Kapitel 15 Brechen

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Ich glaube nicht an die Liebe. Zumindest nicht an Eine, welche das ganze Leben halten kann. Es scheint mir einfach so unmöglich. Unmöglich ist es einen Menschen sein ganzes Leben, für mehrere Jahrzehnte, aufrichtig und ohne Pause zu lieben, zu schätzen, zu respektieren, zu vertrauen. Aber wie ich nun in diese Augen sehe welche bloss mit diesem Schmerz gefüllt sind, weil sie jemanden verloren hat, welchen sie so liebte, scheint es fast so als könnte ich meine Meinung ändern.

Es scheint jedoch nur so.

Stattdessen sehe ich weg und schaue in das vom Dunkel verschluckte Grün. Will Rogers Memorial Park.

Ava lehnt sich an einen Baum an, welcher in einem kleinen Wald von Büschen versteckt ist. Zumindest der erste Meter von diesen zehn.

Ich lege meine Hand an ihren kühlen Nacken und beobachte erneut mit besorgtem Blick ihren zitternden Körper.

Sie macht sich selbst so unglaublich kaputt, bis sie nicht mehr in der Lage ist die Dinge zu praktizieren welche sie liebt und ich bin mir sicher, sie liebt es an den Flügel zu sitzen und die wohl schönsten Töne zu erschaffen. Auch wenn es jetzt nicht mehr das Gleiche ist.

"Es tut mir leid", flüstert sie, "Ich mache alles kaputt", flüstert Ava weiter voller Scham.

Du zerstörst bloss dich.

"Ich bring dich nach Hause" sage ich, ohne auf sie ein zu gehen.

Das stimmt nicht oder sag sowas nicht versuchte ich schon am Telefon und bin mit Erfolg gescheitert.

Ich hebe sie hoch und trage sie zum Auto wie ich Suri vor einigen Wochen in ihr Zimmer getragen habe.

"Ich bin müde Liam", murmelt Ava in meine Brust.

Als ich sie zwei Minuten später auf dem Beifahrersitz setze rollt sie sich so klein wie es nur möglich ist zusammen. Als ob sie dann von nichts und niemandem auf dieser weiten Welt angegriffen werden kann, nicht einmal von sich selbst.

"Nicht einschlafen Rotschopf. Ich muss wissen wo du wohnst." Meine Stimme ist sanft und geduldig. Etwas, von dem ich mir einrede, sie gerade braucht.

Kurz bevor sie am Fenster lehnend einschlief murmelte sie ihre Adresse.

Vor dem goldenen Tor stehe ich nun mit einem Auto, welches ganz und gar nicht zur Umgebung passt.

Durch die Gitterstäbe kann ich in der Mitte der grossen Einfahrt und dem noch viel grösserem schlossartigem Haus einen beleuchteten Brunnen entdecken, ohne Rosen allerdings.

Es gibt mehrere Arten zu leben und ich habe zwei schon hautnah kennengelernt aber schon beim ersten Blick auf dieses verschnörkelte Tor und dessen opulentes Haus wird mir kalt.
Wie einsam muss sich das schlafende Mädchen neben mir nur fühlen?

Gerade als ich auf den Knopf für die Sprechanlage drücken möchte öffnet sich das Tor und ich fahre langsam auf die öffnende, zweiseitige Haustür zu. Ein helles Licht scheint durch den Schlitz. Das restliche Haus ist dunkler. Jedoch bloss, weil alle Vorhänge gezogen sind.

Michael steht mit verschränkten Armen und seinen typischen Gesichtsausdruck da. Nur etwas ist anders als sonst. Anstelle seines überteuerten Anzuges trägt er bloss seine typischen Lederschuhe, überteuerte Stoffhosen und ein an den Ärmeln zurückgekrempeltes weisses Hemd. Weniger unsympathischer ist er trotzdem nicht mit dieser Gelfrisur.

Als ich anhalte schaue ich noch einmal zu der immer noch schlafenden Ava.

Hätte ich sie doch bloss zu mir genommen.

The Girl I LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt