[Kapitel 19]
Meine Welt blieb für einen Moment stehen.
Stille, die mein Leben füllte.
Leere, die durch mein Blut floss.
Enttäuschung.
Meine Blicke wanderten sturr zur Tür und meine schweren Beine liefen dahin. Schritt für Schritt spürte ich einen komischen Schmerz in meiner Brust und einen Atem, der mir sehr laut vorkam. Ich verspürte Schmerzen.
Als ich vor der Tür stand, blickte ich leicht seitlich und schaute den Boden an.
Ich spürte die Leere in mir.
Das Unvollkommene.
Unüberlegen fasste ich die kalte Türklinke an und klammerte meine Hand um sie. In der nächsten Sekunde öffnete ich die Tür und setzte einen Fuß raus. Mein Fuß fühlte sich sehr schwer an, wie Beton. Ich kam langsam zu mir, als ich Menschen sah und lief anschließend so raus, als ob nichts wäre. Ich stand mit dem Rücken zur Tür und schloss sie, ohne mich umzudrehen, mit meiner Hand. Leise und ungewollt.
Er hat mich die ganze Zeit gehört, ich habe mein schlechtes Gewissen rübergebracht und mich gegenüber ihm geöffnet. Niemals würde ich das freiwillig tun! Seine Hand habe ich genommen, seine Hand! Die Hand, die mich verfolgt hat. Ich wurde einfach emotional, aber er. Er ruinierte alles. Jetzt gibt er mir erst Recht das Gefühl, dass ich schuld bin an dem Unfall. Warum zog er seine Hand einfach weg? Niemals würde ich sie freiwillig anfassen! Kann er sich überhaupt erinnern, dass wir als letztes miteinander geschrieben haben? Ist er wütend, dass er wegen mir im Krankenhaus liegt? Was, wenn ich nicht einmal der Grund bin? Was, wenn er einfach durch einen anderen Grund unaufmerksam war?
Oder war es der Inhalt meiner Nachricht, die ihn beschäftigt hat? Und wenn, wie schnell kann er sich bitte daran erinnern? Gestern hieß es, es sei ein schwerer Autounfall. Schwer? Das einzig schwere ist sein Verhalten. Warum war er so zu mir? Wie hoffnungsvoll ich seine Hand wieder nahm, als er meinen Namen mit letzter Kraft sagte.
Gönül.
In dem Moment dachte ich nur, bitte sag das noch einmal.
„Hallo?" Erst jetzt realisierte ich, dass vor mir eine Schwester stand und mich bemusterte. Sie hatte eine Brille, die sie die ganze Zeit hochschob, weil sie rutschte.
„Geht's Ihnen gut? Sie sehen so bleich aus und zittern." Ich kam zu mir, als sie das sagte und schaute auf meine Hände, die leicht zitterten. Warum auch? Ich hasse diese Eigenschaft an mir!
Gönül:„Ich bin einfach nur ungeschminkt! Warum interpretieren Menschen immer so viel?" Genervt ging ich weg.
„Nur bescheuerte Menschen hier" flüsterte ich, während ich weiterlief.
Ich nahm die Treppen und rief eine Person an, die meine Aufmerksamkeit eher verdient hätte. Es klingelte.
„Hallo?" Er hörte sich einwenig besser an als gestern. Ich beruhigte mich wieder, als ich seine Stimme hörte.
Gönül:„Berk? Wie geht's dir?" Ich lief schnell zur Glastür, die mir jemand freundlicherweise offen hielt.
Gönül:„Danke." Endlich setze ich einen Fuß raus.
Berk:„Besser, aber wo bist du?" Ich blieb stehen. Sollte er erfahren, was mit Rüzgar los war? Warum denn auch nicht?
Gönül:„Im Krankenhaus, Rüzgar hatte einen Autounfall gehabt gestern, aber ihm geht's gerade gut." Ich lief zur Bahn.
Berk:„Okay. Seid ihr alle gerade dort?"
Gönül:„Nein, ich laufe gerade zur Bahn."
Berk:„Warst du alleine bei ihm?" Ich lief langsamer und schaute die Gegend an.
Gönül:„Nein, Fatma ist hier." Lüge! Ich habe ihn angelogen. Aber es musste sein, bevor er es falsch versteht und wieder Komplikationen entstehen zwischen Rüzgar und Berk oder gar den Familien. Warum Schwierigkeiten entstehen könnten? Weil Berk meine Familie mag und andersrum. Ich weiß, dass er mich nicht nur wie eine normale Freundin behandelt, sondern mehr im Spiel ist - seinerseits. Dieses Thema muss ich nochmal aufgreifen, denn seine Liebeserklärung wartet leider auf meine.
Meine wird es immernoch nicht geben.
Berk:„Ich bin übermorgen in Stuttgart. Wenn du willst, können wir uns treffen. Muss dich sehen." Ich bekam ein leichtes Herzklopfen, als er das sagte. Er müsse mich sehen? Was wird diesmal denn anders sein, dass er mich unbedingt sehen will?
Gönül:„Okay Dienstag passt." Dann werde ich unsere Freundschaft übermorgen unterstreichen und ihm somit eine Antwort geben. Dieser Stress, die ganze Zeit! Ich stieg in die Bahn ein und versuchte mit meinen Kopfhörern und Musik mich abzulenken.
Seine Worte trafen mich. Aber wer ist er, dass ich ihn so ran an meine Gefühle lasse? Mit solchen Gedanken versuchte ich mich aufzurappeln. Als ich bei meiner Station ausstieg, ging ich zum Bäcker und kaufte frische Brötchen.
Bäcker:„Vielen Dank, schönen Sonntag Ihnen!" Er lächelte mich freundlich an und ich erwiderte dies kurz. Schön wird er nicht mehr. Ich versuchte meine ganzen Gedanken zu verdrängen, aber aus Prinzip hörte mein Gehirn nicht damit auf. In solchen Momenten wünschte ich, meinen Kopf einfach gegen etwas zu hauen, sodass er an nichts denkt. Diese Schmerzen nehme ich gerne in Kauf. Viel lieber als Rüzgar's letzte Worte zu mir.
Zu Hause angekommen traf ich meine Mutter, die das Frühstück vorbereitete.
Anne:„Ah, warst gar nicht zu Hause." Kader und Baba schlafen noch, womit ich nicht gerechnet habe. Obwohl; Kader ist sowieso ein Langschläfer mit ausgeprägten Schönheitsschlafen und Baba arbeitet 24/7 und obendrauf noch gestern den Weg zum Krankenhaus. Ich wünschte, ich wäre auch am Schlafen. Was treibt mich auch an, nach Stuttgart zu fahren? Nicht einmal seine Verlobte Fatma war dort um diese Uhrzeit. Nicht einmal ein scheiß Arzt, der mir konkret sagen könnte, wie der Unfall zu stande kam. So 50/50 Sachen bringen mich nicht weiter. Nichts bringt mich weiter! Alles ist gleich. Auch Rüzgar! Immernoch das selbe Rätsel wie davor auch. Mal so, mal so. Schon lustig, wie er im Park die Mühe machte und mir hinterher kam, wie er mir klar macht, mich irgendwie zu beschützen, auch wenn er das nicht direkt erwähnt hat. Wie oft hat er mir in die Augen geschaut und wirres Zeug geredet? Wie oft habe ich meine Zeit damit verschwendet, leere Worte anzuhören? Es ist meine Schuld, ihn überhaupt meine Aufmerksamkeit zu schenken. Was denkt er wer er ist?
Anne:[...] warum schaust du den Boden so an? Tozmu var?" Ich blickte herauf und sah große Augen, die mal mich, mal den Boden anschauten.
Gönül:„Öyle daldım. Ne yapmalıydım yine?"
Anne:„Rühreier wolltest du doch haben, hast es ja erwähnt. 4 Eier würden reichen, tuzu unutma." Ich lies Butter in einer Pfanne schmelzen.
Gönül:„Warum sollte ich das Salz vergessen?" Diesen Satz hat sie davor nie gesagt.
Anne:„Keine Ahnung, kann ja sein. Vielleicht kannst du ja schon mal üben, wenn deine Liebe zu eure Versprechung kommt, da tut man ja in seinen Kaffee viel Salz rein." Sie lachte und schnitt die Tomaten in Scheiben.
Gönül:„Vay Anne. So offen kenne ich dich ja nicht. Hem, ich würde in seinen Kaffee nichts rein tun. Nicht, weil er mir in dieser Situation leid tuen würde, sondern weil es nie so weit kommen wird!" Das war ernst gemeint. Solche Späße mochte ich nie und will ich auch nicht mögen. Ich will mein Leben leben, ohne zu planen. Ohne Hoffnungen, ohne leere Worte.
Ich tat die Eier in die Pfanne und bereitete es vor. Obendrauf noch Käse geschmolzen und fertig. Diesen Anblick habe ich wirklich vermisst, die letzten Monate waren einfach nur Stress pur. Schule, Arbeit, Familie. Die Rubrik "Familie" insbesondere Familie Özer inklusive Fatma haben mich so fertig gemacht. Unglaublich, wenn ich an den Anfang zurückdenke, wo er allen Ernstes mich mit meiner Familie erpresst hat, nur damit er sich von meiner Cousine trennt. Das ganze hört sich einfach nur lächerlich an, da ist bestimmt was an der Sache. Immernoch. Von meiner Neugierde damals ist keine Spur mehr heute. Ob sie jetzt tatsächlich heiraten oder nicht, ob es Liebe ist oder nicht; Yolları açık olsun. Gönül Balcı tritt herzlich von dieser Geschichte aus.
Gönül:„Ich ziehe mir etwas Bequemes an." In meinem Zimmer angekommen zog ich mich um und lies mich auf's Bett fallen. Erst jetzt merkte ich, wie müde ich tatsächlich war..
Kader:„Abla, steh doch auf!" Ich fühlte Hände auf meinem Arm, die mich leicht hin- und herrüttelte.
Gönül:„Was?" Ich kam zu mir und realisierte, dass ich einfach eingeschlafen bin.
Kader:„Fit Me oder Pro Longwear?"
Verdutzt schaute ich sie an, ich verstand nichts.
Gönül:„Ne diyorsun Kader?" Ich versuchte, aufrecht zu sitzen und gähnte dabei.
Kader:„Deine Augenringe müssen weg. So kannst du dich nicht blicken lassen." Sie stande auf.
„Wow. Soll ich mich für mein zu Hause schminken oder was? Sehen die Wände etwa meine Augenringe?" Sie lachte einwenig, ich musste mein Schmunzeln unterdrücken.
Kader:„Die Krankenhauswände warten sehnsüchtig darauf. Hadi kalk, hazırlan wir gehen. Ich mach dir in der Zwischenzeit ein belegtes Brötchen, hast einfach dein eigenes Frühstück verschlafen." Meine Blicke wanderten zur Tür und dann wieder in Kader's Augen, die heute dezent geschminkt war.
Gönül:„Ich komme nicht."
Kader:„Immer sagst du, dass du nicht kommst. Diesmal geht's um etwas Ernstes, Rüzgar Abi liegt dort. Fatma geht's sowieso schlecht und seiner Familie-"
Gönül:„Ihm geht's gut." Fragend schaute sie auf mich runter, ich schaute weg und nahm mir mein Handy, um die Situation zu überspielen.
Kader:„Woher willst du das wissen?" Genau vor dieser Frage wollte ich entweichen. Gönül:„A-also bestimmt. Du kennst ihn ja und der Arzt gestern meinte ja auch etwas Positives." Hoffentlich würde sie das einfach hinnehmen. Ich ging auf Instagram und scrollte unnötig runter, Hauptsache Kader geht raus.
Kader:„Man weiß ja nie." Das waren ihre letzte Worte, sie ging raus und ich tat mein Handy weg.
So wie er meine Hand heute wegtat und verletzende Worte von sich gab, geht's ihm ja gut. Da machte ich mir keine Sorgen. Krass, wie emotional ich heute morgen war, ich meine ich habe es gewagt, ihn einfach mal zu besuchen, geschweige denn seine Hand zu halten. Ich. Seine Hand. Halten. Wie mutig und selbstsicher ich denn war. So etwas darf nie wieder passieren, er ist schlichtweg ein falsches Wesen.
Während meine Familie wegfuhr, ging ich in die Küche und bereitete mir Essen vor.
Der Sonntag verging mit Essen und Serie. Mein Handy war auf Flugmodus, da ich echt keinen Bock auf Menschen hatte. Ja, meine Erdbeerwoche traf ein. Tamda zamanında. In 5 Tagen ist der große Abiball, bis dahin müssten meine Tage vorüber sein.
Um schlimme Bauchschmerzen vorzubeugen nahm ich eine Tablette und machte es mir gemütlich, bis es klingelte.
„Off!" Es war meine wundervolle kleine Schwester.
Gönül:„Hast du keinen Schlüssel?"
Kader:„Freut mich auch, dich zu sehen." Ich lief zurück in mein Zimmer und schaute die Serie zu Ende. Komisch, Kader kam mir nicht einmal hinterher, wie sie es sonst immer tut. Nach 20 Minuten stande ich auf und räumte die Teller in den Geschirrspüler.
Anne:„Hast ja die ganze Küche aufgegessen." Ich antwortete nicht's, weil ich die unkontrollierte Zicke in mir spürte. Wer hat das denn nicht?
Anne:„Anladım. Brauchst du eine Wärmeflasche?" Dieser Satz machte mich glücklich zu hören, weil sie sich um mich sorgte. Ich umarmte sie.
Gönül:„Nein danke annem." Vielleicht war ich ja deshalb heute morgen emotional. Sonst hätte ich niemals freiwillig seine "tolle" Hand gehalten. Meine Mutter streichelte mir sanft über den Rücken.
Kader:„Gönül!" Sie rief mich aus ihrem Zimmer, ich ging dann auch rüber.
„Weißt du wo meine Blumenbluse ist?" Ich schüttelte mit dem Kopf und schaute mich in ihrem Zimmer um. Ihr Tisch voller Schminke zog meine Blicke zu sich.
Kader:„Rüzgar Abi geht's gut, falls du das hören möchtest." Ruckartig drehte ich mich zu ihr um.
Gönül:„Ich habe doch nicht danach gefragt." Das machte mich irgendwo aggressiv, als ob ich die ganze Zeit darauf warten würde.
Kader:„Kann ja sein. Sonst schaust du dich nie so lange bei mir im Zimmer um."
Gönül:„Oldu canım. Rüzgar ist der Grund, warum ich dein Make Up so angucke. Aynen öyle." Ich rollte mir die Augen und verschwand aus ihrem Zimmer.
»Falls du das hören möchtest.« Ich will rein gar nichts hören, weder von Rüzgar, noch von Fatma oder Berk. Ich will nur meine eigene Familie bei mir, so wie die ganzen Jahre davor auch. Von anderen will ich nichts hören, sie interessieren mich nicht.
Ich schmiss mich auf's Bett und chillte nur noch. Nachdem wir Abend gegessen haben, nahm ich mir mein Handy und schrieb mit Esra. Morgen würden wir uns treffen, um Kleider zu kaufen. Leider freute ich mich nicht einmal darauf, ich weiß nicht. Irgendwas bedrückte mich. Meine Hormone bestimmt. Vielleicht tut es ja gut, mit Esra ein bisschen zu reden. Wir kennen uns ja sowieso lang genug und hatten gemeinsame Höhen und Tiefen überwunden. Ich war nie eine Person, die ihre Probleme direkt Preis gibt. Wenn jemand sieht, dass mich etwas bedrückt und ich dieser Person wirklich vertraue, öffne ich mich. Sonst hat es niemanden zu interessieren, was ich so durchmache.
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Gönlümün Efendisi
RomanceDer Herr meines Herzens. Meiner Liebe. Meiner Tränen. Meiner Geschichte. ___ Diese Geschichte ist mit keiner anderen auf Wattpad zu vergleichen. Hier kommen die wahren Gefühle hoch. Diese Geschichte wird ganz andere Spuren hinterlassen. Ganz andere...