2) Eingesperrt

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Jimin's POV

Mir war klar, dass es irgendwann soweit kommen musste. Die Polizei hier ist zwar dumm, aber nicht dumm genug, um sich ewig an der Nase herumführen zu lassen.

Und deshalb war ich jetzt also hier. Im Waisenheim. Von außen wirkte es wie ein Gefängnis. Stacheldraht war um einen tristen grauen Betonklotz gespannt, dessen Fenster vergittert waren und dessen Eingangstür aus grobem Metall gefertigt war, zwar rostig, aber stabil.
Der einzige Unterschied zu einem Gefängnis war der Garten. Ebenfalls kein Ort, der idyllisch wirkte. Man sah kaum noch Gras, überall lag die Erde blank, auch wenn sich offensichtlich jemand die Mühe gemacht hatte, diese einsamen Grasbüschel zu mähen. Eine hässliche, viel zu spießige Hecke zog sich an der Betonmauer entlang, der Boden war mit Zigarettenstummeln übersät und eine einsame Schaukel schwang im Wind hin und her und gab ein hässlich quietschendes Geräusch von sich.

"Hier soll ich also ab jetzt wohnen?", fragte ich den Polizisten, der mir aus dem Wagen half. Er nickte nur schnell und packte mein Handgelenk. Lächerlich. Als würde ich überhaupt versuchen wollen abzuhauen. Jetzt war eh alles zu spät. Ich würde sowieso nicht lange an diesem trostlosen Ort bleiben.
Der Gedanke an das geplante malte mir ein kleines Lächeln aufs Gesicht. Bald würde ich nicht mehr überall herumgestoßen und benutzt werden. Wenn sie es mitbekommen, sollen sie sich gefälligst schämen, aber wenn nicht, konnte es mir auch herzlich egal sein.

Der Polizist zerrte mich zum Eingang und klopft an die Tür, die sich kurz darauf öffnete und uns den Weg nach drinnen öffnete. Zögerlich trat ich ein.
Die Eingangshalle war nicht so unfreundlich wie die äußere Erscheinung des Gebäudes, aber trotzdem wirkte sie unfreundlich auf mich. Zwar hatte sich jemand ziemliche Mühe gegeben, den Raum freundlich zu gestalten, aber trotz allem strahlte er eine unfreundliche Atmosphäre aus. Vielleicht lag es ja auch einfach daran, dass ich nicht hier sein wollte.

Eine ältere, europäisch aussehende Frau kam uns entgegen und wechselte einige Worte mit dem Polizisten, welcher sich anschließend abwendete und mit schnellem Schritt das Gebäude verließ. Vermutlich wirkte der ganze Ort genauso auf ihn unbehaglich wie auf mich.

"Wie ist dein Name?", riss mich die Frau aus meinen Gedanken. Ich guckte an ihr vorbei an die Wand. "Hat dich nicht zu interessieren."
Die Frau sah mich tadelnd an, wahrscheinlich wollte sie an meiner falsch gewählten Höflichkeitsform herummeckern, aber sie nickte nur und winkte mir, ihr zu folgen. "Komm mit."
Ich warf einen letzten Blick auf die ungemütliche Halle und lief der Frau hinterher.
Jetzt war alles zu spät.

🐘

"Das hier ist das letzte leere Zimmer... Himmel hilf, wie viele Waisen gibt es in dieser Stadt?"
Ich verdrehte nur die Augen und sah zu, wie die Frau an die Tür klopfte und, als niemand antwortet, diese einfach öffnete.
"Das ist Kim Taehyung, dein Zimmernachbar. Ich hoffe, ihr versteht euch..."
Was sie sonst noch so von sich gab, hörte ich nicht mehr. Ich starrte nur den Jungen an, der auf dem Bett saß und mich mit seinen dunklen Augen musterte. Warum musste ich mein Zimmer bloß mit so jemandem teilen? Taehyung nickte und lächelte mich an. Oh Gott, gute Laune konnte ich überhaupt nicht leiden. So ein Idiot. Ich wusste jetzt schon, dass ich ihn nie mögen würde.

Ich zuckte zusammen, als die Tür hinter mir ins Schloss fiel. Jetzt hatte mich diese Frau also mit diesem Jungen alleine gelassen. Innerlich kochte ich vor Wut, aber äußerlich blieb mein Gesicht ruhig und ausdruckslos.
Es hatte eine ganze Menge Training gekostet, bis ich meine Gefühle verstecken konnte. Meine Emotionen gingen niemanden auf diesem verdammten Planeten etwas an.

"Stehst wohl nicht so auf Gesellschaft, was?", hörte ich diesen Taehyung fragen. Was ging ihn das eigentlich an? Ohne eine Antwort zu geben, setzte ich mich auf das Bett und untersuche meinen Rucksack. Einige Dinge wurden anscheinend beschlagnahmt, unter anderem mein Taschenmesser und meine Klingen, aber den doppelten Boden im Rucksack hatten sie offensichtlich nicht gefunden. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, doch ich vertrieb es blitzschnell. Bloß keine Emotionen zeigen. Seufzend legte ich mich auf die weiße Decke und drehte mich zur Wand. "Sag mal, können wir nicht Freunde sein?", fragte Kim Taehyung und ich konnte in seiner Stimme hören, dass er lächelte. Ich warf ihm nur einen verächtlichen Blick zu.

"Nein."

Verunsichert guckte der Junge mich an. "Ich meine ja nur." Ich schnaubte verächtlich. "Gute Nacht."
Ja. Gute Nacht, hoffentlich für immer.
Bald, Jimin. Bald.

Elefanten aus GlasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt