Der Kunde ist König

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Ich verstehe ja, wieso sich manche Leute so aufführen, wie sie es tun, denn wer hat nicht Lust, einmal von vorne bis hinten bedient und umsorgt zu werden, so als wäre man tatsächlich König oder Königin? Allerdings treiben es manche dann doch zu weit – wie es die folgenden Beispiele zeigen...


Kundin betritt den Laden.

Kundin: Ich suche Geburtstagskarten!

Ja, wir verkaufen auch Glückwunschkarten jeglicher Art. Für diesen Zweck haben wir fünf Kartenständer, von denen vier draußen direkt vor der Tür stehen.

Ich: Schönen guten Tag! Ja, wir haben draußen vor der Tür ganz viele-

Kundin: Meine Mutter wird 60, dafür suche ich eine geschmackvolle Karte. Können Sie mir bitte eine raussuchen? Ich schaue mich noch nach einem Buch um.

Und weg ist sie. Also gehe ich, wie jeder anständige Verkäufer, vor die Tür und suche schlichte, aber schöne Karten zum 60. Geburtstag heraus. Dann zeige ich sie ihr...

Ich: Bitteschön, hier sind ein paar Karten für diesen Anlass, die ich sehr schön finde.

Kundin (hebt die Augenbrauen): Naja... Ich will noch die anderen Karten sehen, holen Sie mir die auch noch rein!

- Immerhin hat sie einmal „Bitte" gesagt?

*****

Kunde betritt den Laden und kauft ein Buch.

Ich: Soll ich Ihnen das Buch als Geschenk einpacken oder lesen Sie es selbst?

Kunde: Ach das ist nett, dann verpacken Sie es bitte.

Wir verpacken alles aus unserem Sortiment, das ist unser kostenloser Service. Wir haben immer mindestens fünf verschiedene Rollen Geschenkpapier und ein Dutzend Geschenkbänder da.

Ich: Sehr gern, mit welchem Papier soll ich es denn verpacken? (Ich zeige ihm die Auswahl)

Kunde: Hmm... Also die gefallen mir alle nicht so richtig... Aber gut, dann nehmen Sie das dort.

Ich verpacke das Geschenk, wir haben eine spezielle Technik, die wahrscheinlich 99,99% aller Kunden lieben.

Kunde: Nein, wie verpacken Sie denn? Das hält doch nicht, das geht wieder auf, bevor ich überhaupt zu Hause bin!

Ich (nachsichtig lächelnd): Keine Sorge, das hält auf jeden Fall.

Kunde (greift dazwischen): Ach und jetzt ist es auch noch gerissen! Machen Sie das bitte nochmal.

Also beginne ich von vorn. Als ich fertig bin, reiche ich ihm das verpackte Buch.

Ich: Hier, bitte sehr.

Kunde: Das verpacke ich zu Hause wohl besser nochmal selbst. Danke für Ihre Mühe, aber Sie sollten noch ein bisschen üben.

- Sicher. In der Weihnachtszeit hunderte Bücher am Tag zu verpacken, hat anscheinend einfach nicht ausgereicht.

*****

Während der Kundenberatung.

Kundin: Ja gut, das Buch gefällt mir. (Und drückt mir besagtes Buch in die Hand)

Ich: Dieses hier kann ich Ihnen auch noch empfehlen.

Kundin: Super, dann nehme ich das auch. (Auch dieses Buch gibt sie mir)

Nach 10 Minuten halte ich sieben Bücher in der Hand.

Ich: Ich lege die hier nur kurz vorn an der Kasse ab, in Ordnung?

Kundin: Aber dann kommen Sie sofort wieder, ich bin noch nicht fertig!

- Gerne doch, ich bin ja auch nur wegen Ihnen heute hierhergekommen.


Was soll ich dazu noch sagen? Ich liebe meinen Job... ja wirklich...

Mein irrer Alltag als VerkäuferinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt