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„Halte deine Hände etwas höher! Füße weiter auseinander! Ein Kind könnte dich mit dieser Haltung umwerfen! Was ist jetzt schon wieder mit deinen Schultern los? Verdammt! Hörst du mir überhaupt zu!?"
Kaum hatte ich heute früh, vollkommen verschlafen, die Türe geöffnet, hatte sich diese starke wütende Stimme in mein Gehirn gebannt. Sie gehörte meiner neuen geliebten Trainerin. Die Frau hatte sich als eine relativ kleine Werwölfin mit einer Größe von 1,70 m herausgestellt. Ihre Haare waren so rot wie das Fegefeuer und genauso zornig aufbrausend schien ihr Charakter zu sein.
Ihren Namen hatte sie mir bis jetzt noch nicht verraten. Das einzige, was ich aus ihren Mund außer Befehlen bekommen hatte, war die Information das Lucian sie von den Notfalltreffen der Offizieren abkommandiert hatte, um mich unnötigerweise zu trainieren.
Ich konnte es der temperamentvollen Frau nicht verübeln, dass sie sich aus diesem Grund mehr als ein kleines bisschen ärgerte. Allem Übel nach glaubte sie auch noch, Lucian hätte sie abkommandiert, weil sie klein und eine Frau war.
Ihre Größe spielte sicherlich keine Rolle für Lucians Entscheidung. Viel mehr jedoch die Tatsache, dass sie exzellent ausgebildet und eine Frau war. Lucian schien leider nicht der Typ zu sein, der mich mit einem anderen Mann trainieren ließ, vor allem nicht wenn das bedeutete, dass dieser irgendwann auf mir lag.
Leider wusste ich jedoch nicht ob diese Entscheidung im nur eine Enthauptung oder gleich ein brennendes Quartier einbringen würde, denn die Offizierin war zu beiden mehr als nur gewillt.
Besonders da ich scheinbar extrem unfähig war, schien es ihr in den Fingern zu jucken irgendetwas in Kleinstücke zu zerschlagen.

„Verdammt das hat doch keinen Sinn!", stieß sie nach einer weiteren halben Stunde wütend hervor. Sie legte ihre Stirn in tausend Falten und seufzte so schwer, dass ich glaubte ein Hundewelpe wäre vor ihren Augen gestorben.
Erst nach einer ganzen Weile fuhr sie fort: „Ich werde dir morgen ein paar Tricks zeigen, wie du dich gegen einen Mann wehren kannst. Es wird dir in einem echten Kampf nicht viel bringen, doch vielleicht kannst du so wenigstens das Überraschungsmoment nutzen. Heute hast du meine Nerven jedoch überstrapaziert. Ich werde dir deswegen, heute nur noch zeigen, wie du eine Pistole benutzt."
Sie lief zu einer großen schwarzen Sporttasche, die sie am Rand der Trainingshalle deportiert hatte. Zu meinem Entsetzen zog sie aus dieser eine handliche schwarze Pistole hervor. Was wohl noch alles in der Tasche war? Wahrscheinlich wollte ich das gar nicht wissen.
Mit dieser Waffe kam sie mit geschmeidigen Schritten auf mich zu und drückte sie mir in die Hand. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass es sich bei dieser um eine Glock handelte. Die äußere Hülle der Waffen erinnerte immer noch sehr stark an die gute alte Glock 18 aus dem 21. Jahrhunderts, doch statt Munition, schoss diese Waffe gebündelte Lichtstrahlen. Mit anderen Worten war sie eine Laserwaffe, deren Geschosse sehr stark den Vorstellungen von Georgs Lukas in seiner Star Wars Reihe ähnelten.

„Ich werde es dir nur einmal erklären wie du diese Waffe zu führen hast, also höre gut zu! Im Grunde genommen ist es sehr einfach..."
Es folgte eine Erklärung mit der man ein Regelwerk von gefühlten hundert Seiten mit chinesischer Schriftzeichen füllen konnte. Trotzdem war ich doch recht zuversichtlich. Ich hatte die eben besprochenen Grundlagen bereits über Computerspiele vor langer Zeit perfektioniert.
Zumindest dachte ich das. Meine Meinung änderte sich rasch, als die wutschnaubende Werwölfin mich zu einer Schießbahn, in dem Raum neben an, führte.
Die gesamte Wand gegenüber von mir war nicht brennbar und dafür ausgelegt, dass man auf sie schoss. Die Ziele waren in einer Reihe weiß in die Wand eingeätzt worden, damit die große Hitze eines einzelnen Schuss sie nicht verbrannten.
„In Ordnung! Stell dich hin wie wir besprochen haben und dann schieß!", befahl mir die rothaarige Offizierin und ich gab mein Bestes eine gute Schussposition einzunehmen, doch sofort wurde ich verbessert.
Nach einigen qualvollen Minuten des Geschreis konnte ich endlich meinen ersten Schuss verbuchen. Ein kleiner roter Kreis hatte sich auf der ansonsten granitgrauen Fläche gebildet. Er war tatsächlich gar nicht so weit von der Zielscheibe entfernt. Freudig drehte ich mich zu meiner Trainerin um.
„Weiter!", befahl diese bloß, dass sie mich nicht kritisierte, nahm ich als Kompliment und schoss erneut.
Tatsächlich traf ich bereits nach drei weiteren Schüssen das Innere des kleinsten Kreises. Es war nicht wirklich wie in einem Computerspiel, doch im Vergleich zum Nahkampf lernte ich schnell.

Das schien auch die Werwölfin zu bemerken, denn sofort erhöhte sie den Schwierigkeitsgrad: „In Ordnung! Ziele jetzt auf das nächste Ziel und wenn du das in der Mitte getroffen hast, dann auf das nächste in der Reihe. Ich möchte Resultate sehen! Wenn du alle fünf Zielscheiben in der Mitte direkt hintereinander getroffen hast, darfst du Schluss für heute machen. Denk daran du kannst solange zielen wie du willst. Aber ein Fehlschuss und du fängst von vorne an!"

Und wie oft ich von vorne anfangen musste! Nach einer Stunde vergaß ich die einzelnen Anläufe mitzuzählen. Es war als wäre der Teufel in den Strahlen der Glock. Selbst nach dem ich lange geübt hatte verfehlte ich doch immer und immer wieder das vorletzte oder gar letzte Ziel, doch ich gab nicht auf.
Eine Sache, die ich dank dem Programmieren gelernt hatte, war niemals bei einer Schwierigkeit das Handtuch hinzuwerfen. Es mochte schwer sein, unmöglich scheinen, doch ich wusste, dass es zu schaffen war! Aus diesem Grund schoss ich. Immer und immer wieder.

„Versuch es einmal anders herum."
Bei dem Klang der sanften Stimme drehte ich mich blitzschnell um und starrte in die tiefgrünen Augen eines Engels. „Was machst du denn hier?", krächzte ich überrascht.
Lucian warf mir ein verschmitztes Grinsen zu.
„Ich habe dich vermisst und wollte sehen wie es dir ergeht."
Meine Augen wurden groß und ich konnte nicht gegen das aufkommende Lächeln ankämpfen. Ich wollte ihm in die Arme fallen, doch Lucians große Hände legten sich sanft auf meine Schultern und drehten mich zu den Zielscheiben um.
„Beginne hier." Sicher führten mich seine Hände zu dem Ziel, welches am Weitesten von mir entfernt war.
Ich richtet meine Pistole noch einmal etwas feiner aus, zielte und Lucians warmer Atem strich über meinen Nacken. Sofort verzog ich die Waffe beim Schuss. Der Laserstrahl landete meilenweit von dem Ziel entfernt. Fast hätte er sogar den feuerfesten Bereich verlassen.
Sofort fluchte meine Trainerin und zeterte los: „Wie kannst du nur immer diesen Unsinn machen!? Konzentrier dich! Das ist kein Spielzeug!"
Doch ich hörte ihr nicht zu. Viel mehr war ich gebannt von dem kleinen Lachen, das Lucian hinter meinen Rücken von sich gab. Es war wie Musik für meine Ohren, doch meine Wangen färbten sich in einen kräftigen Rotton.
„Das war schon ganz gut. Das nächste Mal verzieh nur bitte nicht am Ende", flüsterte er mir sanft ins Ohr. Was eine gewaltige Gänsehaut auf meinen Rücken und einen weiteren vollkommenen Fehlschuss mit sich brachte.

„Atme tief ein", Lucians Stimme war sanft, beruhigend...
„Ziele...", befahl er leise, kaum hörbar.
„...atme aus und schieß!"
Beim letzten Wort drückte ich ab. Ein leises Zischen war zu hören und ein heller Strahl schoss genau auf die Mitte des Ziels zu.
„Und nun das nächste." Wieder dirigierte mich Lucian mit seiner sanften Stimme und wieder war es ein glattes Bullseye. Beim nächsten Ziel gab er nur noch die Anweisung zu atmen und die letzten zwei schoss ich zielsicher perfekt alleine.
„Das hast du gut gemacht." Starke Arme umschlossen meine Taille und ein zufriedener Werwolf summte in mein Ohr: „Das sollte man doch belohnen."

Leider Gottes hatte seine Offizierin kein gutes Benehmen und zerbrach den wundervollen Moment, selbst als Lucian sie wütend anknurrte, befahl sie mir in aller Ruhe: „Du kannst für heute Abend Schluss machen. Ich sehe dich morgen früh pünktlich um 6 Uhr hier unten."
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen sie am Ende des Trainings zu fragen wie sie hieß, doch als ich sie nun wütend, mit Stolz gestreckten Schultern losstürmen sah, verließ mich der Mut.
„Tja dann bleiben wohl nur noch wir beide übrig", Lucians Grinsen war breit.
Ich wollte ihm die Pistole geben, doch er schüttelte den Kopf. „Wir besorgen dir jetzt noch ein Holster." Er warf einen Blick auf die Glock und befahl sofort: „Sichere deine Waffe!" Jede Laserwaffe hatte in der heutigen Zeit eine mechanische Sicherung, die verhinderte, dass die Laserstrahlen zu stark gebündelt worden. So war die Pistole, selbst wenn sie einen elektrischen Impuls von außen bekommen sollte, sicher. Hierfür musste man meistens einfach einen kleinen Drehhebel an der Seite der Waffe betätigen, so dass er auf den eingravierten durchgekreuzten Laserstrahl zeigte.
„Gut", meinte Lucian, als ich seinem Befehl gehorchte. „Bitte vergiss niemals diese Waffe zu sichern!"
Dann ging er auf einen der großen verschlossenen Schränke an der Wand zu. Er schloss diesen auf und warf mir ein schwarzes Stoffholster zu. Es hatte zwei Gurte und ich war überfordert wie man diese wohl anlegen sollte. Lucian bemerkte meinen Blick und seine Stimmung schien sich verdächtig stark zu heben.
„Soll ich dir zeigen wie man es anlegt?", fragte er mit honigsüßer Stimme.
Ich nickte, obwohl es so schien, als verberge er einen gewaltigen Braten vor mir.
„Also der obere Gurt muss an deinem Gürtel befestigt werden. Der zweite wird um dein Oberschenkel gelegt, damit das Holster sich nicht mehr bewegen kann." Mit diesen Worten kniete er sich vor mir herab und öffnete meinen Gürtel. Sofort lief ich rot an. Ganz andere, ungezogene Bilder schossen durch meinen Kopf, als er mir sehr langsam das Holster anlegte.

Soulmates #kleineJuwelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt