Die etwas verkorkste Weihnachtszeit

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Liebe Gina, hier ist deine Wichtelgeschichte. Sie ist länger geworden, als ich sie eigentlich geplant habe, aber ich denke das macht dir nichts aus. Ich habe versucht möglichst viel miteinzubringen, dass du gerne magst, aber gegen Ende wurde es einfach zu viel und mir hat die Zeit gefehlt, um noch einmal darüber zu schauen. Ich hoffe, dass dir die Geschichte trotzdem gefällt und ich dir Weihnachten ein wenig verschönern kann. 

Fröhliche Weihnachten und alles Liebe, Michelle 


Mit tauben Fingern drehte er an einem der vielen Knöpfe des Radios und Sekunden später verstummte das Weihnachtslied, das soeben noch in voller Lautstärke das Innere seines Autos erfüllt hatte. Der Geruch von Lebkuchen lag in der Luft und die Heizung seines Sitzes sprang nicht richtig an, weshalb er auch in seiner dicksten Winterjacke fröstelte. Hektisch, um all die Schneeflocken aus seinem Sichtfeld zu vertreiben, fuhren die Scheibenwischer von einer Seite zur anderen.

Seine kalten Finger schlangen sich fest um das Lenkrad, das sich unter seinen Händen unangenehm kühl anfühlte. Es vibrierte leicht und als die Ampel, nur wenige Meter von ihm entfernt, auf Rot schaltete, nahm er den Fuß vom Gaspedal. Noahs Finger trommelten auf das Lenkrad, er legte den Kopf leicht schief und dann drehten seine Finger ein weiteres Mal an den Knöpfen des Radios. In der Hoffnung auf gute Musik, die die zähe Fahrt nach Hause erträglicher machte, klickte er sich durch die verschiedenen Radiosender. Ein alter Song von Michael Jackson erklang, doch er klickte weiter und blieb am nächsten Sender hängen, der über einen Schneesturm informierte, welcher sich in den nächsten Tagen über ganz England legen sollte. Die piepsige Stimme der Nachrichtensprecherin verstummte und Noah wechselte den Sender, während sein Blick gleichzeitig nach draußen glitt. Über das leise Rauschen seines Radios hinweg, konnte er das Heulen des Windes hören. Kalte Luft zog durch die Fensterscheiben herein ins Auto und vereinzelnd blieben einige Schneeflocken am Fenster hängen. Die Straßen waren bereits von einer dicken Schneeschicht bedeckt worden und wenn es die nächsten Tage so weiter schneite, dann würde der Schneesturm ganz London einschneien.

Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie es dann auf den Straßen zugehen würde, denn immerhin war schon jetzt die Hölle los und er hatte keine große Lust darauf, bald eine halbe Ewigkeit alleine in seinem kalten Auto zu verbringen. Das helle Licht der Ampel, wechselte von Rot auf Grün, doch Noahs Auto blieb an derselben Stelle stehen, an der es auch vor wenigen Minuten schon gestanden hatte. Genauso wie der kleine Wagen vor seinem. Er seufzte, fuhr sich durch das Haar und blickte durch den Rückspiegel, nur um zu erkennen, dass sich hinter ihm bereits einige Autos eingereiht hatten. Ein Hupen erklang, die Ampel schaltete wieder auf Rot um und erneut wurde Noahs Auto von einem tiefen Seufzen erfüllt. Das einzige, das er in diesem Moment wollte, war endlich nach Hause zu kommen, sich aus seinen dicken Wintersachen zu schälen und es sich mit Amelia in ihrem warmen Wohnzimmer gemütlich zu machen. Er würde ihr sogar den Rücken massieren, all die Verspannungen lösen, ohne, dass sie ihn auch nur mit einem Wort darum bitten musste.

Bestimmt machte sie sich schon Sorgen um ihn, lief unruhig in ihrem großen Wohnzimmer auf und ab und blickte mit besorgter Miene nach draußen. Er wusste, dass sie es nicht gut fand, wenn er bei schlechtem Wetter so lange weg war, doch Amelia wusste auch, dass die Supermärkte zur Weihnachtszeit und besonders bei solch schlechtem Wetter regelrecht überfüllt waren. Man musste viel Glück haben, um noch einen freien Parkplatz oder gar einen Einkaufskorb zu erwischen. Dieses Glück hatte Noah heute gehabt, aber weniger Glück hatte er mit dem gehabt, was auf seiner Einkaufsliste geschrieben gestanden hatte. Ratlos war er vor leeren Regalen gestanden, hatte auf seine Liste geschaut und all das in seinen Korb gepackt, was noch zu finden gewesen war. Dann war er zu einem anderen Supermarkt gefahren, bei dem das Glück ihn etwas anders erwischt hatte. Seinen Wagen hatte er einige Straßen entfernt parken müssen, es war kein Einkaufskorb mehr übrig gewesen, aber dafür hatte er alles gefunden, was auf seiner Liste noch übrig gewesen war. Mit voll beladenen Armen und einem genervten Seufzen, hatte er sich in die lange Warteschlange der Kasse gestellt und nun saß er hier. Die Tüten mit den Lebensmitteln lagen neben ihm auf dem Beifahrersitz und die Digitaluhr seines Autos zeigte ihm, dass bereits die erste Stunde des heutigen Nachmittages angebrochen war.

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