1. Traum

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Ich ging über eine Wiese. Das Gras war braun und der Boden hart. Er war gefroren. Ich schaute in die Ferne. Irgendwo hier musste er sein. Er hatte sich versteckt und ich musste ihn suchen. Dieser Junge. Ich kannte ihn seit ich klein war. Wir haben oft zusammen im Wald gespielt. Nun waren wir beide 15. Ich hörte ein Rascheln und drehte mich in die Richtung aus dem es kam. Doch niemand war da. Ich drehte mich wieder um und wollte weiter gehen, als ich von hinten gepackt wurde. Er presste mich an sich und wir sanken lachend zu Boden. Er beugte sich über mich und wir kamen uns immer näher. Ich schloss meine Augen und wartete. Doch jetzt schreckte er hoch, denn ein Horn erklang. Wir lebten in Kriegszeiten und immer wenn dieses Horn erklang mussten sich alle Männer auf dem Platz aufstellen. Und zu den Männern gehörte auch er. Er half mir hoch und ich sah in seine Augen. Diese Augen. Wir rannten zurück zum Dorf. Und nun erfüllte sich mein grösster Albtraum. Er wurde ausgewählt. Das hiess, dass er morgen auf ein Schiff gehen würde. Und vielleicht nie mehr nach Hause kommen. Ich brach zitternd zusammen. Er stürzte auf mich zu und nahm mich in den Arm. Er wiegte mich hin und her und summte eine Melodie. Das war unsere Melodie. Am nächsten Morgen betrat er das Schiff. Und zwei Tage später starb er. Durch eine Axt im Nacken. Ich sah es im Traum. Und als er nie mehr zurück kehrte war es sicher. Ich sah seine Augen, schmerzerfüllt. Und wie sie immer leerer wurden. Und dann kalt.

Shadow DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt