Teil 4

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"Okay Leute. Schaut mal. Das hier sind Lola, Nana und Marcus, richtig?" Robin kam lachend auf sie zu. Marcus, so hieß der Typ in Army-Klamotten also. Lola schielte unauffällig zu ihm, während Marcus sich in die Menge mischte. Er war in Zimmer 2 untergebracht und musste direkt nach ihr angekommen sein. Aber das bedeutete leider auch, dass der seltsame Junge, Malbo, nicht nach Pukwudgie gekommen war. Das fand Lola etwas schade. Sie hätte sich darüber gefreut, schon jemanden zu kennen. Dafür hatte sie jetzt die Möglichkeit, neue Freunde zu finden. Nana und sie setzten sich in den Sofa- und Sesselkreis, den die Bewohner des Hauses zusammengestellt hatten. Es waren um die 60 Leute anwesend, Robin erklärte, dass die anderen entweder live die Einsortierung verfolgten, oder sich drückten. "Ich bin im fünften Jahr", sagte er zu Lola, "Valerie, die du ja im Zauberstabraum kennengelernt hast, ist meine beste Freundin. Sie ist im siebten und Vertrauensschülerin. Vertrauensschüler sind im Zimmer 32 untergebracht. Das findest du dort oben!" Er deutete auf einen Treppenaufgang in einen abgelegenen Turm.  Lola runzelte die Stirn: "Wie? Mädchen und Jungen in einem Zimmer?" Robins Lachen erschallte wieder den Raum. "Na komm schon. Die sind alle so gut wie erwachsen. Da kann man doch verlangen, dass sie auch ohne Trennung miteinander auskommen." Er zwinkerte Lola zu: "Außerdem nehmen wir es mit der Geschlechterunterscheidung nicht so ernst. Hier kann jeder sein, wie er will." "Gut so", dachte Lola. Es war wirklich eine gute Entscheidung gewesen, hierher zu kommen. "Hey. Robin. Hier ist noch ein Neuer!" Anscheinend übernahm Robin bei jedem Neuzugang die Einweisung. Lola konnte es verstehen. Robin war sehr charismatisch, höflich und einfach sympatisch. Da konnte man sich nur hier wohl fühlen. Der große Junge stand auf und ging auf den rothaarigen zu, der etwas verloren in der Tür stand. Wenigstens hatte er hierher gefunden. "Ob wohl der Pukwudgie ihm den Weg gezeigt hat?"

"Hey."

Marcus hatte sich neben Lola gesetzt. Seine dunklen Augen leuchteten. Er fuhr sich nervös durch die Haare und spielte am Reißverschluss seiner Jacke. "Hey", erwiderte Lola seine Begrüßung freundlich. "Ich bin-", begann ihr Sitznachbar, aber Lola fiel ihm ins Wort: "Marcus. Ich weiß. Robin hat uns doch vorhin lautstark angekündigt. Aber ich bin Lola, falls du es vergessen hast." "Oh." Marcus wirkte peinlich berührt. Lola verstand langsam, warum er sich für Pukwudgie entschieden hatte. Er sah zwar kräftig aus, aber sein Herz war viel zu weich. Was bei weitem aber nichts Schlechtes ist. Ein Mädchen durchquerte den Raum und kam auf sie zu. Sie schien auch Erstklässlerin zu sein. Das Mädchen war klein, pummelig, und hatte ihre hellbraunen Haare mit Stäbchen hochgesteckt. Sie trug schon ihre blau-cranberryfarbene Robe, die ihr etwas zu groß war. "Hallo. Ich bin Fiona Tompson. Du bist bestimmt Lola oder? Die Letzte in unserem Zimmer?" Fiona schob ihren Ärmel hoch und reichte Lola eine, mit Ringen übersähte, kleine Hand. Lola schüttelte sie höflich. "Ja. Hallo. Oh. Das ist Marcus. Er ist auch neu", stellte Lola ihren Nachbarn vor. Fiona gab auch ihm die Hand. "Wie viele sind wir eigentlich im ersten Jahr?", fragte Lola in die Runde. Ein älteres Mädchen, vielleicht im dritten Jahr, antwortete ihr: "Pro Jahrgang nehmen wir 16 Schüler in das Haus auf, die wir auf vier Zimmer verteilen... und... ehm... Fletcher?" Sie rief es laut durch die Menge und der blonde Schopf von Robin quetsche sich durch eine Schülergruppe. "Ja, Haley?" "Wie viele fehlen noch bis zu den 16 dieses Jahr?" Robin nahm kurz seine Brille ab und putzte sie an seinem Ärmel. Als er sie wieder aufsetzte sagte er: "Also wir haben Adachi Nana, Ailish Ó Gnimh, Barbara Stanton, Dana Grey, Ethan Perea, Fergus Krimm und Fiona Tompson, Henry Cash, Lola Harvey, Marcus Saldaña, Oliver Heere, Paul Denver und Séverin White. Also insgesamt sind das jetzt schon mal 13..." "Fehlen noch drei. Danke Robin." Robin nickte. "Wie kannst du dir nur so viele Namen merken?", fragte Marcus. "Genau. Ich könnte das nie", stimmte Lola zu. Der Blonde lächelte: "Weiß nicht. Ich konnte das irgendwie schon immer. Dafür bin ich in anderen Dingen nicht gut." Dann verließ er die Gruppe wieder.

Die letzten drei Schüler, die kamen waren Timothy Mingyu - ein kleiner, dünner Junge mit schlauen, blauen Augen und deutlich asiatischen Wurzeln, Tracy Compton - normalgroß, braune, kurze Haare und überall Sommersprossen - und ein gewisser Uilliam Mag Máilin - ein großer Junge, offensichtlich irischer Abstammung. Sie alle waren sehr herzlich zueinander und es wurde viel gescherzt und gelacht, bis ein Vertrauensschüler namens Garret vorschlug, doch nun endlich zum Abendessen zu gehen. Die Idee wurde mit Jubeln und Applaus bewilligt und die Schüler strömten ins Treppenhaus. Man traf auf Schüler aus anderen Häusern, vermischte sich untereinander und strebte ein gemeinsames Ziel, die Festhalle, an. Sie lag am Ende der langen Treppe, die von der Eingangshalle geradeaus hoch ging. Wäre der Pukwudgie nicht gewesen, wäre Lola wahrscheinlich dorthin gelangt, wo ein Vertrauensschüler ihr den Weg gezeigt hätte. Lola ging schweigend neben den anderen her. Sie hatte endlich ihre Robe angelegt und lauschte dem angeregten Gespräch von Fiona und Ailish. Ailish war fast doppelt so groß wie sie. Sie hatte kurzes, rotbraunes Haar und grüne Augen. Außerdem hatte Lola erfahren, dass sie auch in das Haus der Gehörnten Schlange hätte gehen können, sich aber dagegen entschieden hatte, da ihr zwei Jahre älterer Bruder, Collin Ó Gnimh auch nach Pukwudgie gegangen war. Plötzlich bleiben die Schüler stehen. Sie waren an eine große Eisentür gelangt. Ein Vertrauensschüler ging vor und klopfte dreimal laut dagegen. Die Tür schwang auf und der Festsaal von Ilvermorny eröffnete sich den Erstklässlern.

Er war unbeschreiblich groß und es gab vier lange Tischreihen, an denen schon einige Schüler saßen. Der Boden war aus grauem Stein, Basaltsäulen und rote Banner mit den Häuserwappen säumten die Wände und von der Decke hingen unzählige kleine Lampen, die von hellorange bis dunkelrot leuchteten. An der hintersten Wand gab es drei große Fenster, hinter denen man den Sternenhimmel beobachten konnte. Knapp davor war schräg ebenfalls ein langer Tisch aufgestellt, an dem erwachsene Zauberer und auch Schulleiter Laray saßen. Das ganze glich den Beschreibungen der "Großen Halle" der britischen Zauberschule Hogwarts. Aber doch war es irgendwie anders, unförmlicher. Die Lehrer saßen auf einer Ebene mit den Schülern, mischten sich sogar - wie die Häuser auch - mit ihnen und lachten und aßen gemeinsam. Lola ließ ihren Blick durch den Raum wandern und wurde aufmerksam, als sie das hektische Winken einer bestimmten Person bemerkte, die etwas weiter hinten im Saal saß. Schnell entschuldigte sich Lola bei ihren Mitschülern und ging dann eilig durch den Saal auf die winkende Person zu.
Da saß er und streckte ihr fröhlich die Zunge entgegen.

"Malbo!"

Die Kinder der Aphrodite • HP × PJ FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt