20. August

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Heute gab es kein Entkommen für sie. Entweder sie gab ihm das, was er wollte, oder sie musste bezahlen.

Seine Hände hatte er in seinem Kapuzenpulli versteckt, während er an dem Gelände der alten Brücke lehnte.

Wie tief es da wohl runter ging?

Sicherlich ausreichend, um ihr kleines Leben auszulöschen.

Er könnte es der Polizei als Unfall verkaufen, keiner würde ihn verdächtigen. Die anderen würden dichthalten, weil sie genauso tief in der Scheiße steckten wie er.

Ein tiefes Lachen entfuhr ihm.

Es war warm. Das Wetter war gut. Es war eine ruhige Nacht. Bis jetzt zumindest.

Das reißende Wasser unter ihm. Es würde sie unerbittlich mitnehmen. Sie würde versuchen zu schreien, aber der Fluss würde sie ersticken.

Jämmerlich und hilflos würde sie ertrinken, bis sie irgendwann angespült werden würde.

Er würde zur Beerdigung gehen, ihren Eltern die Hand schütteln und mit allen anderen Freunden in der ersten Reihe sitzen.

Keine würde wissen, was er getan hatte.

Er wollte ihr Albtraum sein.

„Ich schätze Mal du wartest auf mich". Ihre Stimme durchschnitt die nächtliche Stille. Er hatte sie nicht kommen sehen.

„Meine nächtlichen Ausflüge widme ich immer dir", gab er zurück und drehte sich um.

Sie stand vor ihm, in derselben schwarzen Kleidung, er konnte nur schwer ihre Augen erkennen, die ihn so ohne Furcht anfunkelten.

„Kommen wir zum Punkt. Gib mir den Stick". Er wollte ihr nicht länger als nötig gegenüberstehen müssen.

Er wollte sich nicht anmerken lassen, dass es ihm irgendwo einfach nur so unendlich weh tat, wie weit es gekommen war.

Er hatte sie geliebt.

Mit allem, was er je an Gefühlen zulassen konnte und sie hatte ihn ausgenutzt. Eiskalt das Messer in den Rücken gerammt.

Er wollte nicht weiter bluten. Dieses Mal war sie an der Reihe.

„Wie oft denn noch", sie fing an zu lachen.

Wieso lachte sie? Konnte sie ihn nicht einmal jetzt ernst nehmen?

„Du bekommst es nicht".

Die Worte krochen in seine Ohren, in sein Blut. Seine Gedanken fingen sich an zu drehen, sein Puls erhöhte sich.

Konnte sich nicht entscheiden, ob er schreien oder weinen wollte. Sie machte ihn wahnsinnig. Er war wahnsinnig.

Die Stimmen in seinem Kopf. Sie wollten sie tot sehen. Er wollte sie tot sehen.

„Gib es mir doch einfach". Seine Stimme bedrohlich gepresst, er ging drei Schritte auf sie zu, umschloss ihren Hals mit seiner Hand.

Zudrücken.

Willst du mich umbringen?", fragte sie spöttisch.

Er konnte nicht mehr klar denken, sein Griff verstärkte sich, sie starrte ihm in seine Augen.

„Du liebst mich".

Nein. Er hasste sie. Mit jeder Zelle.

„Du liebst mich".

Lüge. Alles was sie sagte, waren eiskalte Lügen. Sie spielte. Sie spielte so verdammt gut, aber er war besser.

„Du liebst mich", ihre Stimme wurde schwacher.

Sie sollte endlich die Klappe halten. Er liebte sie nicht. Er wollte ihren Tod, mehr nicht. Sie war eine Intrigantin.

„Du liebst mich", ihre Augen fingen sich langsam an zu schließen.

Sie hatte recht. Wie in Trance ließ er los, sie wich seinem Blick aus. Erst jetzt merkte er, dass ihm die heißen Tränen die Wange herunterfielen. Sein ganzer Körper bebte.

„Egal wie sehr du es versuchst. Du kannst mich nicht töten, weil du mich liebst. Ich bin alles was du hast, hör auf zu versuchen, es auszulöschen".

Sie spuckte mit den Worten auf ihn. Es war die pure Wahrheit.

Er konnte nichts dagegen machen.

Sie zerstörte sein Leben und er würde sie trotzdem jeder Zeit retten.


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