Kapitel 105

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"Hey Babe", begrüßte mich Alex mit einem flüchtigen Kuss zu Hause. "Hey, ich geh Caleb schnell baden, füttern, dann bring ich ihn ins Bett. Und dann haben wir den Rest des Abends für uns!", sagte ich mit leicht anzüglichem Unterton. Er grinste schief und nickte begeistert. "Achso, Steffan hat übrigens wieder angerufen", rief Alex, als ich dabei war Caleb zu baden. Ich verdrehte die Augen, sagte aber nichts weiter dazu. "Hast du gehört, Babe?", harkte er nach. "Jaja", sagte ich nur abwägig, "Mensch Caleb, Schatz, nun halt doch still!" Hinter mir hörte ich ein Kichern. Ich schnappte mir eins der Handtücher und schleuderte es nach hinten. Alex' kühle Hände fuhren von hinten um meine Hüfte und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab. Ich lehnte meinen Kopf an seinen und seuvzte. "Willst du nicht doch mal über Steffans Angebot nachdenken?" Ich sagte nichts sondern nahm Caleb aus der Wanne und nahm ihn, mit einem Handtuch, auf den Arm. "Josi", er klang beinahe vorwurfsvoll. "Nein, Alex, ich will momentan Steffan einfach nicht sehen. Er hat mir Jahre lang etwas vorgemacht und mich von vorn bis hinten belogen, obwohl er wusste wie viel mir das eine Zeit lang bedeutete", erklärte ich ruhig und ohne mich aufzuregen, um Caleb nicht aufzubringen. Er legte einen Arm um mich und zog uns an sich. Ich spürte seinen Kuss auf meiner Stirn und das Gefühl von Familie in seinen Armen. Er, Caleb und ich, ein stabiles Gebilde aus Liebe, Vertauen und gegeneitigem Respekt. Ich liebte Alex so sehr. Ihn und seine Art mir zuzuhören, mich und meine Grenzen zu respektieren, mit Caleb umzugehen und auch ihm seine Liebe zu zeigen.

"Das ist das erste Mal, dass er durchschläft", flüsterte Alex mir um ca halb drei Uhr nachts zu. "Und trotzdem bist du wach", flüsterte ich zurück. "Du auch." "Ja", ich grinste. Kurz war es ruhig. "Josi?" "Mhm?" "Ich liebe dich!" "Ich weiß, Babe, ich dich auch!" Er küsste mich liebevoll und fuhr mit einer Hand durch mein Gesicht. Liebevoll zusammengekuschelt schliefen wir fast zeitgleich ein.

Steffans point of view

Eine weitere schlaflose Nacht. Diese verdammten Schuldgefühle regen mich so dermaßen auf! Ich hätte es Josi schon viel früher sagen müssen, aber diese Erkenntniss kommt wahrscheinlich um einiges zu spät. Sie hatte auf keinen einzigen Anruf und auf keine einzige Nachicht von mir reagiert und ich glaube daraus ist nicht schwer zu erkennen, dass ich es so richtig bei ihr versaut hab! Es war Samstag, also hatte ich erstmal noch nichts zu tun. Ich spielte mit dem Gedanken bei Josi vorbei zu fahren und das persönlich mit ihr zu klären. Während ich duschte, fiel mir jedoch eine bessere Idee ein, was ich mit meinem Tag anfange.
Ich fuhr die Großbeerenstraße entlang bis zum Bahnhof Medienstadt. Dort fuhr ich dann auf die Schnellstraße und schließlich auf die A10. Ich fuhr eine Weile bis das Schild kam:

Glindow
Ausfahrt

Ich fädelte in die Spur ein und verließ die Autobahn. Es war September und die ersten Blätter begannen zu fallen. Auf der alleeartigen Straße zwischen Klaistow und Glindow lagen bereits einige Blätter. Ich bog rechts in Richtung Kammerode ab. Das kleine, gelbe Ortsschild stand kurz vor dem Friedhof. Kammerode war so verdammt klein! Es wurde einmal in der Mitte von der Hauptstraße durchzogen, doch auf der einen Seite wohnten deffinitiv mehr Leute, es sei denn man zählt Tiere mit. Im Ort bog ich links auf die mehr bewohnte Seite ein und parkte neben einer Koppel. Zwei Ziegen, ein Bock und und drei Lämmer tollten darauf herum. Ich lief noch ein paar Schritte und klingelte an einem weißen Haus mit einem kleinen Vorgarten. "Steffan, hey", begrüßte mich Ralf. "Hey Alter." Wir setzten uns draußen in den Garten hinterm Haus.
"Ralf, ich muss mal dringend mit dir reden!", sagte ich in einem ersten Tonfall, nachdem wir einen Kaffee getrunken hatten. "Was ist denn los?", etwas verunsichert sah er mich an. "Ich weiß, dass du nicht gern darüber redest, aber", begann ich. "Nein, Steffan, vergiss es! Ich habe oft genug über sie geredet, verstanden?", unterbrach er mich aufgebracht, "Es hat mich und meine Frau damals auseinander gebracht. Ich habe damals nicht nur mein Kind verloren!" "Ralf, verdammt, deine Tochter ist nicht tod! Sie lebt!", brüllte ich ihn beinahe an. Perplex sah er mich an: "Was?" In seiner ernsten Mine formte sich ein erleichtertes Lächeln. Er sprang auf und packte mich an den Schultern: "Sie lebt? Woher?" "Das wird mir jetzt wahrscheinlich nen Schlag in die Fresse einbringen, aber ich wusste es seid fünfzehn Jahren." Er ließ von mir ab und drehte sich überwältigt in Richtung des Gartens: "Du willst mir gerade weiß machen, dass du seit fünfzehn Jahren weißt, dass meine ,für tod geglaubte, Tochter lebt. Hab ich das richtig verstanden?" Er klang ernst, angespannt und wütend: "Um Gotteswillen!" Er fiel mir um den Hals. Mit der Reaktion hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Es dauerte ca fünfzehn Minuten bis Ralf sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte und sich wieder hinsetzte. "Aber wie kan das möglich sein?" "Naja, deine Frau wollte damals nicht mehr wirklich was mit dir zu tun haben. Sie wollte 'frei' sein und dich verlassen, aber sie wusste, dass du allein schon wegen Josi klammern würdest und ihr euch ständig sehen würdet, da du genau so ein Recht darauf hattest deine Tochter zu sehen wie sie. Also erfand sie die Lüge des Jahrzehnts, um dich loszusein. Ich weiß nicht wie sie es angestellt hat, aber wir alle haben damals geglaubt Josi wäre tod!", erklärte ich es ihm ungefähr so, wie Josis Mutter es mir erklärt hatte. "Und wie kommt es, dass du das alles weißt?" "Naja, vor ungefähr fünfzehn Jahren hab ich Josi und deine Exfrau bei so nem Event getroffen, dass unsere Agentur bewachte. Ich hab mich mit ihr unterhalten, unwissend dass die Kleine Josi war natürlich!Das hat sich dann erst im Laufe des Gesprächs rausgestellt. Sie hat mir dann irgendwann alles erzählt und mich gebeten dir nichts zu sagen. Wir haben uns ab und zu verabredet nachdem wir uns das erste mal trafen. Sie hatte mich dann um einen großen Gefallen gebeten oder besser gesagt: sie hat mir einen Deal vorgeschlagen. Du weißt ja wie es bei mir vor ca fünfzehn Jahren sozial und beruflich und alles aussah. Sie hatte mich gebeten auf Josi aufzupassen, aber nich nur so nen Nachmittag oder so. Nein, ich sollte sie den Tag überbegleiten, aber so, dass es niemandem besonders auffallen würde. Dafür würde sie mir im Monat 3 000€ blechen. Ich sollte eine Stelle an ihrer Schule als so eine Art Betreuer annehmen, um sie im Auge behalten zu können. Meine Arbeitszeiten entsprachen Josis Schulzeiten, sodass ich ihr auch nach der Schule folgen konnte. Erst hab ich nicht verstanden was das sollte, doch nach einem Monat gab es dann mehrere Vorfälle mit irgendwelchen Leuten. Naja auf jeden Fall hat Josi dann irgendwann den Weg zu Andis Studio gefunden und wollte unbedingt bei Enrico im Kiddie kurs anfangen. Seit dem trainiert sie bei uns. Gut mittlerweile hat sie gewechselt, aber sie hat ein unglaubliches Potential. Die ein oder andere Meisterschaft hat sie auch gewonnen, aber sie ist bestrebt sich weiter zu steigern. Du hast eine wunderbare Tochter, das ist prinzipiell das einzige wichtige was du wissen musst." Er nickte: "Das glaube ich!"

love a fighter - #Wattys2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt