Kapitel 6

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Miss Twiggy sprang das Herz in der Brust herum, als sie die lange, schwarze Mähne ihrer besten Freundin erspähte.

„Niki!", wieherte sie schrill und löste sich aus ihrer Begleitung, um zu ihrer Freundin zu rennen. Niki spitzte die Ohren und begann freudig zu wiehern, als sie Miss Twiggy aus der Ferne erkannte. Sie stürmten aufeinander zu und tanzten vor Freude buckelnd im Kreis herum.

„Du warst so lange nicht mehr hier!", schnaubte Niki traurig, als sie sich schließlich wieder beruhigt hatten. Miss Twiggy legte verwundert den Kopf schief.

„Wieso?", fragte sie, „Ich war doch vor zwei Monaten erst hier."

Niki schnaubte allwissend, dann zauste sie ihrer Freundin liebevoll durch den Schopf.

„Zwei Monate in deiner Zeit sind acht Monate unserer Zeit, Twiggy. Das weißt du doch!"

Nach Luft schnappend glitt Miss Twiggys Blick zu Nikis dick gewölbter Flanke herauf. Mit einem schrillen Fiepen riss sie die Augen auf und verharrte einen Moment, bevor sie etwas sagen konnte.

„Niki. Bist du etwa trächtig?"

„Nein, ich bin einfach nur fett!", lachte Niki. Miss Twiggy riss den Kopf in die Höhe und stieg jubelnd in die Luft.

„Beim großen Kosmos! Das ist der Wahnsinn, Niki! Du wirst Mama! Und ich erfahre natürlich als letzte davon, weil ich dich so lange nicht besuchen komme."

Schnaubend drückte sich Miss Twiggy an die Beine ihrer Freundin.

„Herzlichen Glückwunsch!"

Vorsichtig ließ sich Niki auf die Hinterhand plumpsen, um mit Twiggy auf einer Augenhöhe zu sein. Mit besorgtem Blick musterte sie Leopold, Hannibal, Pünktchen und Juwel, die in einiger Entfernung abseits der beiden Freundinnen standen und mit erhobenen Köpfen wachsam in die Ferne starrten.

„Du bist sicher aus einem wichtigeren Grund gekommen, Twiggy", schnaubte Niki und wandte sich mit zuckenden Ohren und besorgt geweiteten Nüstern ihrer Freundin zu, „Wenn alles in Ordnung wäre, hätte dir Silver Proud sicherlich kein Geleit zur Seite gestellt. Was ist los?"

„Kayla kehrt nach Nimarya zurück!", wieherte Miss Twiggy daraufhin ohne zu zögern, „Ich weiß nicht, was sie vor hat, aber es kann nichts Gutes verheißen. Hätte mir Silver nicht die Kette gegeben, damit ich nach Nimarya reisen kann, dann wäre ich jetzt tot, Niki."

„Was?", Nikis Mähne stellte sich ganz plötzlich auf und ihre Nüstern bebten vor Schock, „Warum, Twiggy? Was ist passiert? Du musst mir alles erzählen! Bitte! Ich will alles wissen!"

Nikis Aufmerksamkeit war nicht bei ihrer Freundin. Das merkte Twiggy sofort, als Nikis Blick beinahe unmerklich zu ihrem Bauch hinunter huschte. Sofort war klar, um was sich Niki sorgte. Ihr Fohlen war ihr wichtiger, als ihre eigene Sicherheit, doch Miss Twiggy konnte s ihr nicht verübeln.

„Ich habe Kayla beobachtet und sie hat mich entdeckt. Dann wollte sie mich töten, bevor ich jemandem erzähle, was ich gesehen habe. Aber ich konnte dank dem Stein schnell nach Nimarya entkommen. Silver meinte, sie könnte jetzt hinter mir her sein, weil sie vorher nicht gemerkt hat, dass ich ein magisches Pony bin. Jetzt weiß sie, dass ich etwas Besonderes an mir habe, das sie für ihre Pläne gebrauchen kann."

Niki sah nachdenklich zum Himmel empor, die Ohren dicht angelegt. Ihr Schweif schlug und ihre Mähne stand ihr noch immer in alle Richtungen ab. Ihr Blick wanderte von Miss Twiggy zu ihren Begleitern und wieder zurück, dann erhob sie sich und wandte ihren Kopf mit beunruhigt schlagendem Schweif ihren Kopf zu Leopold, Hannibal, Juwel und Pünktchen.

Silver Heart - Die Legende des silbernen HengstesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt