Kapitel 14 ~ Andrea

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 Daheim wurde Kathleen von einem strengen Blick aus den Augen ihres Vaters, Phillip begrüßt. "Wo warst du denn schon wieder? Du bist in letzter Zeit nie mehr daheim. Ich bekomme dich kaum noch zu Gesicht". Kathleen verdrehte nur die Augen und murmelte ein "Entschuldige".

Dann bemerkte sie was ihr Vater anhatte und zog verwundert ihre Augenbrauen hoch: "Gehst du heute aus? Ich wusste nicht dass du jemanden kennen gelernt hast. Du siehst sehr schick aus". "Du bekommst in letzter Zeit nur noch sehr wenig mit, Kathi- Schätzchen", antwortete er von ihren Kompliment besänftigt und kontrollierte im Flurspielgel noch einmal seine Frisur. Dann klingelte es schon an der Türe und ihr Vater stürmte zur Türe um zu öffnen. Kathleen musste lächeln, er benahm sich wie ein Teenager, der sein erstes Date hatte.

"Oh hallo, Andrea", sagte er zu der Frau, die offensichtlich auf der Türschwelle stand. Kathleen konnte sie nicht sehen, deshalb trat sie hinter ihren Vater und schaute über seine Schulter. Und ihr Lächeln erstarb in derselben Sekunde. Vor ihr stand jemand, die ihr sehr bekannt war.

"Phillip", erwiderte sie, "Ich wusste nicht dass Kathleen deine Tochter ist". Dann lächelte ihre Englischlehrerin Frau Mag. Janis sie an. "Oh, das habe ich dann wohl vergessen zu erwähnen. Dein Abendessen steht in der Küche, Kathi, ich werde wahrscheinlich erst sehr spät heimkommen", meinte ihr Vater noch, bevor er ohne eine weitere Erklärung verschwand.

Noch überwältigt von dieser grausamen neuen Entwicklung im Liebesleben ihres Vaters, ging sie wie in Trance in die Küche und aß die Käsebrote, die am Tisch standen, auf.

Wie hatte sie nur übersehen können, dass ihr Vater mit ihrer Lehrerin ausging. Es würde nicht lange dauern und Frau Mag. Janis "Andrea" würde es irgendjemanden erzählen. Die ganze Schule würde erfahren, dass ihr Vater die Putzfrau der Schule war. Kathleen war den Tränen nahe. Heute war wirklich nicht ihr Tag.

Als das Handy spät in der Nacht klingelte, war sie in ihrem Zimmer über einen Berg von Zeitschriften eingeschlafen. Sie hatte versucht sich damit abzulenken, von allem das in ihren Leben gerade passierte. Das Licht brannte noch und in ihren Mund spürte sie einen pelzigen Geschmack.

"Ja, wer ist denn da?", fragte sie verschlafen in das Telefon und sah auf die Uhr. Halb zwölf. Wer rief denn so spät noch an?

"Kathleen, gut dass du noch wach bist. Ich stehe gerade vor deiner Haustüre aber ich habe mich nicht getraut zu klingeln, für den Fall, dass dein Vater schon schläft", plapperte Ana drauf los. Anastasia, wer sonst, hatte sie angerufen. Das hätte sie sich aber auch denken können. Verschlafen ließ Kathleen ihre Freundin hinein und die beiden setzten sich ins Wohnzimmer auf das Sofa. Ihr Vater war immer noch nicht da, und Kathleen wusste nur zu gut was das bedeutete. Entweder er und "Andrea" würden eine ernsthafte Beziehung eingehen, und sie würde sie demnächst Mama nennen müssen, oder er ließ ihre Englischlehrerin sitzen und Kathleen würde alles ausbaden müssen. Das hatte sie schon oft erlebt. Nur dass es dieses Mal besonders schlimm war, immerhin war eine wütende und enttäuschte Lehrerin keine gute Voraussetzung für ein ruhiges Schuljahr.

"Ich muss mit dir reden. Über meinen Bruder. Timo", erklärte Ana mit einen strahlenden Lächeln. "Um halb zwölf nachts? Hätte das denn nicht bis morgen warten können?", maulte Kathleen, noch immer verschlafen.

"Ich habe bis jetzt an meiner Rede gefeilt, du wirst dir deshalb auch die Zeit nehmen können, mir zuzuhören. Zugegeben, nicht die ganze Zeit, aber trotzdem", wiedersprach Ana und fuhr dann fort: "Was Timo dir erzählt hat, entspricht der Wahrheit. Um ihn zu verstehen, muss ich dir etwas über meinen Vater erzählen. Er ist ein sehr schwieriger Mann, sehr ehrgeizig und nicht selten skrupellos um seine Ziele zu erreichen. Vor allem ist er aber jemand, der in absolut Allem Perfektion verlangt. Darunter habe auch ich leiden müssen, aber Timo, sein Sohn und zusätzlich auch sein Erbe, noch viel stärker. Nie war er ihm gut genug, selten nur hat er ein Lob erhalten. Deshalb hatte er schon sehr jung den Drang entwickelt, unseren Vater irgendwann zu zeigen, wie falsch er mit seiner Einschätzung über ihn liegt. Wie viel in ihn steckt. Er hatte immer nur das eine Ziel, die Firma. Timo wollte sie besser aufbauen, als Vater es je gekonnt hätte. Dass er dafür so weit gehen würde, wundert mich nicht, auch wenn ich nichts von der Abmachung gewusst habe".

Kathleen konnte nur den Kopf schütteln. "Du bist seine Schwester, natürlich musst du ihn verteidigen, aber du kannst nicht von mir verlangen ihn zu verstehen. Denn das tue ich nicht. Sein Verhalten ist mir völlig rätselhaft".

"Das verstehe ich", meinte Ana mit einem traurigen Blick und stand niedergeschlagen von der Couch auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus. Kathleen blieb noch lange auf dem Sofa sitzen und dachte über Timo nach.

Der Bruder meiner FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt