10) Weihnachten

39 3 10
                                    

Jimin POV

"Und du willst ihnen wirklich nichts sagen?"
Ein paar Tage waren vergangen, seit Yoongis Mitläufer mich in der Stadt verprügelt hatten. Ich lag mit einem, laut Taehyung "schicken" Kopfverband im Bett und ruhte mich aus.
"Nein, ich will die beiden nicht verraten."
"Aber wieso nicht? Die zwei haben dich bewusstlos geschlagen, sie verdienen eine Strafe!"
"Ich weiß."
"Wieso willst du sie dann nicht verraten?"
Ich seufzte. Das hatte einen ganz einfachen Grund. Wenn ich die beiden verpetzte, würden unsere Erzieher natürlich darauf kommen, dass Yoongi die beiden angeführt hatte. Und ich wollte nicht, dass Yoongi Ärger bekam. Denn er brauchte Hilfe. Doch das konnte ich Taehyung ja wohl nicht sagen.
"Ich... ich möchte sie nicht verraten, weil... wenn sie das mitkriegen, werde ich in Zukunft noch viel mehr ihre Zielscheibe sein... und... ich möchte nicht zu ihrem Feind gemacht werden", log ich. Tae runzelte die Stirn. "Irgendwie hast du Recht... aber meinst du nicht, sie haben eine Strafe verdient?" Ich zuckte die Schultern. "Die machen doch so viel Scheiße, die bekommen auch so genug Strafen."
Taehyung schien nicht überzeugt, doch er gab nach. "Also gut. Ich kann dich ja nicht zwingen." Ich nickte. Tae stand auf. "Ich geh dann mal in den Gemeinschaftsraum... ich komm nachher wieder, ja?" Ich nickte nochmal und lächelte. "Bis nachher."
Kaum war Tae gegangen, holte ich die Zeichnung von ihm unter dem Bett hervor und sah sie nachdenklich an.

Ich hatte Taehyung gut getroffen. Sein unschuldiges und glückliches Lächeln strahlte mir von dem Blatt Papier entgegen und seine Augen schienen selbst auf der Bleistiftzeichnung zu funkeln. Ich entschied, dass das Bild fertig war. So konnte ich es ihm zu Weihnachten schenken. Er würde hoffentlich sehen, dass ich mir Mühe gemacht habe.

🐘

Und dann war es soweit. Weihnachten war da. Nach der großen Weihnachtsfeier im Speisesaal saßen Tae und ich nun im Zimmer. Zur Feier des Tages waren alle Zimmer mit roten und grünen Lichterketten ausgestattet worden, wodurch das Zimmer weniger trist und trostlos aussah. Draußen glitzerte frisch gefallener Schnee im Licht der Straßenlaternen und man konnte aus dem Speisesaal leise Weihnachtsmusik hören.

Wir saßen auf Taehyungs Bett und tauschten unsere Geschenke aus. Ich war ziemlich nervös. Ob ihm die Zeichnung wohl gefallen würde?

Tae packte vorsichtig das Geschenk aus und rollte das Papier aus. Dann fiel ihm die Kinnlade hinunter. Verunsichert sah ich ihn an. "Gefällt es dir?" Doch statt einer Antwort fiel Tae mir um den Hals. "W-wow", stotterte er, "ich wusste nicht... Jimin... ich hätte nie... also... ich hätte nie gedacht, dass du so gut zeichnen kannst!" Ich lächelte erleichtert. "Also gefällt es dir?" "Machst du Witze? Es ist wunderschön!" Tae grinste mich an. Ich nahm sein Geschenk und begann, die Schleife zu lösen. Tae sah mir mit der Zeichnung in der Hand zu. "Jetzt fühle ich mich fast schon schlecht, weil mein Geschenk einfach nur gekauft ist", gab er zu bedenken, doch ich schüttelte den Kopf. "Ich wette, es ist wunderschön."
Vorsichtig hob ich den Deckel der kleinen Schachtel. Etwas gläsernes glitzerte im Licht der Weihnachtsbeleuchtung. Vorsichtig streckte ich die Hand aus und nahm das kleine etwas aus seiner Schachtel.

Es war ein kleiner Glaselefant.

Verwirrt sah ich Taehyung an. "Ein Elefant?" Tae nickte schüchtern. "Wusstest du, dass Elefanten nie etwas vergessen? Daran hab ich gedacht, als ich den gekauft habe. Ich hab übrigens zwei davon, der zweite gehört mir. Und er hat auch eine Bedeutung... dass wir uns nie vergessen."

Später am Abend, als Taehyung in seinem Bett eingeschlafen war, die Zeichnung in der Hand, ging ich nochmal hinunter in den Speisesaal. Alle waren inzwischen schon schlafen gegangen... alle bis auf einer. Min Yoongi saß auf der hintersten Bank und starrte auf den wirbelnden Schnee draußen vor dem Fenster. Darauf hatte ich gehofft. Langsam ging ich auf ihn zu und setzte mich neben ihn. Yoongi sah nicht einmal auf. Vorsichtig legte ich einen Arm um ihm. Nun blickte er auf und sah mich verwundert an. Seine Augen waren ganz rot. "Was willst du, Ka~", setzte er an, doch ich schüttelte einfach nur den Kopf und brachte ihn damit zum Schweigen. Dann lächelte ich ihn an.

"Frohe Weihnachten, Yoongi."

Elefanten aus GlasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt