Kapitel 3

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Das Eis war gebrochen und meine Wut aufgrund seiner lockeren Art mit einem Mal verflogen. 

Als ein Mitarbeiter gerade an dem Gang in dem wir uns befanden vorbeilief, winkte Harry ihn herbei, um ihm die Situation zu schildern. Der Mann machte sich sogleich auf den Weg einen Besen zu holen und war glücklicherweise so nett und ließ mich gehen, ohne mich für die auf dem Boden liegenden Nahrungsmittel aufkommen zu lassen. Generell war ich erleichtert, dass Harry es in die Hand genommen hatte jemandem Bescheid zu geben, da mir das Ganze ziemlich unangenehm gewesen wäre. 

 "Also dann, Emily, willst du dir nicht neue Chips holen gehen, jetzt wo deine andere Tüte verunglückt ist?", schmunzelte dieser nun und ich erinnerte mich wieder, wieso ich eigentlich hier im Supermarkt war. "..klar!", erwiderte ich und dachte gerade darüber nach, wie ich mich von ihm verabschieden sollte, als er sich einfach umdrehte und davonlief.

Ich schaute ihm verblüfft hinterher und wurde schon wieder sauer auf ihn, ich war drauf und dran ihm hinterherzurufen, dass sein Verhalten ziemlich unhöflich war, als er seinen Kopf nach mir umdrehte und mich mit hochgezogenen Augenbrauen fragte: "Was ist, kommst du oder nicht?" …wollte er mich etwa begleiten?

Der Gedanke, verstärkt von dem neckenden und verboten attraktiven Blick, den Harry im Gesicht trug ließ mein Herz irgendwie einmal kurz hüpfen, so plötzlich, dass ich erschrak. Was war bloß los mit mir? Der Schock des Zusammenstoßes saß wohl noch immer tiefer als ich dachte.

Ich hastete ihm hinterher und wir machten uns gemeinsam auf die Suche nach neuen Chips und Dips. Er war es, der die Lebensmittel aus dem Regal nahm und er trug sie für mich, als wäre es selbstverständlich.

Ich wusste nicht genau, was ich davon hielt mit einem Fremden, der mir beim Einkaufen half durch den Supermarkt zu laufen, doch Harry war so entspannt und lustig drauf, dass ich mich irgendwie begann wohl zu fühlen.

"Du gehst hier also zur Schule?", fragte er mich gerade, während er die verschiedenen Kaugummisorten studierte, die es vor der Kasse zu kaufen gab. Ich beobachtete, wie seine Augenbrauen sich zusammenzogen und seine Stirn Falten schlug, als er die Preise zweier Kaugummipackungen nachdenklich verglich und konnte nicht anders als ihn dabei unglaublich attraktiv zu finden. Noch nie hatte ich einen Menschen gesehen, der sogar gut aussah, während er auf eine Packung Airwaves starrte.

"Ja genau, ich wohne hier sozusagen schon mein ganzes Leben lang.", antwortete ich. Harry legte meine Einkäufe zusammen mit seinen Kaugummis und der großen Colaflasche, die er vorhin geholt hatte auf die Kasse. Die Cola war der Grund gewesen wieso er heute Nachmittag extra nochmal in den Supermarkt fahren musste, hatte er mir erklärt, da er ohne Cola wohl nicht leben konnte.

Ich warf einen verstohlenen Blick auf seine großen Hände, da ich es irgendwie bewunderte, wie er all diese Sachen ohne Einkaufswagen oder sonstige Hilfsmittel transportieren konnte, ohne dass sie ihm runterfielen und trennte dann meine von seinen Einkäufen auf dem Fließband. Er nahm Notiz davon und schaute mich an. Ich blickte zurück und bemerkte, dass ich meinen Kopf ein wenig anheben musste, um mit ihm in Augenkontakt zu treten.

Mit einer einzigen Handbewegung schob er die Sachen wieder auf einen Haufen und erklärt dann: "Das geht auf mich, als Entschuldigung, dass ich dich vorhin angerempelt hatte." Ich wollte protestieren, doch schon wieder fand ich keine Worte, aufgrund dieses durchdringenden Blickes, der aus diesen olivgrünen Augen schoss. 

Ich ließ also den Fremden heute nicht nur mit mir durch den Supermarkt schlendern, als wären wir alte Freunde, nein, er bezahlte also auch noch meinen Einkauf. Normalerweise war ich nicht die, die schnell neue Freunde fand. Ich war nicht schüchtern oder verschlossen, ganz im Gegenteil, eigentlich war ich recht offen und unterhielt mich gerne mit Leuten, doch meine direkte Art schien viele zu verschrecken und generell traf ich nicht oft auf neue Menschen. Die meiste Zeit über verbrachte ich mit den üblichen Leuten aus meiner Schule oder meinem Sportverein und deswegen fand ich es umso komischer mit Harry an der Kasse zu stehen und mit ihm darüber zu diskutieren, wer bezahlen sollte, obwohl wir uns erst fünfzehn Minuten lang kannten.

Trotz alledem fühlte ich mich ziemlich wohl mit ihm, ich mochte es, dass er auf so eine selbstverständliche Art und Weise mit mir sprach, als würden wir uns schon länger kennen und als hätte ich nicht sowohl auf meinem Oberteil, als auch meiner Jeans, riesige Salsa-Soßensprenkel. 

"Das macht dann 7 Euro 85", nannte die Kassiererin Harry den Preis und irgendwie störte mich das charmante Lächeln, das er aufsetzte, als er ihr seinen Schein übergab. Noch mehr störte mich ihr strahlend weißes Zahnpasta-Lipgloss-Lächeln, das sie ihm nun zuwarf, bevor sie in der Kasse nach dem Wechselgeld suchte. Als sie ihm die Münzen gab, hatte ich das Gefühl, als würde sie seine Hand dabei ein wenig zu lange berühren, doch Harry schien glücklicherweise keine Reaktion zu zeigen. Er steckte sein Portemonnaie zurück in seine hintere Hosentasche und nahm die Einkäufe von der Kasse.

Als ich bemerkte, dass ich nun wohl nichtmehr die Einzige war, die ihm dabei bewundernd zusah, wurde es mir zu viel, ich hastete neben ihn und schnappte mir meine Tüten und Dip-Dosen, da mir das sonst wirklich zu lange dauerte. Ich lächelte der blöden Schnepfe an der Kasse einmal kühl zu, bevor ich mich an Harry wendete und so energisch und laut "Kommst du?", fragte, dass ich mir sicher war, dass sie es hören konnte. "Ja...", erwiderte er leicht verwirrt und ich kaute nervös auf meiner Unterlippe, während er der dummen Kuh, freundlich wie er war, "ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag", zuzwitscherte.

Ich verstand nicht genau, was gerade mit mir los war, doch irgendwie konnte ich diese Kassiererin nicht leiden. Es lag bestimmt an ihren komischem Augenbrauen, die sie sich scheinbar einmal komplett abgezupft und dann mit Kajalstift nachgemalt hatte. Vielleicht war es auch ihre dicke Nase, doch ich hatte keinerlei Sympathie für sie übrig.

Als wir aus dem Geschäft an die frische Luft traten, begann es schon leicht zu dämmern. Die untergehenden Nachmittagssonnentrahlen kitzelten ein bisschen auf meiner Haut und ich atmete gerade den leckeren Geruch der Blumen, die wie immer an dem kleinen Stand neben dem Supermarkt verkauft wurden, ein, als Harry neben mir plötzlich wieder anfing zu lachen.

Verwirrt schaute ich über meine linke Schulter, da er vor Gelächter stehen geblieben war. "Was ist denn so witzig?", fragte ich ihn, und musste schon wieder grinsen, sein Lachen war einfach viel zu ansteckend.

"Ich fand es einfach nur lustig, wie der Mann da vorne dich eben so verstört angeschaut hat, weil du überall rote Flecken auf deiner Kleidung hast.", meinte er und ich verdrehte die Augen. Trotzdem versuchte ich die Chipstüten mehr so zu halten, dass die Sprenkel ein wenig verdeckt wurden. 

"Vielleicht sollte ich mich schämen, mit dir gesehen zu werden.", ärgerte er mich und als ich einen beleidigten Blick aufsetzte, legte er seine rechte Hand auf meine linke Schulter und lächelte mich schief an. Dabei sah er so süß aus, dass ich ihm direkt wieder verzeihen musste.

Mit einem Mal bemerkte ich, dass wir uns schon vor dem Supermarkt befanden und ich jetzt also heimlaufen musste. Ich begann wieder panisch über die Möglichkeiten nachzudenken, die ich hatte, mich von ihm zu verabschieden, als er zögernd fragte: "Ähm...soll ich dich vielleicht noch heimfahren?" Er schien sich nicht sicher zu sein, was ich von der Idee hielt und ich konnte ihm die Unsicherheit ansehen, da er sich mit seiner Hand am Hinterkopf kratzte und sein Gesicht unschlüssig verzog.

Ich wurde mit einem Mal ziemlich nervös. Heimfahren? Harry mich? Mit seinem Auto? Einerseits wollte ich es liebend gerne noch ein wenig hinauszögern, bis wir uns voneinander verabschieden mussten, doch andererseits, hatten mir sowohl meine Mutter als auch mein Vater oft genug eingetrichtert, dass man als junges Mädchen nicht einfach bei einem Fremden ins Auto steigen sollte. Vollkommen überfordert mit der Situation stotterte ich: "Also, äh, ...nein, also gerne, aber ich...ähm...ich wohne eh nicht weit von hier, also ist das nicht nötig." 

"Alles klar", lächelte er mich an und ich war ein kleines bisschen enttäuscht, dass er nicht weitergefragt hatte, vielleicht hätte ich mich ja doch noch überreden lassen. "Also dann..ciao!", war alles, was mir als Abschied einfiel. Harry lachte und das Strahlen in seinem Gesicht ließ mich wieder ein bisschen lockerer werden. "Komm gut nach Hause, Emily!", waren seine Worte und ich konnte nicht anders, als zu denken, dass noch niemand meinen Namen so schön gesagt hatte, wie er es gerade getan hatte. Als er davonlief und ich ihm hinterherstarrte, um mir vielleicht die perfekte Gangart abzugucken, drehte er sich nochmal um und rief: "Man sieht sich!".

All I want (German Harry Styles Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt