Kapitel 9

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Tom kam recht müde spät abends von seiner Arbeit nach Hause. Er warf seine Schlüssel nur auf den Küchentisch, seinen Rucksack in eine Ecke, in der er ihn nicht sehen musste und seine dünne Jacke über einen Stuhl, der ihm gerade zusagte. Die Schuhe landeten auch nur neben der Tür seiner Wohnung und er pflanzte sich kurz aufs Sofa. Normalerweise genoss er die Ruhe, die er alleine für sich hatte, aber zu diesen Tagen fraß sie ihn auf. Um es nicht ganz ruhig zu lassen, ging er duschen. Anfangs warm dann kalt, da die Heizung des Mehrfamilienhauses täglich Punkt zehn ihren Dienst einstellte und dementsprechend sofort das Wasser in den Leitungen kalt war. Für Tom, der um diese Zeit teilweise erst nach Hause kam, anfangs ein Problem. Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt. Frisch geduscht wärmte er sich sein Mittagessen aus der Arbeit in der Tupperdose nochmal auf und setzte sich dann vor den Fernseher. Es liefen gerade Nachrichten und kaum hatte er aufgegessen und wollte sich entspannen, lief die Vermisstenanzeige für Maja. Sofort schaltete Tom den Fernseher aus und lehnte sich zurück. Mit dem Arm vor den Augen versuchte er seine Wut und Trauer in Zaum zu halten, was aber nicht wirklich funktionierte. Er wollte sich ablenken, da er sich einredete eh nichts tun zu können, und brachte sein schmutziges Geschirr in die Küche. Wie alles landete es nur im Spülbecken und nicht in der Maschine. Er meinte sich zu überwinden diese endlich mal zu füllen und fing lustlos damit an mutwillig das Geschirr hinein zu stapeln. Seine Wut machte das nicht besser. Er gab sich die Schuld für Majas verschwinden. Er hatte ein recht scharfes Messer in der Hand und betrachtete es von allen Seiten genauestens.

T: “Wenn ich dich Schwein zwischen meine Finger bekomme…. Dann verarbeite ich dich zu Hackfleisch!”

Er hatte die letzten paar Worte geschrien und warf mit voller Kraft das Messer. Es blieb fest in der hölzernen Tür eines hängenden Schranks auf Kopfhöhe stecken. Er kümmerte sich nicht weiter darum. Er wollte ja die Spülmaschine einräumen, aber etwas hielt ihn davon ab. Und dieses etwas war seine Wut. Die Wut auf sich selbst, da er sein Versprechen, wenn auch nicht ganz freiwillig, gebrochen hatte und Maja nicht beschützt hatte. Die Spuren ihrer Fingernägel waren immer noch recht deutlich in seinem Arm zu sehen. Jedes Mal wenn er sie sah, Majas Name irgendwo fiel oder ihn sonstiges an sie erinnerte, versetzte ihm das einen Stich in die Brust.

Tom nahm einen Teller in die Hand, den er eigentlich einräumen wollte, zerbrach ihn aber lieber indem er ihn aus voller Kraft auf den Boden schmiss. Einen Knall und tausende von kleinen Porzellansplittern später war es wieder still. Da waren dann nur noch Tom, diese verdammte Stille und seine Wut. Und die gewann rasend schnell die Überhand. Von seiner Wut gesteuert trat er die Klappe des Geschirrspülers zu sodass es nur so klirrte. Ob etwas dabei kaputt gegangen war oder nicht kümmerte ihn nicht ein bisschen. Er stapfte ins Wohnzimmer und schmiss sich zurück aufs Sofa. Er wollte sich abreagieren und nahm sein Handy zur Hand. Nicht lange, da wurde ihm das sinnlose gesurve in den ach so sozialen Medien, in denen eh jeder zweite Kommentar unter einem Bild eine Beleidigung war, zu langweilig und er hatte es am Ohr. Mehrfach hatte er Majas Nummer gewählt und versuchte sie zu erreichen. Nach dem achten Mal wurde es ihm zu doof und er legte es neben sich aufs Sofa. Keine zwei Minuten saß er still da, dann trat er den Couchtisch um, sodass dieser nun nur noch hochkant stand und die beiden benutzten Gläser darauf, runter rutschten und bei dem Aufprall auf dem Boden zersprungen. Auch das kümmerte ihn nicht ein Stück. Als nächstes lernte ein Bild im Glasrahmen fliegen und landete neben einem Regal. Dann musste ein Blumentopf samt Blume die Lehre der Schwerkraft lernen und ging an der Wand zu Bruch. Die Scherben und die Erde gingen zu Boden, genau wie das Gewächs, wobei ein brauner Abdruck auf der Wand blieb, unter dem die Tapeten etwas eingerissen und zerkratzt waren. Er schrie zweimal aus voller Kraft, bis es dann recht schnell klingelte und penetrant an der Tür hämmerte. Er schnappte sich nur kurz sein Handy, was in seiner Hosentasche verschwand und öffnete dann genervt die Tür.

Spiel um Leben und Tod Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt