Im Norden des Königreiches lag ein großer Wald. Viele Bäche flossen dort zusammen und wurden zu einem Fluss der schlussendlich im Meer mündete. Dieses Land wurde von den Deluvar Gweredil genannt und dort lebten sie. Die Menschen wussten nicht viel über dieses Land denn die Götter versperrten es und nur wenige Sterbliche hatten es jemals betreten. Die Schönheit dieses Landes blieb den Menschen verborgen.
Doch da die Menschen an den Grenzen des Waldes die Nähe der Götter spürten waren dort über die Jahrhunderte viele Klöster des Tempels von Oando entstanden. Dort verbrachten die Priester und einfache Gläubige ihr Leben. Eremiten teilten sich das Land rund um den Wald mit Bauern. In den wenigen kleinen Dörfern lebten die Menschen ihr einfaches Leben, gestützt durch ihren Glauben. Die Länder um Gweredil hießen Nardan und Gidran im Westen und Rifdol, Atàr, Draembad und Liflan im Osten. Im Norden erstreckte sich die große Bucht von Etolèn, der schönsten Stadt der Oandrim.
Das trockene, felsige Land im Norden Atàrs war die Heimat des Priesters Orntree. Er fristete sein Dasein als Eremit auf einem kleinen Hügel, etwa fünfzehn Kilometer südlich des Waldes. Dort hatte er sich ein Haus errichtet. Eine kleine Hütte aus Stein. Dies war der Ort wo er betete und meditierte. Was er zu essen brauchte, jagte, denn Wild gab es genug in dieser Gegend. Oder er fischte es aus dem jungen Avelor, der in Gweredil entsprang. Wenn er Holz zum Heizen benötigte fällte er einen Baum und schlichtete die klein gehackten Scheite neben dem Eingang zu seiner Hütte unter einem Dach. Das Leben von Orntree war einfach. Ab und zu kamen Leute vorbei, denen er Speis und Trank anbot, Wanderer, welche zumeist dankbar annahmen, die kurze Rast und die Gespräche mit Orntree genossen. Manchmal wanderte er auch in die ein oder andere Stadt um in den Bibliotheken in Büchern zu versinken oder sich mit anderen Priestern auszutauschen. Aber sonst gab es keine Aufregung in seinem Leben. Er gab sich ganz der Forschung und seinem Glauben hin.
Eines Tages brach er gen Süden auf . Er wollte in den großen Tempel von Rifdol in der Stadt Merian. In dem alten Gemäuer gab es die größte Tempelbibliothek des Reiches. Hin und wieder nahm der alte Mann die weite Wanderung auf sich um dort Nachforschungen anzustellen.
Nach drei harten Tagen der Wanderung kam er an. Er blieb einige Tage dort und durchforstete Bücher über das heilige Land Gweredil, Bücher über das erste Zeitalter in Ealorum und über Tempelsymbolik. Am vierten Tag seines Aufenthalts schien zum ersten Mal seit seinem Aufbruch nach Rifdol die Sonne und er setzte sich in den Garten des Tempels um dort sein Mahl einzunehmen. Es war ein wunderbarer Garten voller Obstbäume und bunter Blumen, steinerne Bänke luden zum Rasten ein und allerlei Kräuter verströmten ihren Duft. Orntree suchte sich einen Platz in der Wiese. Er setzte sich und lehnte sich gegen die steinerne Mauer. Da bemerkte er einen lockeren Ziegel und nahm ihn aus der Mauer. Er war innen ausgehöhlt und in diesem Hohlraum befand sich eine hölzerne Kassette. Orntree nahm sie aus dem Ziegelstein und steckte sie in seine Tasche. Den Stein schob er wieder in die Mauer. Dann nahm er sein Mahl ein als wäre nichts passiert.
Später, am frühen Abend, als er sich in sein Zimmer in der Nähe des Tempels zurückgezogen hatte, holte er die Kassette wieder aus seiner Tasche und öffnete sie.
Zu seinem Erstaunen entdeckte er darin eine alte Schriftrolle. Er entrollte sie und fand darauf drei Handschriften. Das Papier war vergilbt und die Schrift nur schwer zu lesen. Außerdem waren die Texte wohl in einem alten dalionischen Dialekt verfasst, den er nur schwer lesen konnte. Doch sein Interesse war geweckt. Im Tempel jedoch gab es dutzende Mönche und Priester, die das Schriftstück beanspruchen würden. Also packte Orntree seine Siebensachen und bereitete sich auf die Heimreise vor. Am nächsten Tag brach er auf.
Er wurde schon früh morgens wach, zusammen mit der Sonne verließ er seine Nachtstatt, nahm sein Zeug und betrat die Straße. Orntree hatte Glück, denn nach nur wenigen Stunden seines langen Heimweges nahm ihn ein Händler, der mit einem Ochsengespann unterwegs nach Draembad war, mit auf seinem Karren. die Tage verstrichen und der Priester dachte über das Schriftstück nach. Der Händler war kein gesprächiger Mann und somit konnte Orntree die Zeit nutzen um sich viele Dinge, die er vor langer Zeit studiert hatte, wieder ins Gedächtnis zu rufen. Über Dalion, das Waldreich, über lang vergangene Kriege, über dunkle und gefährliche Lande. Und noch weiter reichten manche Geschichten in der Zeit zurück. Sie erzählten vom Beginn der Menschen und vom ersten aller Kriege. Und so, tief in Gedanken versunken, vergingen die Stunden und die Tage schnell. Und bald musste der Priester dem Händler Lebwohl sagen und den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen. Jedoch waren es nur noch wenige Stunden bis zu seinem Heim.
Mittlerweile war es Nacht geworden. Als er zu Hause angekommen war, machte er sich daran den alten Text zu übersetzen. Er setzte sich an seinen Arbeitstisch, ein altes, knorriges Ding, über und über mit dicken Wälzern bedeckt. Eine halb heruntergebrannte Kerze spendete etwas Licht in der Dunkelheit der Nacht. Nach einigen Stunden war zirka die Hälfte des Textes übersetzt.
Hier der Bericht:
Ich bin Arbol und hier, endlich im Waldreich angelangt, nachdem ich die schreckliche Wüste verlassen und das Gebirge überquert habe, schreibe ich nun diese Worte nieder. Denn ich weiß nicht wie lange ich noch lebe. Allerlei Gesinde verfolgt mich und ich hoffe, dass ich in Dalosias sicher sein werde.
Ich habe die Stadt der Säulen gefunden, wo ich auf einen wertvollen Schatz stieß. Ein Kristall aus dem alten Reich Fas Orvel.
Die Spuren des Krieges sind überall sichtbar. Zerstörte Höfe und Dörfer wohin man auch blickt. Die Städte liegen in Trümmern.
Diese hartnäckigen Leute folgen mir noch immer. Dalosias war nicht sicher. Nun wandere ich weiter nach Westen, durch die Wälder Dalions.
Ich habe sie gesehen. Es waren Wüstenmenschen aus An Daharab. Sie sind mir über die Berge gefolgt und hängen mir noch immer an den Fersen. Ich kann sie einfach nicht abschütteln.
Ich bin am Thalpon angelangt. Die Landschaft ist öde. Es tut mir weh wenn ich daran denke wie schön es hier einst war. Doch der schwarze Turm steht noch. Ich kann mich hier nirgendwo verstecken und der Turm ist anscheinend leer. Niemand öffnet die Pforte.
Viele Menschen flüchten nach Westen. Dort gibt es unbesiedeltes Land. Ich steige auf ein Schiff.
Ich habe den Kristall versteckt. Sie sind ganz nahe.
Mein Name ist Degor. Ein Mann namens Arbol gab mir diese Schrift und sagte mir wo man etwas angeblich sehr wertvolles finden könnte.
Ich habe einen Kristall entdeckt. Er scheint sehr kostbar zu sein. Sein Inneres fasziniert mich, es scheint zu atmen.
Orntree war gerade dabei den Rest des Textes zu entziffern als ihm ein seltsames Glühen am Nachthimmel auffiel. Er stand von seinem Sessel auf und ging zum Fenster hin. Das musste ein Feuer sein. Es konnte nur der nahe Tempel von Aenedal sein. Er brannte. Der Priester schnappte sich seinen Mantel und rannte los, er wollte, musste helfen.
Er lief ungefähr fünf Minuten als er plötzlich stehen blieb. Er konnte schon das Geschrei der Menschen vom Tempel hören. Doch in der Ferne sah er noch ein Feuer. Was war hier bloß los?
Er drehte sich um, überlegte noch einmal kurz ob er nicht doch zum Tempel laufen sollte als er bemerkte, dass auch im Westen Feuer zu sehen waren. Er lief so schnell er konnte zurück zu seiner Hütte und packte seine Sachen in eine Tasche. Ein paar Landkarten, einen hölzernen Löffel, etwas Proviant, eine Decke, er leerte seine Kasse und steckte das bisschen Geld, das er über lange Zeit gespart hatte in einen Lederbeutel. Aus einer dunklen Ecke holte er ein kleines Schwert hervor und befestigte es an seinem Gürtel. Dann ging er zur Tür. "Halt!", sagte er zu sich und ging zurück zum Tisch. Er hatte die Schriftrolle liegengelassen. Schnell packte er sie in die Kassette und steckte sie wieder in seine Hosentasche. Er verließ seine Hütte und rannte in Richtung Süden. In der Finsternis konnte man nicht viel sehen. Der Geruch von Rauch lag in der Luft. Das Geschrei der Menschen aus den Dörfern in der näheren Umgebung war zu hören. Doch er war nur ein einfacher Priester. Er konnte ihnen nicht helfen. „Nun machen diese Oandrim wohl ernst“ murmelte er leise zu sich selbst. „Doch warum greifen sie den Tempel an?“ Er konnte das nicht verstehen.
Orntree verließ den Weg und schlich sich über die Felder. Als er müde wurde blieb er auf einer Anhöhe hinter einem Felsen stehen und schaute sich um. Die Dörfer zu seiner linken und zu seiner rechten brannten. Das Geschrei war verstummt. Es schauderte ihn und er rannte weiter. Er lief solang er konnte. Doch schließlich fiel er vor Erschöpfung nieder und sank in den hohen Gräsern ein.
Was Orntree in dieser Nacht sah, war der erste Angriff der Hochmenschen auf den Osten Drauols. Alle Tempel wurden in Brand gesteckt und die Priester getötet. Nicht viele schafften es zu entkommen. Viel Wissen ging in dieser Nacht für immer verloren als die Tempelbibliotheken ein Raub der Flammen wurden. Die meisten Männer, Frauen und Kinder aus den nördlichen Gebieten von Rifdol und Atàr wurden Opfer der Pfeile der Oandrim und viele Dörfer ein Raub der Flammen.
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ANDROR: Die Drauol-Bücher
FantasíaDie Spuren des Krieges sind überall sichtbar. Zerstörte Höfe und Dörfer wohin man auch blickt. Die Städte liegen in Trümmern.Und diese hartnäckigen Leute folgen mir noch immer. Dalosias war nicht sicher. Nun wandere ich weiter nach Westen, durch die...