Kapitel 1

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Kapitel 1

„Morgen Mum.“, verschlafen tapste ich in die Wohnküche und ließ mich neben meine Mutter auf die Eckbank plumpsen. Meine haselnussbraunen Haare hingen mir wirr ins Gesicht und ich pustete die lästigen Strähnen genervt weg.

„Guten Morgen Schatz.“, begrüßte Mum mich und lächelte mir zu. Sie saß bereits vollständig angezogen am Tisch und schlürfte ihren allmorgendlichen Kaffee. Ich liebte diesen Geruch, würde allerdings niemals auf die Idee kommen selber das braune Gesöff zu trinken, schon allein bei dem Gedanken daran schüttelte es mich. Mühsam hievte ich mich wieder hoch und holte mir mein Müsli aus dem Schrank, dann brach ich förmlich wieder am Tisch zusammen.

„Wo ist Dad?“, fragte ich, während ich Milch zu den Körnern in meine Schüssel goss. Ein Schatten huschte über Mum‘s Gesicht, doch schon wenige Sekunden danach hatte sie ihr Lächeln wieder auf den Lippen, so dass ich meiner Wahrnehmung nicht wirklich traute.

„Schon im Büro.“, antwortete sie und stand auf. „Ich muss jetzt auch los Schatz, bitte beeil dich damit du nicht zu spät zur Schule kommst.“ Sie gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, kurz darauf hörte ich die Haustür ins Schloss fallen.

Nach dem Frühstück, machte ich mich fertig. Duschen, Zähne putzen, Anziehen, Schminken, Haare machen. So wie jeden Tag… Ich entschied mich heute für meine schwarze Röhre mit den Ledereinsätzen, dazu meine schwarze Bluse und meine derben Boots. Dann föhnte ich meine ohnehin voluminösen Haare, an deren Enden das haselnussbraun in blond auslief. Danach noch Wimperntusche, Rouge und etwas Lipgloss und schon war ich fertig. Ich schnappte mir meine Tasche mit den Schulsachen, die auf meinem Bett lag und lief die Treppe hinunter. In der Diele zog ich eilig meine heißgeliebte Lederjacke von der Garderobe und nahm meine Schlüssel vom Sideboard. Ich schloss die Haustür ab und lief zu meinem Wagen. Er war mein ganzer Stolz, ich hatte ihn von meinen Eltern bekommen, als ich den Führerschein gemacht hatte. Meine braune Ledertasche wurde unsanft auf den Rücksitz befördert, dann ließ ich den Motor an und machte mich auf den Weg zur Schule.

Als ich an der Schule auf den Parkplatz einbog, stahlen sich ein paar schwache Sonnenstrahlen durch die sonst graue Wolkendecke. Das hob meine Laune nicht sonderlich, schließlich musste ich quasi den gesamten Tag in der Schule  verbringen, da brachte mir das schöne Wetter jetzt nichts mehr. Ich befürchtete, dass es draußen immer noch relativ kühl war, deswegen zog ich meine Lederjacke an, hangelte dann meine Schultasche vom Rücksitz und setzte aus einer Laune heraus meine Sonnenbrille auf. Ich fand sobald die Sonne scheint kann man durchaus eine Sonnenbrille tragen, dazu war sie ja schließlich da, oder?

Ich stieg also mehr oder weniger missmutig aus dem Wagen, um einen weiteren Tag in der Schule zu verschwenden… Ich schloss das Auto ab und ging in Richtung Gebäude, wobei ich mir mehr Zeit als gewöhnlich ließ, da ich die Sonnenstrahlen, mochten sie noch so schwach sein, wenigstens ein bisschen genießen wollte. Ich lief also an der Backsteinmauer entlang, als ich plötzlich merkte, dass ich angestarrt wurde. Mir machte so etwas normalerweise nichts aus, ich wurde nicht wie die meisten anderen verlegen oder gar rot, ich starrte einfach ungeniert zurück. Ich hob meinen Blick um zu sehen wer mich da so intensiv musterte und bemerkte einen Typ, der mir noch nie begegnet war. Gemeinsam mit einer Gruppe von anderen Fremden stand er vor dem Schulgebäude im Schatten und beäugte mich. Das war noch milde ausgedrückt ich hatte eher das Gefühl er wollte jedes Detail von mir in seinem Hirn abspeichern. Die Tatsache, dass er mir nie zuvor begegnet war machte mich neugierig und ich musterte den fremden Jungen ebenfalls. Er musste etwas älter sein als ich, vielleicht 18 oder 19, ich war gerade erst 16. Er war groß, muskulös und hatte einen sehr schönen Teint. ‚Wie von der Sonne geküsst. ‘, dachte ich und grinste. Unter seinem weißen Shirt mit halblangen grauen Ärmeln sah man selbst von weitem sein stattliches Sixx-Pack. Er hatte verwuscheltes schwarzes Haar und einen silbernen Ring im linken Ohr. Alles in allem sah der Typ echt gut aus, das konnte ich nicht leugnen. Aus reinem Interesse ließ ich meinen Blick weiter über die Gruppe gleiten. Als erstes stachen mir zwei weitere Jungen ins Auge, sie waren beide ebenfalls braun gebrannt und muskulös, hatten schwarze Haare und waren groß, sogar noch etwas größer als er, der mich so intensiv ansah. Als nächstes blieb mein Blick an einem großgewachsenen Mädchen hängen, sie sah den Jungen sehr ähnlich und hatte schwarze Haare, die sie kinnlang geschnitten trug. Dann schob sich eine völlig andere Person in mein Sichtfeld, ein Mädchen, das ich sogar noch kleiner als mich selbst einstufte, mit kurzen struppigen schwarzen Haaren. Sie war sehr dünn, beinahe mager, aber das tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Sie hatte makellose weiße Haut, sehr zarte Gesichtszüge und große karamellfarbene Augen. Sie hatte ihre Hand mit der eines Jungens verschränkt, der in etwa dem gleichen Alter sein musste wie die andern Jungen, doch im Gegensatz zu ihnen, sah er sehr ernst aus. Er war dünn, allerdings immer noch muskulös und hatte blonde längere Haare, außerdem die gleiche seltsame Augenfarbe und blasse Haut, wie seine offenbare Freundin. Ein weiteres Paar dieser Art stand neben ihnen, ein Typ, der allem Anschein nach viel Zeit in den Besuch eines Fitnessstudios steckte, schwarzem Haar und eine blonde Schönheit an seiner Seite. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ihm unter keinen Umständen schlecht gelaunt im Dunklen begegnen wollte. Auch diese beiden hatten solche merkwürdigen karamellfarbenen Augen. Ebenso der letzte Junge der Gruppe, er war groß, blass und hatte bronzefarbenes verwuscheltes Haar und auch… diese Augen. Neben ihm stand ein Mädchen, das ich auf ungefähr 17 Jahre schätzte. Sie hatte die gleichen bronzefarbenen Haare, nur dass ihre bis zu den Schulterblättern reichten und gelockt waren, und auch die gleichen Gesichtszüge, wie der Typ neben ihr. Ich nahm an, dass die beiden wohl Geschwister sein mussten, anders konnte ich mir ihre ähnliche Erscheinung nicht erklären. Diese Personen verwirrten mich, sie schienen alle irgendwie unwirklich, als passten sie hier überhaupt nicht rein. Sie mussten neu hier sein, denn solche Leute blieben einem normalerweise nicht verborgen. Gefolgt von den Blicken des fremden Jungens betrat ich das Schulgebäude und machte mich auf den Weg zu Biologie II. Ich schüttelte den Kopf, diese Leute waren echt merkwürdig gewesen, aber nicht direkt unsympathisch, einfach nur anders als alle anderen. Ich verbannte meinen komischen Stalker und dessen Gefolge in die hinterste Ecke meines Gehirns, um mich auf den Unterricht konzentrieren zu können. Ich setzte mich auf meinen Platz am Fenster und legte meine Tasche auf den Stuhl neben mir. Seit mein bester Freund weggezogen war, saß ich in beinahe allen Kursen alleine. Ich legte meine Hefte und Ordner auf den Tisch und beobachtete lustlos, wie die anderen Schüler nach und nach eintrudelten.

Last Moment - Bis(s) zum letzten AugenblickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt