64

362 12 0
                                    

Hope

Es ist Mitternacht, als ich auf meinen Wecker sehe.

So einen anstrengenden Tag, wie den von heute, mussten wir erstmal alle ausschlafen. Mrs. Richerts und meine Mum haben das Wohnzimmer mit ihren Mitternachtsgesprächen besetzt und Adam schläft bei mir im Zimmer. Sam ist spät Abends nach Hause gekommen, als er von allem mitbekommen hat. Auch er zeigt Verständnis gegenüber den Richerts und heißt sie herzlich Willkommen.

Ich lege mich wieder zurück in meine Kissen und starre die weiße Decke an, die von meiner Schreibtischlampe beleuchtet ist. Mein ganzes Zimmer ist dadurch beleuchtet und deshalb kann ich auch Adams schlafendes Gesicht betrachten, als ich mich auf die Seite drehe.

Seine Gesichtszüge sind entspannt. Sein Mund ist geschlossen, genau wie seine Augen. Man würde niemals von einem Jungen wie ihn glauben, was er heute alles erlebt hat. So zornig, wie sein Gesicht war. Und auch die Kraft, die er zeigte als er sich um seine Mutter kümmerte. Niemand würde so leben wollen. Niemand würde sich durch so ein Leben durchkämpfen.

Obwohl mir Adam sagte, dass er keinen Mitleid haben möchte, kann ich nicht anders, als ihn zu bemitleiden. Es ist menschlich, Mitleid zu haben, dafür kann ich nichts. Ich wünschte mir einfach, dass er nicht so aufgewachsen wäre und seine Kindheit genossen hätte. Ich wünschte mir, er hätte einen guten Vater gehabt, der für ihn da gewesen wäre, wenn er ihn brauchte. Ich wünsche mir soviel gutes für ihn.

"Hör auf mich so anzusehen." sagt er in seiner rauen Stimme.

Er hat seine Augen aufgemacht und mich beim Starren erwischt. Kurz gähnt er und streckt sich einmal ausgiebig. Natürlich landet dabei sein halber Arm auf meinem Gesicht, was er extra macht. Trotzdem muss ich lachen. Er grinst zurück und dreht sich so rum, dass wir uns nun gegenseitig anschauen können. Sein Arm liegt dabei auf mir.

"Gut geschlafen?" frage ich lächelnd.

Seine blauen Augen sehen mich abwartend an. Ich denke an die Zeit, in der ich Adam nicht leiden konnte. In der ich immer vor dem Fenster stand und mit ihm stritt. Er hatte immer den Obermacker raushängen lassen, wenn er mit mir redete. Es hat sich einiges geändert. Es hat sich vieles geändert. Allem voraus, meine Gefühle zu ihm haben sich verändert.

"Bei dir immer. Und du?" sagt er und grinst, so dass ich das eine Grübchen sehen kann.

Über seine Antwort muss ich ebenfalls Grinsen und bedecke sein Wange mit meiner Handfläche, um ihn zu ärgern. Ich tätschle ein paar mal drauf und lache über seine verzogenen Fratzen. Auch, wenn er meine Hand wegscheucht, lege ich sie Sekunden später wieder drauf. Und als er dasselbe bei mir macht, hör ich auf. Es sah aus, als würden wir vergnügen haben, uns beide auf die Wange zu tätscheln.

"Ich bin schon länger wach als du." sage ich.

Ich konnte irgendwann, wegen seiner Wärme nicht mehr ruhig schlafen. Adam macht sich immer gerne breit, so dass sein ganzer Körper meinen bedeckt. Der Arme merkt es ja selbst nicht, wie klein mein Bett für so einen Riesen, wie ihn und mir zusammen ist. Seiner Meinung nach, ist es auch bequem, wenn seine Beine auf mir liegen und mein Gesicht in der Nähe seiner Achsel gepresst wird.

"Du hast meine Frage nicht beantwortet. Wie hast du geschlafen?" fragt er nochmal deutlich.

Ich denke kurz über seine Frage nach und entscheide mich nicht dafür, ihn mit der Wahrheit zu informieren. Der ganze Tag war doch verrückt. Und anstrengend zugleich. Klar, sind es die Richerts, die wohl den Tag als schlimm ansehen und mit Verlusten handeln müssen. Verluste, im Sinne von Ehre, Familie, Geduld, Nerven, Blut, Schmerz und noch so einiges.

Aber wir alle haben heute etwas verloren. Ich versuche es nicht negativ zu sehen und starre Adam in seine blauen Augen. Ich lächele, weil ich weiß, dass ich mich heute verloren habe. In dem ich Adam meine Liebe gestanden habe. In dem ich mich endlich mal richtig geöffnet habe und ihn in mein Leben gelassen habe. Ich muss schmunzeln bei dem Gedanken, dass ich mich heute in Adam verloren habe.

"Ich habe noch nie besser geschlafen."

Difference between Badboy and FuckboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt