24

3.5K 234 23
                                    

Sofort wurde ich eines besseren belehrt. Dies war ganz sicher nicht der Himmel, denn ein Mann, vollkommen in schwarz gekleidet, betrat den Raum. Sein Gesicht war verdeckt von einem Visier und er gehörte eindeutig zu den Wachen.
Auf einmal ertönte die Stimme des verrückten alten Mannes und befahl mir: „Verwandle dich!"
Verängstigte blickte ich mich um und erkannte zwei Lautsprecher, die an der Decke angebracht waren. Dieser Mistkerl hatte mich die gesamte Zeit gefoltert! Er war schuld an meinen Qualen!
Etwas Fremdes regte sich in mir. Ich knurrte.
Erstaunt hielt ich inne und horchte in mich hinein. Etwas stimmte eindeutig nicht...
Ich fühlte mich nicht anders und doch war da etwas. Etwas Ungezähmtes... Etwas Wildes... Irgendetwas bewegte sich tief in mir.
Sofort bekam ich Panik. Zitternd fiel ich zu Boden. „Was habt ihr mit mir gemacht?", flüsterte ich entsetzt.
Als ein kleines Lachen aus den Lautsprechern kam, zuckte eine wütende Zornesflamme durch mich hindurch.
„WAS HABT IHR GETAN!?", schrie ich mit einer Stimme, die ich selbst nicht mehr wieder erkannte. Das Knurren lag erneut in ihr. Das Geräusch erinnerte mehr an ein verletztes Tier als an einen Menschen.
Endlich begriff ich. Ein wütendes Fauchen stieg aus meiner Kehle auf: „Ihr Verdammten..." Doch ich konnte den Satz nicht zu Ende sprechen, denn ein wütendes Brüllen zerriss meine Worte. Etwas in mir zerfetzte meine Körperhülle. Es wollte frei sein. Ich wollte frei sein. Die Menschen, die mir das angetan hatten, mussten bestraft werden!

Ich sprang auf die Wache zu. Dieser kranke Psychopathen Doktor war gerade nicht hier, doch auch er würde noch seine gerechte Strafe bekommen. Ich würde meine Rache mit jedem blutigen Tropfen genießen.
Etwas Seltsames geschah während des Sprungs. Meine Wirbelsäule streckte sich in die Länge. Mein Kopf verformte sich, wurde länger und nahm eine seltsame dreieckige Form an. Mit ihm veränderte sich auch mein Gebiss. Die Zähne wurden stärker, größer und raubtierhafter. Meine Hände verwandelten sich in Pfoten. Ich streckte meine Krallen wie selbstverständlich aus und flog mit einem lauten Fauchen auf mein Opfer zu.
Ein lilaner Lichtblitz traf mich. Mein Körper zuckte zusammen. Ich wollte schreien, doch nur ein hohes Jaulen kam aus meiner trocknen Kehle hervor. Zu meinem Erstaunen brach ich jedoch nicht zusammen. Mir wurde trotz des Schockblitzes nicht einmal schwarz vor Augen. Wütend versuchte ich mich aufzurappeln, doch meine Beine wollten mich nicht mehr tragen.
Erstaunt blickte ich auf sie herab. Meine Augen wanderten zu den Pfoten. Sie waren umhüllt in ein weißes kurzes Fell. Ein schwarzes punktförmiges Muster zog sich von ihnen hinauf zu meinem athletischen eleganten Körper. Ich maunzte verdutzt und betrachtete mich weiter vollkommen erstaunt.
Ich hatte mich tatsächlich verwandelt. Mein Körper war nicht länger der eines gefolterten, zerbrochenen Menschen, sondern der eines eleganten, stolzen Jägers. Ich hatte mich in einen Leoparden verwandelt.

Erneut versuchte ich auf meine Beine zu kommen. Diesmal verlagerte ich das Gewicht nicht nur auf die Hinterbeine, sondern auch auf die vorderen. Meine Muskeln zitterten, von dem ungewohnten Gewicht und der seltsamen Stellung. Ich taumelte zwei Schritte auf die Wache zu, nur um wieder hinzufallen.
„Sehr gut", hörte ich die verhasste Stimme aus dem Lautsprecher. „Du hast mich wirklich überrascht Arya. Ich dachte, dass du sterben würdest, doch du hast ein erstaunliches Durchhaltevermögen gezeigt. Du bist sogar noch bei Verstand."
Ich knurrte wütend. Die Wache musterte mich misstrauisch und ließ mich nicht einen Augenblick aus den Augen.
„Weißt du Arya? Ich wünschte ich könnte sagen, dass nun alles gut werden würde, doch du hast noch ein langes Leben voller Qualen vor dir. Du wirst wohl im Krieg an der vordersten Front gegen diese verdammten Werwölfe kämpfen. Genieß deine letzten friedlichen Stunden."
Ich brüllte wütend auf, doch ich konnte nichts weiter tun. Die Wache zog sich zurück, aber ich konnte ihr nicht nachsetzten. Der neue Körper war einfach zu ungewohnt.
Wütend begann ich meine Krallen am Boden zu wetzen. Zu meiner Befriedigung sah der gepolsterte Boden kurz darauf wie ein gerupftes Hühnchen aus.
Immer wieder versuchte ich auf meine Beine zu kommen.

Nach tausenden Versuchen hatte ich den Bogen fast heraus. Meine Bewegungen glichen zwar immer noch nicht dem eines selbstischeren Jägers aus der Natur, doch immerhin stand ich. Meine Beine zitterten wie Espenlaub, trotzdem gab ich nicht auf. Vorsicht begann ich meine ersten Laufversuche. Ich übte das Springen und versuchte mich schnell fortzubewegen, doch dafür war dieser Raum viel zu klein.
Ich sehnte mich nach der Freiheit. Nach Luft, die nicht zuvor durch zig tausend Filter und Ventilatoren geschleust wurde und ich vermisste ihn.
Ein klägliches Jaulen erklang. Ich vermisste Lucian, doch er hatte mich wohl schon längst vergessen. Wie viel Zeit war wohl mittlerweile vergangenen? Ich hatte keine Ahnung. Mir war noch nicht einmal bewusst, ob Lucian überhaupt noch lebte. Vielleicht hatte der Krieg ja schon angefangenen?
Verzweifelt legte ich meinen schweren Kopf auf den Boden ab. Wenn es irgendwelche Götter dort draußen gab, wieso taten sie mir so etwas an?
Eine weitere Sorge schlich sich in meine Gedanken. Was war, wenn ich nun für immer in diesem Körper bleiben würde? Ich hatte mich, wenn ich recht vermutete, nur wegen meinem unglaublichen Zorn verwandelt, doch nun war er abgeklungen und ich war immer noch ein Leopard.
Ich versuchte mich an das Gefühl der Verwandlung zu erinnern, doch es war nicht zu greifen. Je mehr ich mich anstrengte, desto weiter entglitt mir der Erinnerung. Es war wie bei einem Traum. Aus diesem Grunde wandte ich eine andere Taktik an. Ich stellte mir den Körper eines Menschen vor, doch das erzeugte nur tiefe Frustration. Egal wie sehr ich mich anstrengte, ich blieb eine große Raubkatze.

„Sie können sich gerne umschauen. Wie ich bereits erwähnt habe, ist dies nur eine Forschungsstation für Tiere, die sich in der Natur seltsam verhalten."
Diese Stimme..... Das war der Doktor! Ich sprang aus meiner Liegeposition auf und knurrte.
„Was ist in diesem Raum?", hörte ich eine weitere Stimme sagen. Gänsehaut zog sich über meinen Körper. Meine Atmung beschleunigte sich. So laut ich konnte jaulte ich auf. Er war hier! Lucian war hier!
Ich wollte ihm zu schreien, doch es war mir in diesem Körper einfach nicht möglich. Nur ein weiteres lautes Brüllen zerfetzte fast meine Kehle.
„In diesem Raum befindet sich ein Schneeleopard", hörte ich die abstoßend, süßlich und freundliche Stimme des Doktors erklären.
„Ich dachte diese Tiere stehen unter Artenschutz. Meiner Meinung nach sind sie vor ein paar Jahren sogar komplett ausgestorben", hörte ich Lucian erwidern. Es zerbrach mich fast seine Stimme zu hören und ihn nicht berühren zu dürfen. Ihn nicht einmal zu Auge zu bekommen.
„Es ist einer der letzten Schneeleoparden. Leider hat das Schicksal dem armen Tier übel mitgespielt. Es ist vollkommen verrückt und tötet jeden in seiner Nähe..."
Lucian unterbrach ihn: „Ich würde dieses majestätische Tier gerne einmal aus der Nähe ansehen. Sie haben doch sicher nichts dagegen?"

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------

Wunderschöne Weihnachten euch alle ;)

Ich hoffe, ihr könnt diesen Tag mit all jenen verbringen die ihr liebt. Selbst wenn das nicht möglich ist, wünsche ich euch von ganzem Herzen das ihr warme Gedanken an diese Personen habt, die ein Lächeln auf euer Gesicht zaubern.

Vielen Dank, dass ihr die Geschichte bis jetzt so unterstützt habt. Ich freue mich wirklich sehr darüber, dass die kleine Leserschaft Schritt für Schritt weiterwächst.

Ich habe für euch heute ein kleines Weihnachtsgeschenk:
„Soulmates" ist nur eine Vorgeschichte von einer großen Welt, die ich mir Stunde um Stunde ausgedacht habe. Die Geschichte erklärt wie eine der 4 dort lebenden Spezies entstanden ist. Als Weihnachtsgeschenk möchte ich euch verkünden, dass ihr ein bisschen mehr von dieser Welt erfahren könnt. Seit längerem schreibe ich an dem Werk „Entflammt", welches sich nicht um die Gestaltwandler, sondern um die Flammengeborenen dreht. Das Buch ist um einiges größer und wird (im Gegensatz zu diesem Werk) Beta gelesen. Sobald der Epilog von „Soulmates" erscheint, wird der Prolog von „Entflammt" hochgeladen.
Für einen kleinen Vorgeschmack habe ich den Klappentext mitgebracht:

Die Liebe eines Flammengeborenen ist voller Leidenschaft, alles verzerrender Gefühle und tödlich für diejenigen, die sie nicht ebenso feurig erwidern.

Das Schicksal hat beschlossen die temperamentvolle Menschenfrau Jenny Laurence und den Flammengeborenen Samuel zur Zusammenarbeit zu zwingen. Doch während in den beiden das Feuer des Zorns mit den Flammen der Leidenschaft kämpft, erhebt sich im Dunklen eine ganz andere Macht.

Ich hoffe, ich konnte euch ein bisschen neugierig machen. Vielleicht hat der ein oder andere ja sogar ein bisschen gelächelt. Falls ihr etwas Zeit habt, würde ich mich sehr über eure Meinung zu dem neuen Buch, aber auch zu „Soulmates" freuen. Ich hoffe, dass ich ein paar von euch bei „Entflammt" sehen werde, das würde mich wirklich riesig freuen.

LG Sarah


Soulmates #kleineJuwelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt