Back to school

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(Video: P!nk - Fuckin' Perfect)

28. Kapitel: Back to school

Oktober 2016,

"Jetzt beweg mal endlich deinen Hintern Mitchell!", ruft mir Milo von unten zu. "Halt deine Fresse Anderson. Ich bin ein Mädchen, ich brauch meine Zeit. Und je mehr du rummeckerst, desto länger brauch ich. Deine Entscheidung.", rufe ich zurück. Eigentlich bin ich schon längst fertig, aber wenn ich damit Mr. Obercool nerven kann, dann bleib ich gerne noch etwas länger oben. Warum DER Milo Anderson unten auf mich wartet? Ich werde heute das erste Mal seit der Diagnose in die Schule gehen. Ich bin total aufgeregt. Schliesslich weiss ich nicht, wie die Leute auf mich reagieren werden. Ich meine, ich hab es nur meinen engsten Freunden erzählt. Mit einem letzten Blick in den Spiegel seufze ich, besser bring ich es wohl nicht hin. Ich trage eine blaue skinny Jeans und ein dunkelroter Teen Wolf Hoodie (die mit Stilinski auf dem Rücken und seiner Lacrossenummer). Geschminkt hab ich mich nur wenig, so dass man wenigstens wieder meine Augenbrauen sehen kann. Auf meinem Kopf ist eine braune Perücke und einer SnapBack von Luke. Wenn man davon absieht, dass ich ziemlich abgenommen habe und Günther immer noch auf Schritt und Tritt dabei habe, könnte man sogar meinen, dass ich gesund bin. Aber das bin ich nicht. Bei weitem nicht. Ich hab bloss meine Ärzte so lange angefleht, bis sie zugestimmt haben, dass ich wieder in die Schule darf, wenigstens für ein paar Tage. Nein, ich bin nicht total komisch, okay vielleicht ein bisschen, aber wenn man den ganzen Tag im Krankenhaus verbringt, freut man sich über jede Abwechslung. Ausserdem, weiss ich nicht, ob ich die Leute in meiner Klasse wieder sehen werde, wenn ich diese Chance jetzt nicht packe. Und ich will den Gerüchten ein Ende setzen. "Mann Ellie. Wir kommen sowas von zu spät. Jetzt kommt endlich!", ruft Milo erneut. Dieses Mal, höre ich wirklich auf ihn und stehe gleich darauf unten. Wo die anderen sind? Ava musste noch ihre Hausaufgaben von Lia abschreiben und somit früher da sein, Kylan trifft sich vor der Schule noch mit Sean und Noah? Der muss nachsitzen. Wie krass die Zwillinge sich in den letzten paar Wochen und Monaten verändert haben. Früher hätte Noah NIE nachsitzen müssen. Er war Klassenbester und sehr diszipliniert. Kylan war das komplette Gegenteil. Es ist als hätten sie Rollen getauscht. "Wow.", lächelt Milo. Wie auf Kommando werde ich rot. "Können wir los?", frage ich stattdessen. Er nickt und hilft mir mit Günther und meiner Schultasche bis zu seinem Auto. Ich steige ein und er macht es mir gleich. Auf der Fahrt schweigen wir. Im Radio läuft zum wiederholten mal Let me love you von Justin Bieber. Ich mustere Milo von der Seite. Er trägt schwarze skinny Jeans mit löchern, ein schwarzes Oberteil und darüber die Football-Jacke. Auf dem Kopf prangt eine schwarze Mütze. "Mach ein Foto, hält länger.", schmunzelt er. "Bei diesem Satz waren wir schon mal.", gebe ich trocken von mir, als ich mich an unser erstes zusammentreffen erinnere. Muss aber gleich darauf grinsen. Milo gibt noch mal extra Gas, als wir auf den Schulparkplatz fahren und er driftet in eine Parklücke. Tja, Mr. Anderson muss eben um jeden Preis auffallen. Vor ein paar Monaten hätte ich mir nicht denken können in seinem Auto zu sitzen. Gut, vor ein paar Monaten hätte ich auch nicht gedacht, dass mein Körper von Krebszellen aufgefressen wird. 

"Haben wir eine neue Schülerin?", fragt Mr. Johnson, als er mich entdeckt. Ich schüttle den Kopf. "Ich bin's Ellie." "Ach ja genau. Mr. Penell hat uns über deine Situation aufgeklärt. Vielleicht möchtest du es allen erzählen. Per Zufall haben wir momentan das Thema Atmung in Biologie." er schaut mich abwartend an und ich nicke. Die ganze Klasse hört mittlerweile unserem Gespräch zu. "Schüler. Ihr wusstet ja, dass Ellie einige Zeit abwesend war und jetzt erklärt sie euch auch warum." Er nickt mir aufmunternd zu und ich beginne zu erzählen. Ich beginne von ganz vorne. Während ich rede, schau ich die ganze Zeit auf den Boden. Ich will nicht in die mitleidigen Gesichter meiner Mitschüler schauen. 

"Ja und deshalb hab ich einen neuen Kumpel namens Günther, der mich auf Schritt und Tritt verfolgt.", ende ich meine Erzählung und wage es langsam einen Blick in die Klasse zu werfen. Und wie erwartet schauen mich alle mitleidig an. Niemand wagt etwas zu sagen. "Ausserdem wird Ellie nur noch ab und zu am Unterricht teilnehmen. Denn es ist sehr anstrengend für ihren Körper. Vor allem wenn ein Grossteil ihrer Lunge nicht mehr funktioniert."

"Wenn man doch Krebs hat, dann hat man doch eine Glatze.", meint eine Barbie-Puppe aka Cheerleaderobertusse Mackenzie mit ihrem Gefolge, als Ava, Noah, Kylan, Milo, Jacob und ich uns auf den Weg in die Cafeteria machen. Und was jetzt kommt, hätte ich nie erwartet. Ich mein in den paar Wochen vor den Sommerferien hab ich ihr nichts getan. Sie reisst an meinen "Haaren" und ich steh mit Glatze in Mitten einer überfüllten Cafeteria. Sofort ist es zum erdrücken still. Alle schauen zu uns.  Ich schnapp mir Günther und renne so schnell es mein Körper noch zulässt raus. Meine Tränen laufen meine Wangen runter. Bei einer Sitzbank kann ich nicht mehr und lass mich auf sie fallen. Kurz darauf setzt sich jemand neben mich und legt mir einen Arm auf die Schultern. Ohne hochzusehen weiss ich wer es ist. Der Junge, von dem ich es am wenigsten erwartet hätte. "Pretty, pretty please, don't you ever, ever feel, Like you are less than, less than fuckin' perfect" , singt er leise, was mich noch mehr zum weinen bringt. "Shhh Mitchell. Schau mich an.", sagt Milo leise und drückt mit seinen Fingern mein Gesicht hoch, damit ich ihn anschauen muss. "Hör nicht auf Mackenzie. Sie ist eine Schlampe. Du bist wunderschön, so wie du bist. Und ausserdem bist du eine der stärksten Personen, die ich kennengelernt habe. Du musst in deinem Alter schon so viel durchmachen, wie manche in ihrem ganzen Leben nicht. Mackenzie, würde dein Leben nicht eine Sekunde aushalten, also hat sie kein Recht dich so blosszustellen. Ava, die Zwillinge und Jacob haben sie gerade ganz schön fertig gemacht.", grinst er den letzten Teil seiner kleinen Rede. Ich ziehe den Schnodder in meiner Nase hoch, was uns beide zum lachen bringt. "So gefällst du mir schon besser.", meint er und streift mir seine Mütze auf meine Glatze. Ich lächle ihn an. "Danke. Für alles.", sage ich leise, aber er versteht es. Er drückt mich nur erneut an sich. "Willst du nachhause?", fragt er. Ich schüttle den Kopf. Ich hab lange gebraucht um Dr. Brown, Dr. Miller und Hayley zu überzeugen, da werde ich nicht schon in der Mittagspause schlappmachen. Das lässt mein stolz nicht zu. "Na dann, auf in den Kampf.", sagt Milo und steht voller Tatendrang von der Bank auf und schaut mich aufmunternd an. Ja, auf in den Kampf. 

Der Letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt