Kapitel 4

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Am Ende dieses anstrengenden Tages, legte sich Silver auf seinem Felsen nieder und blickte über sein Tal, während der Wind durch seine Mähne wehte. Der Winter würde bald kommen und noch mehr Tribute fordern. Die letzten Winter in Nimarya waren bereits sehr hart gewesen und hatten die Leben vieler Fohlen gekostet, die kräftig und putzmunter zur Welt gekommen waren. Doch so war das Leben eben. Leben kam und Leben ging. Da gab es nichts daran zu rütteln.

„Silver...", hauchte eine Stimme hinter ihm plötzlich und Saphira, die schöne, fuchsfarbene Hannoveranerstute kam zu ihm, um sich neben ihn zu legen. Ihre Wärme fühlte sich gut an seiner Seite an und holte ihn von seinen düsteren Gedanken ins Hier und Jetzt zurück.

„Ach Saphira", seufzte Silver, „Es ist einfach nicht mehr das Selbe, wenn ich nicht bei meinen Freunden bin. Ich glaube, die Herden aufzuteilen war der größte Fehler meines Lebens."

Saphira lächelte sanft und drückte ihren großen, warmen Kopf an Silvers Hals. „Ich verstehe dich. Du bist mit ihnen aufgewachsen. Euch verbindet mehr, als nur eine Freundschaft."

„Ja!", wieherte Silver in den Sonnenuntergang hinaus, „Genau das ist es! Wir sind mehr als nur Freunde. Wir sind Brüder. Brüder im Herzen. Eine Familie! Doch vielleicht brauchen sie mich nicht so sehr wie ich sie jetzt bräuchte."

Saphira schnaubte leise in Silvers schwarze Mähne. „Doch, mein Schatz. Ich bin mir sicher, dass es ihnen im Moment genau so geht."

Silver stemmte die Hufe in den Boden und wand sich hoch. Er schüttelte sich einige Grasfetzen vom Pelz und blies ein paar Dampfwölkchen in die eiskalte Nachtluft.

„Du hast recht, Saphira!", schnaubte er, „Sind wir alleine, sind wir nicht ganz. Ich werde mich mit ihnen treffen und die Nacht mit ihnen verbringen, wenn das für dich in Ordnung ist."

Saphira nickte und berührte die Flanke ihres Gefährten mit ihren weichen Nüstern. „Du brauchst deine Freunde im Moment mehr als mich. Ich bin deine Gefährtin und kenne dich in manchen Dingen vielleicht besser, als du selbst. Ich weiß, dass du sie liebst wie Brüder. Geh sie besuchen."

Zum ersten Mal musste Silver lächeln und drückte seine Stirn fest an die von Saphira. Er bäumte sich auf, galoppierte an und sprang über den Rand des Felsvorsprungs. Es sah für einen Moment aus, als flöge er, doch dann gewann die Schwerkraft Überhand und zog ihn nach unten. In diesem Moment murmelte Silver seinen Teleportationszauberspruch und verschwand spurlos in der Luft.

Puma und Black hatten bereits im fahlen Mondlicht am Rande des Waldes gewartet. Eine unsichtbare Macht hatte sie alle heute hierher gezogen. Pumas blaue Augen glitzerten freudig, als Silver plötzlich aus der Luft auftauchte und er wieherte begeistert.

„Silver! Oh Silver! Ich vermisse dich, ich vermisse dich so sehr!", jammerte er und drückte seinen Hals fest an den seines Freundes. Auch Black hatte trübe Augen und man sah ihm an, dass er selbst nicht ganz zufrieden damit war, wie die Herden jetzt aufgeteilt worden waren.

„Wir sind Brüder", schnaubte Black. Er hob den Kopf und trat näher, „Keine Kraft der Welt kann den Bund zwischen uns brechen. Und nichts darf uns je trennen. Ich bin glücklich mit meiner Herde, Silver. Aber ich vermisse meine Brüder. Ich vermisse dich und sogar die dicke Fellkugel da."

Puma kicherte und tänzelte freudig auf der Stelle. „Wir sind wieder vereint!", wieherte er.

„Doch für wie lange diesmal?", brummte Black, „Fjalar ist groß geworden und ich denke er wäre in der Lage, meine Herde zu übernehmen. Panthera meinte, dass ich mich nicht zu sorgen brauche. Alle verstehen, dass ich langsam aus meiner Aufgabe heraus wachse und junges Blut der Herde sicher etwas mehr Schwung geben würde."

Silver Heart - Die Legende des silbernen HengstesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt