12. Kapitel

201 8 10
                                    

Bei ihren Worten wird mir schwindelig und ich muss mich im Stuhl festkrallen, damit ich nicht runterfalle. Meine Sicht wird verschwommen und nur mit Mühe kann ich Paylor noch folgen.
Plötzlich verwandelt sich die Wand hinter ihr in einen großen Fernseher. Ich glaube das kleine Gerät, das neben ihr auf dem Tisch steht hat etwas damit zu tun. In der Schule haben wir sie immer für den alljährlichen Kapitolfilm benutzt.
"Wir haben das Kapitol in 7 Sektoren eingeteilt. Die Größe des Sektors bestimmt die Menge an Kindern, die in diesem Bereich überlebt haben, sodass jeder Sektor ungefähr gleich viele Kapitolkinder aufweisen kann." Während sie fortfährt deutet sie auf eine Karte, die von dem Gerät auf die Wand projiziert wird. Auf ihr ist das Kapitol zu sehen, mit roten Markierungen, die sich alle am Palast schneiden.
"Es gibt 7 Abschnitte," erklärt Paylor "weil ihr sieben Mentoren seid. Ihr werdet für einen Sektor zugeteilt und betreut nach der Verlosung, die zwei Kinder, die ausgelost wurden."
Inzwischen sind meine Fingerknöchel weiß und ich lockere meinen Griff etwas. Erst jetzt wird mir bewusst, was das für Peeta und mich bedeutet. Wir werden die Mentoren der Kapitolkinder sein und die Hungerspiele erneut durchleben müssen. Wir schicken unschuldige Kinder in den Tod.
Ich starre auf die Karte an der Wand. Sie gleicht der Karte, die wir in den Kriegszeiten benutzt haben. Der Stadtplan ist der Selbe. Die Straßen des Kapitols gleichen einem Schachbrett. In Reihe sind die Häuser verzeichnet. Doch läuft man durch die Straßen ist der Großteil zertrümmert und nicht mehr wieder zuerkennen. Diese Erkenntnis schleudert mich in Gedanken zurück an den Krieg, meine Zeit als Spotttölpel, an die Hungerspiele und an die Ernte, bei der ich mich freiwillig gemeldet habe. Als ich mich anstelle von Prim gemeldet habe, der Person, wo ich wusste, dass ich sie aufrichtig geliebt habe. Manchmal stelle ich mir vor, wie es war, bevor ich an den Hungerspielen teil nahm. Wir haben oft gehungert und hatten nie genug zu essen, aber wir waren eine Familie. Prim und ich haben uns alles erzählt, ich bin mit Gale auf die Jagd gegangen und habe auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Ich sehne mich oft an diese Zeit zurück. Als ich sie noch hatte. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich sie vor mir. Sie sitzt auf einem Stuhl, die Hände im Schoß. Sie trägt die Bluse und den hellblauen Rock. Das Bild von Prim, bevor wir zur Ernte gegangen sind, bevor sich unser Leben verändert hat, ist seither in meinem Kopf.
Der Bildwechsel reißt mich aus meinen Gedanken.
Auf dem Bild sieht man eine Tabelle mit wichtigen Terminen. Wann die Verlosung stattfinden wird, wann das nächste Gespräch über die Arena ist. Ich werfe nur einen flüchtigen Blick auf die Daten und Zeiten. Im Zweifelsfall werde ich nicht hingehen und wenn doch hätte ich noch Effie, die sicher über die Termine in Kenntnis gesetzt wurde.
Als wir den Raum verlassen, ist das  einzige, was ich mir merken konnte, dass es die letzten Hungerspiele geben wird. Ich dachte wir hätten mit dem Thema abgeschlossen. Paylor und die anderen Rebellen sehen das anscheinend anders. Klar, sie haben schließlich nicht an den Hungerspielen teil genommen.
Auf der Rückfahrt, male ich mir verschiedene Lösungen, die Hungerspiele zu verhindern, aus. Mir fällt nichts sinnvolles ein. Ich müsste das Volk dazu bringen, keine Vergeltung zu wollen. Sie würden mich nicht verstehen. Es ist auch schwer, einem 17 jährigen, in Selbstmitleid versinkenen, depressiven Mädchen zu glauben oder es wenigstens anzuhören.
Beim Abendessen läuft es nicht besser. In Gedanken versunken starre ich meinen vollen Teller an, der auch nachdem ich den Tisch verlasse und auf das Dach gehe voll ist. Ich kann gerade noch aufschnappen, dass Effie sagt, dass ich Magersüchtig sei und mehr essen solle, bevor ich auf das Dach klettere. Zu meiner Verteidigung, ich weiß nicht was magersüchtig ist - zugegeben, kann ich es mir denken -, noch weiß ich, wie es mir dabei behilflich sein soll, die Hungerspiele zu torpedieren.
Ich schaue dem Mond zu, wie er über die Häuser des Kapitols wandert, sodass ich Peeta erst bemerke, als er sich neben mich auf eine Bank setzt. Ich nehme seine Hand in meine und lege meinen Kopf auf seine Schulter. So schweigen wir einander an und ich bin froh, dass er die guttuende Stille nicht unterbricht.
Wir sitzen dort bestimmt 1-2 Stunden bis mir die noch kühle Frühlingsluft zu kalt wird und ich vorschlage schlafen zu gehen. Peeta willigt ein und wir machen uns auf den Weg ins Schlafzimmer.
Unten angekommen gehe ich ins Bad und mache mich fertig, danach schlüpfe ich unter die Samtdecke.
Peeta macht sich auch noch fertig und legt sich dann neben mich in das Bett. Ich lege meinen Kopf auf seine Brust und lausche gespannt seinem Herzschlag. "Es tut mir Leid, Katniss." flüstert Peeta und ich brauche einen Moment um zu verstehen, was ihm Leid tut. "Ich meine, dass ich dir nicht das geben kann, was du verdient hättest und dass ich nicht der Alte bin." "Ist schon ok." antworte ich mit rauer Stimme. "Schließlich wurdest du meinetwegen von Snow eingewebt und Snow ist tot." "Ja." sagt er und seufzt. Ich nehme seine Hand in meine und kuschle mich näher an ihn. Ich bin halb eingeschlafen, als Peeta sagt: "Du liebst mich. Wahr oder nicht Wahr?" Ohne zu zögern antworte ich mit: "Wahr" und schlafe in den nächsten Minuten ein.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 15, 2017 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Die Tribute Von Panem • Tödliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt