich zu Weihnachten so schenkt!

Seufzend drehte ich mich auf die andere Seite. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Ich wollte doch seine heile Welt aufrecht erhalten. Ich wollte ihm ja ein Geschenk machen. Aber ich hatte kein Geld, gar nichts! Wie sollte ich ihm da etwas kaufen?

Und wenn ich etwas selbst machte?

Der Gedanke kam ganz plötzlich. Etwas selbst machen. Damit er wenigstens sah, dass ich mir Mühe gemacht hatte. Damit er sah, dass er mir etwas wert war.

Ich setzte mich im Bett auf und nahm einen Block und einen Bleistift vom Schreibtisch. Kurz schloss ich die Augen und dachte an Taehyung. Sofort kam mir sein Lachen in den Sinn. Sein fröhliches, ehrliches Lachen, auf das ich so neidisch war.
Ich musste gar nicht weiter überlegen. Sein Lachen machte Taehyung aus. Es war das allerschönste an ihm. Und dieses Lachen wollte ich ihm schenken.
Einen Moment schwebte der Stift über dem Papier, dann begann ich zu zeichnen. Im vom Mondschein erleuchteten Zimmer saß ich in meinem Bett und zeichnete den Menschen, den ich beschützen wollte.

Taehyung.

Elefanten aus GlasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt