Der Rabenwald

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Ein paar Monate, oder vielleicht waren es ja auch Jahre, später.

"Hopp Hopp! Ab ins Bett mit euch"!
"Aber Mama, müssen wir schon schlafen gehen"?
"Aber ja, es wird höchste Zeit".
"Kannst du uns noch eine letzte Geschichte erzählen? Bitte Mama!"
"Na schön, dann ist aber genug für heute".
Eifrig nickten sie und dann begann ich auch schon zu erzählen.

Es ist noch nicht allzu lange her, als ich mich auf einen spontanen Spaziergang begab. Ich marschierte einen langen Weg am Rande einiger Felder entlang. Nach einer Weile hatte ich dann auch mein Ziel erreicht. Der Rabenwald. Ein schmaler Pfad schlängelte sich durch einigen Fichten hindurch und führte sogar an dem ein oder anderen Moor vorbei. Die Stämme der Bäume waren pechschwarz und auch ihre Blätter erschienen düster. Vom Boden aus schlängelten sich ein paar Giftpflanzen an den Bäumen hinauf.
Wo man auch hinsah, der Waldboden war stets bewachsen mit Moos. Hin und wieder schafften es ein paar andere Pflanzen durch den dichten Moosteppich hindurch. Zur richtigen Jahreszeit blühen sie in vielen verschiedenen Lila-Tönen. Na schön, genug mit dem Beschreiben. Ich ging also diesen schmalen Weg zwischen den Bäumen entlang und summte ein paar alte Lieder. Plötzlich hörte ich ein lautes Gekrächze. Als ich hinauf blickte, sah ich, dass überall über mir Raben auf den Ästen saßen. Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von ihnen. Ihre dunklen Augen funkelten mich böse an. Ich nahm an, ich wäre falsch abgebogen und hätte unbefugtes Revier betreten, aber dem war nicht so. Ich war mir durch und durch sicher ich hätte den richtigen Weg genommen. Eigentlich sollte ich mich gar nicht wundern, immerhin war ich ja im Rabenwald. Jedoch hatte sich seit meinem letzten Besuch einiges verändert. Denn dies war nicht immer so. Eigentlich hatte dieser Wald nur den Namen erhalten, da dort die meisten Pflanzen und Lebewesen die schwarze Farbe eines Raben hatten. Einige Jahre zuvor konnte man von Glück reden einen Raben zu Gesicht zu bekommen. Irgendwas musste sich verändert haben. Da liegt etwas in der Luft, soviel zumindest zu meinem Bauchgefühl. Dennoch, ich beschloss so zu tun als wäre nie etwas passiert und ging geradeaus weiter. Jetzt würde dann der kniffligere Teil kommen. Ein großer, dunkelgrüner, dampfender Sumpf. Diesen hieß es damals zu überwinden. Das Wasser blubbert vor sich hin und verlangt von einigen Fröschen ruckartig auf die Seite zu springen. Diese saßen meistens auf den Seerosen und genossen den stinkenden Gestank des Moores. Wenn sie es schaffen eine Fliege zu erwischen, so ist es durchaus möglich, dass sie die Farbe ändern. Vom knalligen Orange bis zum giftigsten Grün ist alles möglich. Völlig unerwartet stiegen alle Raben gleichzeitig in die Luft. Sie flogen auf mich zu als wäre ich gar nicht hier. Vielleicht sehen Raben ja nix. Auf jeden Fall begann ich zu rennen, denn man kann ja nie wissen was einem Raben gerade so durch den Kopf geht. Auszuweichen war zwischen den Bäumen gar nicht so einfach. Im diesem Moment bekam ich echt Angst. Einige der Raben ziehen mit rasendem Tempo über meinen Kopf hinweg, doch es scheint als hätten dies nicht alle geplant gehabt. Einige von ihnen flogen gerade auf mich zu. Ich duckte mich, aber es waren zu viele. Einen kurzen Moment bevor sie geradewegs in mich hineingeflogen wären, landen sie sanft auf dem Boden und nehmen die Gestalt eines Menschen an. Ich hätte es wissen müssen.
"Was fällt dir ein mir so einen Schrecken einzujagen?", frage ich sie. Und jetzt stellt euch vor, dass Einzige was sie zu sagen hatte war:      " Du hättest dein Gesicht sehen müssen". Im selben Moment brachen sie und ihre Freundinnen in ein lautes Gelächter aus. Das ist ja wieder mal typisch. Typisch große Schwester.

Und so sinken die gerade noch hellwachen Kinder in einen tiefen Schlaf. Träumt was schönes...

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