Kapitel 4

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Kapitel 4

Ich hatte furchtbar schlecht geschlafen und keine Ahnung wie ich den heutigen Tag überstehen sollte. Ich verschwand im Bad und ließ mich von dem waren Wasser berieseln. Diese Freude war allerdings nur von kurzer Dauer, da ich, um nicht wieder einzuschlafen, das Wasser auf eisig kalt stellen musste.

Ich stieg aus der Dusche und wickelte meinen bibbernden Körper in ein warmes weiches Frotteehandtuch. In meinem Zimmer sah ich prüfend aus dem Fenster. Es war wie immer nebelig grau. Ich schlüpfte rasch in eine schwarze Strumpfhose, einen ebenfalls schwarzen Rock, eine camelfarbene Bluse und schwarze Pumps. Ich föhnte meine langen Haare und packte meine Sachen für die Schule zusammen. Als ich in die Küche kam, waren meine Eltern beide bereits weg. Missmutig starrte ich den weißen Papierfetzen an, der auf dem Esstisch platziert war. Ich knüllte ihn zusammen und entsorgte ihn, ohne gelesen zu haben, was drin stand. Ich wollte es gar nicht wissen, wollte nicht wissen unter welchem Vorwand sie heute wieder nicht nach Hause kamen.

Der Appetit war mir gründlich vergangen. Ich räumte meine unbenutzten Sachen in den Schrank zurück und lief wieder in mein Zimmer. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch genug Zeit hatte mich gründlich zu schminken. Was ich allerdings nicht bedacht hatte war, dass meine rechte Hand ja eingegipst war! Ich bemühte mich ein annehmbares Make-up hinzukriegen und… versagte…auf ganzer Linie.

Gefrustet pfriemelte ich ein Abschminktuch aus der Packung und vernichtete das Chaos in meinem Gesicht. Dann heute eben ohne Make-up. Es war nicht so, dass ich mich ohne Schminke nicht hätte sehen lassen können, oder keiner mich mehr erkannt hätte, im Gegenteil ich wusste, dass ich auch ohne das alles sehr hübsch war, doch es war zu einer Art Maske geworden. Morgens, bevor ich in die Schule ging hatte ich mich geschminkt, die Claire für den restlichen Tag aufgesetzt und den Rest versteckt.

Plötzlich hatte ich das Gefühl hier weg zu müssen. Mein ‚Zuhause‘ schien mich zu erdrücken. Also schnappte ich mir meine Tasche und lief die Treppe hinunter, den Flur entlang und aus der Tür. Sie fiel hinter mir ins Schloss.

Überrascht hielt ich inne und blieb stehen. Neben meinem Auto, hatte ein weiteres geparkt. Ich kannte diese Sportkarosse. Aber das war unmöglich. Warum um alles in der Welt sollte Seth mich vor der Schule bei mir zu Hause abholen?

Die Tür auf der Fahrerseite öffnete sich und Seth stieg aus dem Wagen.

„Hi“, begrüßte er mich, mit seinem so typischen Macho-Grinsen.

„Hi… Was genau hat das hier zu bedeuten?“, versuchte ich möglichst gerade heraus den Grund für sein Kommen zu erfahren.

„Nichts, ich wollte dich abholen und  zur Schule fahren.“

„Ich habe ein Auto.“

„Ich weiß, aber in deinem Auto hast du mich nicht.“

„Ich weiß, und genau das ist der Grund warum ich mit meinem Auto fahren werde.“ Ich wandte mich meinem Wagen zu.

„Claire…“, er hielt mich an der Schulter fest. „Jetzt warte doch mal, komm schon. Sonst bin ich den ganzen Weg hierher umsonst gefahren.“, beschwerte er sich.

„Also wenn das dein einziges Problem ist, kann ich dir auch nicht helfen.“, meinte ich schulterzuckend. Ich schob mit spitzen Fingern seine Hand von meiner Schulter und stieg in meinen Wagen. Wär ja noch schöner, wenn ich mit jedem Typ mit fahren würde, der sich vor meine Haustür verirrt hatte!

Sichtwechsel:

Enttäuscht sah ich ihr nach, wie sie mit ihrem Wagen davon fuhr. Jedes andere Mädchen wäre ohne zu zögern eingestiegen. Aber nein, ich musste mich ausgerechnet auf das Mädchen prägen, dem ich anscheinend vollkommen egal war. Schlecht gelaunt, stieg ich in meinen Porsche und gab Gas.

Last Moment - Bis(s) zum letzten AugenblickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt