XIII

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Wir standen lange da. Meine Versuche mich zu beruhigen scheiterten und auch Cyrian machte keine Anstalten sich von mir zu entfernen. Er murmelte mir mit seiner dunkeln Stimme beruhigende Worte zu, deren Inhalt ich nicht verstand, doch seine Stimme reichte aus um alles ein bisschen besser zu machen.

Nach einiger Weile kamen keine Tränen mehr aus meinem Augen geflossen wie Wasser aus einer Quelle. Nicht, weil ich mich beruhigte, sondern weil ich einfach keine Tränen mehr übrig hatte. Zurück blieb ein wimmerndes Häufchen Elend, das sich nur danke Cyrian auf den Beinen halten konnte.

Immer wieder strich seine große Hand über meinen Kopf. Ab und zu hauchte er mir einen federleichten Kuss auf die Stirn.

Irgendwann wurde mein wimmern leiser bis es schlussendlich ganz verebbte. Noch einen Moment standen wir so da, dann löste sich Cyrian aus der Umarmung.

Automatisch zog ich den Kopf ein. Ich wusste nicht ob Cyrian wütend, traurig oder enttäuscht von mir war, weil ich einfach abgehauen war, doch ich wusste das es ihn sicher nicht kalt gelassen hatte.

Das Gefühl der Wärme und Geborgenheit verschwand mit jedem kleinen Millimeter Abstand zwischen mir und Cyrian mehr.

Cyrian schwieg.

Ich traute mich nicht ihm in die Augen zu sehen. Meine Angst darin irgendeine Form der Abneigung zu sehen war zu groß.

Sekunden später, die mir wie eine halbe Ewigkeit vor kamen, seufzte er plötzlich tief.

"Was machst du nur meine Kleine?" murmelte er eher zu sich selbst.

Selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich ihm nicht antworten können, denn im nächsten Moment wurde mir bereits der Boden unter den Füßen weggezogen. Cyrian hatte mich einfach hoch genommen und trug mich nun durch den Wald.

Meine Beine hängten locker über seinem rechten Arm und mein Rücken wurde von seinem linken Arm gehalten.

Es war bequem und zum ersten Mal in meinem Leben machte es mir nichts aus, dass ich in einer vollkommen wehrlosen Situation gefangen war.

" Du hattest recht."

Erst einen Augenblick später merkte ich das es meine trockene Stimme gewesen war die diesen Satz gesprochen hatte.

"Du hattest recht. Ich wusste nichts." wiederholte ich noch einmal wie in Trance. Ich fühlte mich so unglaublich dumm.

"Schon gut, woher solltest du es auch wissen? Und wir Wölfe haben auch unseren Teil dazu beigetragen." sprach Cyrian beruhigend auf mich ein.

Ich wusste das er das nur sagte um mich zu beruhigen. Die Verbrechen an seinem Volk mussten ihn hart getroffen haben.

"Bist du sauer?" fragte ich ihn und blickte zum ersten Mal seit tagen in seine silber-grauen Augen.

"Nein" gab er zurück, wendete aber den Blick ab.

"Doch bist du." stellte ich sachlich an seiner Reaktion fest.

"Nein, ich bin enttäuscht, aber ..."

Ich ließ ihn nicht aussprechen. " Das ist fast das selbe nur noch schlimmer. Es tut mir leid das ich weggelaufen bin, aber ich musste die Wahrheit wissen. Ich hätte so nicht weiter leben können ohne wirklich zu wissen was damals geschehen ist. Ich ...."

Dieses Mal war es Cyrian der mich unterbrach. " Lass mich doch ausreden, meine kleine Luna. Ich bin doch nicht enttäuscht von dir. Sondern von mir. Ich habe dir versprochen dich zu beschützen, es ist meine Aufgabe dich zu beschützen, doch ich habe versagt. Du weinst, du bist traurig und unglücklich. Nach so einer kurzen Zeit die wir zusammen verbracht haben, habe ich es geschafft mit dir zu streiten, dich alleine zu lassen und dich dazu gebracht abzuhauen. "

Ich schüttelte so stark den Kopf, dass Cyrian aufhörte zu sprechen und darauf achtete das ich nicht von seinen starken Armen viel.

Ich sagte nichts, sondern sah ihm nur in die Augen. Natürlich war auch er nicht ganz unschuldig an der Situation, immerhin hatte er mich entführt. Doch weggelaufen war ich ganz alleine und es war auch meine freie Entscheidung gewesen. Auch am Streit trug er kaum schuld, denn jetzt wusste ich wie sehr er recht gehabt hatte.

Ein breites Lächeln erschien auf Cyrians Gesicht. "Gut, dann haben wir einfach beide keine Schuld, und ich kümmere mich darum das es dir wieder gut geht, ich mache dich wieder glücklich. "

Ich wünschte wirklich ich hätte sein Lächeln erwidern können, doch ich war mir sicher das er scheitern würde. Die letzten Jahre hatte mich der Gedanke an meine Familie genau so sehr gestärkt wie mein Hass auf die Wölfe. Doch nun war all das vorbei. Woher sollte ich denn noch wissen was gut und was böse war? Wie konnte ich ein guter Mensch sein, wenn meine Vorfahren solche Dinge getan hatten? Klebte ihr Blut nicht auch an meinen Hände?

"Denk nicht so viel darüber nach, versuch lieber etwas zu schlafen. Auch mit dem Auto ist es noch ein ganzes Stück."

Erst jetzt viel mir auf, das wir eine asphaltierte Straße erreicht hatten. Cyrian hatte sich nicht die Mühe gemacht an dem Rand zu fahren um zu parken. Das schwarz glänzende Auto stand einfach mitten auf der Straße.

Es war lange her das ich in einem Auto gesessen war. Wenn man den Truck, der uns von zu Hause in die Arena gebracht hatte nicht mitzählte, dann war ich nur mit meiner Familie gefahren.

Waren sie überhaupt noch meine Familie? War die Seite die ich von ihnen kannte ihr wahres Gesicht oder nur eine Maske die ihre Grausamkeit verdeckt hatte?

Fragen über Fragen schwirrten in meinem Kopf herum. Das schlimmste war, das ich genau wusste das ich niemals eine Antwort bekommen würde. Meine Familie war tot. Es war niemand mehr übrig den ich Fragen könnte. Es war nicht einmal mehr jemand übrig denn ich anschreien könnte.

Zum ersten Mal überwältigte mich das Gefühl des Alleinseins mich und das obwohl ich so nahe bei Cyrian war.

Doch noch kannte ich ihn nicht gut genug um ihn in das innere meines Herzens zu lassen und nach dem was ich heute erfahren hatte wusste ich nicht, ob ich jemals wieder jemanden dort hinein lassen würde. Der Schmerz der Enttäuschung war ein hoher Preis, doch die Chance auf Familie ein hoher Gewinn. Doch die Frage war nun, aber Cyrian dies Preis und dieses Risiko wert war.

Eine weitere Frage auf die ich keine Antwort wusste. Darüber grübelnd schien mein Kopf endlich aufzugeben und entließ mich in die angenehme Traumwelt.


Und es geht weiter. Auf der Rangliste steht das Buch nun schon auf Platz #28 in Werwolf. Wer weiß vielleicht schafft ist es ja irgendwann mal in den Top 20 zu finden. Jedenfalls war das Kapitel nun erst mal nicht so spannend sondern sollte einen kleinen Ausblick in Alex Gefühlswelt geben nach all dem was geschehen ist. Ich hoffe das Kapitel gefällt euch und wir lesen uns bald wieder.

Grüßchen

Phlolli

Fight, Love or DieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt