Kapitel 6: Der Streit

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Mit zitternden Händen stand Hermine vor dem Spiegel im Bad. Sie konnte nicht einmal ihren Zauberstab gerade halten, so müde und nervös war sie. In keinem ihrer Bücher stand auch nur eine Zauberformel gegen Blaue Flecken – besser gesagt Knutschflecke. Was würde sie bloß machen? Ihre Mitschüler wussten es ja, aber würden die Lehrer ein Problem damit haben? Sicherlich schon, schließlich hatten diese mit allen ein Problem...

Tränen stiegen in Hermines Augen. Vier Tage war sie hier und so ungefähr alles, was nur schieflaufen konnte, war auch schiefgelaufen... Dieser grauenvolle Schandfleck musste doch irgendwie weg gehen!

Aber bevor sie etwas machen konnte, ertönte der Weckruf und die magisch verstärkte Stimme sagte: „Aufstehen! In zehn Minuten auf dem Sportplatz!"

Wow, sie hatte ihre ganze Nacht damit verschwendet weinend im Bad zu kauern und verzweifelt nach Zauberformeln zu suchen, die ihr helfen würden, aber nichts gefunden. Wie sollte Hermine nur den Tag überleben – eine schlaflose Nacht und ein Knutschfleck waren kein guter Start in den Tag... Aber das brachte ihr jetzt auch nichts, sie musste aufstehen und in den Tag starten. Vorsichtig drückte sie die Türklinke runter und betete innerlich, das Malfoy schon weg war und tatsächlich war er nicht im Zimmer – zum Glück. Schnell wechselte Hermine ihre Snoopy-Jogginghose und das AC/DC Shirt durch die graue Sportuniform.

Als sie abgehetzt unten auf dem großen Sportplatz ankam, standen fast alle schon bereit. Und da war er auch – Malfoy. Auch wenn sie nicht wollte, musste Hermine sich neben ihn in eine Reihe stellen, denn die Paare standen immer nebeneinander. Wortlos schaute er sie mit seinem üblich kalten Blick an, aber als er erkannte, dass sie einen Schaal anhatte, um ihren Knutschfleck zu verstecken, zuckten seine Mundwinkel kurz nach oben.

„Anwesenheitskontrolle!", sagte die strenge Stimme von Mr Grithiff und standen alle stramm.

Langsam musterte er jeden Einzelnen von ihnen, als er dann ganz am Ende – bei Hermine angekommen – meinte: „57-10-2 vortreten!"

Das Mädchen trat mit zittrigen Beinen vor, nur ein Meter entfernt von Mr Grithiff, der nicht nur gefühlte drei Köpfe größer war als sie, sondern seine breiten Arme angriffslustig vor der noch breiteren Brust verschränkt hielt.

„Was ist das?", fragte er und deutete auf Hermines Schaal.

Hermines Herz schlug irgendwo in Kehlkopfhöhe, als sie krächzte: „Ich bin erkältet, Sir."

Mr Grithiff trat einen Schritt weiter auf Hermine zu und dann schrie er sie so laut an, wie Hermine noch nie angeschrien wurde: „FÜR WEN HALTEN SIE MICH, DASS SIE SICH ERLAUBEN MIR SO DRECKIG INS GESICHT ZU LÜGEN?!"

Mit seiner Hand riss er Hermines Tuch weg und sofort fiel sein Blick auf den Knutschfleck, der dunkelblau mitten auf ihren Hals prangerte. „ANTWORTEN 57-10-2!"

„Sir, es tut mir leid, Sir", krächzte Hermine und kämpfte mit ihren Tränen, das hier war das letzte, was sie jetzt gebracht hatte. Aber anstatt es gut zu lassen, wendete Mr Grithiff sich zu den anderen, ebenso Wut geladen: „DAS GLEICHE GILT FÜR SIE ALLE! FÜR WEN HALTEN SIE MICH?!"

Alle starten eindringlich auf den Boden, denn sie wussten genau, was Mr Grithiff meinte.

„DENKEN SIE, SIE KÖNNEN UNBEMERKT EINE PARTY STARTEN?! DAVON ABGESEHEN, DASS SIE DIE BEWEGUNGSMELDER IN DEN GÄNGEN VERRATEN HABEN SEHEN SIE ALLE AUS, ALS HÄTTEN SIE WOCHENLANG NICHT GESCHLAFEN! VERTEIDIGEN SIE SICH, 57-4-2!"

Ginny zuckte zusammen und antwortete genauso kleinlaut wie Hermine: „Sir, ich kann es nicht, Sir."

„UND SIE SOLLEN IN ZUKUNFT UNSERE ELITE UNSERER GESELLSCHAFT WERDEN?! WOHIN SOLL DAS FÜHREN, 57-8-1?!"

„Sir, ich wie es nicht, Sir", krächzte Terry mit Gesicht zu Boden.

„WENN DERARTIGES FEHLVERHALTEN NOCH EINMAL AUFTRITT, DANN FLIEGEN SIE ALLE SCHNELLER VON DIESEN INTERNAT ALS SIE „AUROR" SAGEN KÖNNEN, IST DAS KLAR?!"

Niemand traute sich etwas zu sagen.

„ICH FRAGTE, OB DAS KLAR IST?!"

„Sir, ja, Sir!", antworteten alle im Chor.

„Und jetzt 10 Runden rennen!"

***

Das monotone Reden von Mrs Arden-Henderson halte von den Steinwänden wieder. Die alte Dame stand vor der großen Tafel und die verzauberte Kreide notierte verschiedene Verwandlungsformeln, die Mrs Arden-Henderson ihr diktierte. Hermine, die sonst so ehrgeizig war, hatte gerade eher damit zu tun, ihre Augen auf zu halten als sich wirklich zu merken, was auf der Tafel notiert wurde. Anscheinend war sie aber nicht die Einzige, die todmüde war, denn als Hermine ihren Blick im Klassenzimmer schweifen ließ, erkannte sie nichts außer todmüden Gesichtern. Nur zwei Leute schienen gewaltig ihren Spaß zu haben – Malfoy und Pansy. Die beiden schrieben schon die komplette Doppelstunde Zettel. Was gab es denn jetzt so Wichtiges zu klären? An sich wäre Hermine es egal gewesen, wenn Malfoy nicht aufpassen würde, aber sie waren ein Team, saßen auch im Unterricht nebeneinander und sollten am Ende der Ausbildung ihre Prüfungen zusammen ablegen. Und schon in den ersten Stunden nicht aufzupassen war keine gute Idee.

Gerade als der Slytherin schon wieder kicherte wie ein kleines Kind – zum gefühlten 1 000 000 Mal heute – konnte Hermine sich nicht mehr zurückhalten. „Was gibt es denn so wichtiges mit Pansy zu besprechen?", flüsterte sie ihm zu, wobei man deutlich hörte, wie sehr es sie aufregte.

„Nichts was Leute wie dich angeht", sagte Malfoy abfällig und kritzelte mit seiner Feder ein paar Worte auf das Stück Pergament.

„Falls es dir nicht aufgefallen ist, sind wie ein Team."

„Und selbst wenn", meinte er, während er den Zettel wieder zu Pansy warf, die ihn sofort öffnete und ihr schrilles Kichern durch leise Klassenzimmer hallte.

„Was gibt es denn so unterhaltsames, 57-3-2? Wollen Sie es mit uns teilen?", fragte Mrs Arden-Henderson und drehte sich weg von der Tafel. Doch bevor Pansy antworten konnte, läutete es – endlich war der Tag geschafft.

Schnell packte Hermine die Schulsachen in ihre Tasche und als sie sah, dass Malfoy schon aus dem Raum ging, beeilte sie sich doppelt – sie musste noch ein ernstes Wörtchen mit ihm reden.

„Malfoy warte!", rief Hermine, als sie dann endlich auf dem Gang angekommen war, der Junge aber schon fast am anderen Ende.

Genervt drehte er sich um und fragte: „Was ist, Granger?"

„Ich muss mit dir reden", japste sie Atemlos, da sie gerade bis zu ihm gerannt war.

„Falls du es nicht bemerkt hast, machst du das gerade."

„Du weißt genau, was ich meine. Du sollst im Unterricht aufpassen, wir müssen in sechs Monaten eine Prüfung darin ablegen und am Anfang nicht aufzupassen ist der größte Fehler, den man machen kann, weil man dann den nächsten Stoff auch nicht versteht."

„Na ja, es gibt dabei nur ein potentielles Problem, das ich erkenne", sagte er und blieb auf der Treppe stehen, „das Problem steht zwei Stufen unter mir."

Hermine klappte der Mund auf. Das hatte er nicht gerade wirklich gesagt?

„Ich? Wieso bin ich ein Problem, wenn ich an unsere Zukunft denke", japste sie, während sie sich an dem Geländer festhielt, da sie sonst umfallen würde.

„Das ist es! Unsere Zukunft – es gibt kein wir oder uns. Mehr als Partner sind wir nicht, Granger! Und wenn du glaubst dich wie mein Babysitter verhalten zu müssen, dann hast du dich gewaltig geschnitten! Ich lass mir auch nach dem Krieg nichts mehr von Schlammblütern wie dir was sagen, vor allem nicht von dir!"

Seine grauen Augen funkelten so voller Hass, Hermine hatte richtig Angst.

„Wir können es auch lassen, Malfoy, so möchte ich auch keine Ausbildung machen."

The Dreamteam?! ~DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt