"Ich würde gern etwas zurückgeben"

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In vielen Geschäften, die neben anderen Dingen auch Bücher verkaufen, hört oder liest man, dass diese vom Umtausch ausgeschlossen sind. In einer Buchhandlung dagegen kann man sie problemlos umtauschen – wenn sie unbeschädigt, ungebraucht und in einwandfreiem Zustand sind, natürlich.


Kunde betritt den Laden.

Ich: Hallo, guten Tag!

Kunde: Ja hallo, ich habe eine Bitte. Ich möchte ein Buch umtauschen.

Ich: Gar kein Problem, haben Sie den Beleg noch dabei?

Er kramt in seiner Jackentasche.

Kunde: Ja, hier. Das Buch hat mir nicht gefallen.

Der Kunde reicht mir das Buch. Zu sagen, dass es zerlesen aussieht, wäre untertrieben.

Ich: Haben Sie das Buch ganz durchgelesen?

Kunde: Natürlich, wie sollte ich sonst wissen, dass es mir nicht gefällt?

Ein Blick auf den Beleg verrät mir, dass er das Buch vor 4 Monaten gekauft hat.

Ich: Normalerweise wäre es kein Problem, das Buch umzutauschen, selbst nach dieser langen Zeit*, aber so wie es aussieht, kann ich es leider nicht zurücknehmen. Es muss unbeschädigt sein, damit wir es weiterverkaufen können.

Kunde (unschuldig): Wieso, was ist damit?

Ich: Es hat Eselsohren, der Buchrücken wurde offensichtlich stark geknickt und am Cover spalten sich die Ecken auf. (Ich blättere ein wenig in dem Buch) Und Sie haben sich sogar Notizen darin gemacht!

Kunde: ... also, bekomme ich einen Gutschein oder das Geld zurück?

- Ohne Worte.

*****

Eine Kundin tritt zu mir an den Tresen, nachdem sie sich einige Kochbücher angeschaut hat.

Kundin: Entschuldigen Sie, ich habe eine Frage.

Ich: Um was geht's?

Kundin: Ich möchte ein Kochbuch verschenken, weiß aber nicht welches. Ich würde gern vier oder fünf mitnehmen, sie meinem Mann zeigen – es ist ein Geschenk für seine Mutter – und mich dann entscheiden und die, die wir nicht nehmen, zurückbringen. Wäre das möglich?

Ich bekomme eine Ahnung, worauf das hinausläuft, aber ich sage nichts.

Ich: Natürlich. Es wäre nur gut, wenn Sie die Schutzfolie an den Büchern lassen.

Kundin: Klar, kein Problem.

Sie kauft fünf teure, dicke Kochbücher und bedankt sich bei mir für den Kundenservice. Zwei Tage später kommt sie mit allen fünf Büchern wieder, natürlich ist keines davon noch in der Schutzhülle verpackt.

Ich (scheinheilig wie der Papst): Oh, hat Ihnen und Ihrem Mann keines der Bücher zugesagt? Schade, dabei haben Sie sich so tolle Kochbücher ausgesucht. Dass die Schutzhüllen nicht mehr da sind, ist allerdings nicht so gut.

Kundin (ohne mit der Wimper zu zucken): Ja, wir mussten ja schließlich reinschauen, ob die Rezepte gut sind. Sie haben nicht explizit gesagt, dass ich sie danach nicht mehr umtauschen kann.

- So wie Sie nicht explizit gesagt haben, dass Sie sowieso nie eins der Bücher behalten, sondern nur die Rezepte kopieren wollten?

*****

Kundin betritt den Laden und kommt direkt zu mir an den Tresen.

Kundin: Guten Tag, ich möchte gern ein Buch zurückgeben.

Ich: Guten Tag! Kein Problem, haben Sie den Kassenbeleg dabei?

Kundin: Leider nicht, ich wollte ihn eigentlich aufheben, aber dann wurde mir mein Geldbeutel geklaut und der Beleg war noch drin.

Ich (mitfühlend): Oh nein, das tut mir leid zu hören! Ich hoffe, Sie bekommen Ihr Portemonnaie zurück, es ist ja immer so ein Ärger, sich alle Papiere neu ausstellen zu lassen.

Kundin: Ja, ich auch. Also können Sie das Buch zurücknehmen?

Ich: Normalerweise nicht, aber heute mache ich eine Ausnahme*, Sie können ja wirklich nichts dafür.

Kundin: Okay gut.

Ich drehe das Buch um, um den Barcode einzuscannen, da sehe ich, dass über dem Preis der Sticker einer deutschlandweit bekannten und weit verbreiteten Buchhandlungskette klebt.

Ich: Sind Sie sicher, dass Sie das Buch hier gekauft haben? Der Sticker ist nicht von uns.

Sie sieht mich lange an. Ich kann förmlich hören, wie es in ihrem Kopf rattert. Sie wägt ab, ob sie es noch einmal versuchen soll.

Kundin: Ich habe es definitiv hier gekauft. Ich kaufe immer hier ein, das wissen Sie.

Ich zeige ihr unsere hauseigenen Sticker.

Ich: Sehen Sie, das hier sind unsere Sticker. Der Sticker auf Ihrem Buch ist von einem anderen Geschäft.

Sie schaut nicht eine Sekunde lang auf das Buch, sondern starrt mich weiterhin nur an. Dann reißt sie mir das Buch plötzlich aus den Händen und stürmt ohne ein weiteres Wort aus dem Laden.

- Manche Leute haben es anscheinend nötig...


Ich weiß, was jetzt einige von euch denken: Woher weiß ich, dass diese Kunden böse oder zumindest zwielichtige Absichten hatten? Darauf kann ich nur antworten: Zu 100% sicher bin ich mir natürlich nicht. Aber meine Erfahrung bringt mich zumindest in den soliden 90%-Bereich.

*Wir sind ein wirklich kleiner, familiärer Buchladen, für den Kundenbindung und -service das A und O sind. Deshalb können wir manchmal solche Ausnahmen machen.

Mein irrer Alltag als VerkäuferinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt