Shopping-Tour im Super-Duper Mart

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Das Positive am Kampf gegen die vielen Viecher war gewesen, dass ich einiges an Kronkorken, Schrott und teilweise sogar Munition aus den verstrahlten Zombies holen konnte. Dadurch, dass ich den Super-Duper Mart bereits gefunden hatte, war es nur ein Katzensprung bis zum Eingang. Mein großes Problem war allerdings, dass ich nicht genug Munition für meinen gewöhnlichen Verschleiß an Patronen dabei hatte. Somit musste ich wohl darauf vertrauen, dass schon keine Gegner im Supermarkt lauern würden. Naja. Man kann ja zumindest hoffen. Oder träumen... Ja ok. War dämlich. Egal, weiter im Programm. Drinnen sah es aus, wie in jedem Gebäude des Commonwealth: Kaputt. Verwüstet. Zerfallen. Die Ware, die noch übrig war, war über den ganzen Boden und in gebrochenen Regalen verteilt. Hinzu kam, dass es natürlich wie immer stockefinster sein musste in so einem verlassenen Supermarkt. Nicht ein Lichtstrahl drang mehr in den Inneraum ein. Gut. War ja auch keiner da gewesen, um die Fenster mal zu putzen, schätze ich. Ich wollte bereits meine Finger nach einem Spielzeugauto in einem der Regale ausstrecken, nachdem ich das Licht meines Pip-Boys angeschaltet hatte, da rannte mir schon der erste Ghul entgegen. Ein leises Geräusch von raschelnden Popcorn-Tüten ertönte in meinem Schädel. Immerhin hatten die da drin was zu gucken. Vor einem Ghul machte ich mir nach dem vorherigen Erlebnis zwar wirklich nicht mehr in die Hose. Aber nur mit einem Baseballschläger in der Hand und 30
10mm Patronen war es wirklich nicht so leicht, diese verstrahlten Dinger von mir fern zu halten. Der Ghul rannte mit beeindruckender Geschwindigkeit auf mich zu, jeden Moment müsste er nah genug für einen Hieb gegen den Kopf kommen. Ich holte aus und konzentrierte mich. "Du schaffst das. Wer, wenn nicht Ben Smith, Star-Batter der High School,..." "Wohl eher Ersatz- Waterboy." Ich hätte es ja wissen müssen... Unter tosendem Gelächter vergeigte ich den Schlag, der Ghul flog unter dem Hieb hindurch und traf mich mit voller Wucht in den Magen. In der Zwischenzeit waren neue Ghule bereits auf meiner Map aufgetaucht. "Kann eigentlich IRGENDWAS auch mal funktionieren?" Meine Wut ließ das Gelächter nur noch lauter werden. Jetzt war es langsam genug. Ich hatte mich wirklich zu oft von denen rumschubsen lassen. Und so ein paar Ghule würde ich auch noch platt machen. Entschlossen umklammerte ich meinen Schläger und schlug dem Ghul mit voller Wucht den Schädel ein. Was...zugegebenermaßen wirklich widerlich war. Vor allem für jemanden, der kein Blut sehen kann... Ich könnte jetzt im Detail darauf eingehen, was genau mit dem verstrahlten Typen (oder von mir aus auch mit der verstrahlten Frau, Gleichberechtigung wird wahrscheinlich auch 200 Jahre nach meiner Zeit noch großgeschrieben) passierte, nachdem meine Schlagwaffe ihn zertrümmert hatte. Aber ich glaube, das Interesse daran hält sich in Grenzen. Jedenfalls war der erste meiner Feinde jetzt platt. Meine Kopfstimme hatte sich nebenbei offenbar am Popcorn verschluckt bei dem Anblick. Jetzt oder nie. Das war meine Chance, das Großmaul zum Verstummen zu bringen. Der nächste Ghul sprintete aus einem Gang hinaus, selbst aus Löchern in Wänden, die ich vorher nichtmal gesehen hatte, krochen die Viecher wieder einmal raus. Nach der abschreckend Erfahrung mit seinem Artgenossen entschied ich mich dafür, meinem Feind aus der Hocke heraus das Bein wegzuschmettern, was mir auf Anhieb gelang. "Um dich kümmer ich mich später.", meinte ich zu dem Vieh, das jetzt ohne rechtes Bein am Boden lag und versuchte, mich zu packen.
Die nächsten Ghule kamen immer näher, ich musste mich zwangsläufig im Supermarkt umherbewegen, sonst wäre ich schnell von ihnen in eine Sackgasse gedrängt worden. Einen großen Anteil daran, dass ich einen nach dem anderen der Gegner plätten konnte, spielte auch Dogmeat, der sich wie eine Mischung aus einem Pitbull, einem Schäferhund und einem auf Kampf getrimmten Königspudel verhielt. Wenn er die Beine der Opfer nicht direkt abbiss, hielt er sie immerhin so lange fest, bis ich gezielt auf sie draufschlagen konnte. Nach knappen zehn Minuten lagen mehr als zwei Dutzend nun endgültig eedigter Ghule auf dem Boden des Supermarktes verstreut. Das mag sich jetzt zwar ziemlich komisch anhören aber... zum ersten Mal, seit ich wieder aufgetaut war, verspürte ich eine Genugtuung, fast schon eine Zufriedenheit. Nicht unbedingt aufgrund der entstellten Leichen rund um mich herum. Und vielleicht auch nicht wegen dem eher unangenehmen Fäulnisgestank. Sondern weil ich mir selbst bewiesen hatte, dass ich zu mehr zu gebrauchen war, als ein Bespaßungsobjekt für meine inneren Stimmen zu sein. Und ja, dann kann auch eine zermatschte Blutlache am Boden einen glücklich machen. Glaube ich... Auf jeden Fall sammelte ich, wie mitlerweile üblich, allerlei Dinge von den Leichen auf, bevor ich mich auf eine endlich ungefährdete Erkundungstour durch den Supermarkt machte. Doch gerade, als ich den Baseballschläger in meinem imaginären Rucksack verschwinden lassen wollte, fiel mir der Ghul ein, den ich zu Beginn zurückgelassen hatte. Aus der Entfernung hörte ich ihn noch leise...Ghulgeräusche machen. Wie auch immer man das nennen will. Entschlossen und mit einem wohl etwas zu psychopathischen Grinsen auf den Lippen packte ich erneut meinen Baseballschläger, näherte mich dem Ghul bis auf die näheste Entfernung, holte mit voller Wucht zu einem Schlag von oben gegen seinen Kopf aus und...verfehlte. Was soll ich sagen... Superman war ich auch nicht auf einmal geworden. Zum Glück hatten das die Herrschaften in meinem Oberstübchen nicht mitbekommen, sonst wäre alles wieder von vorne losgegangen. Beim zweiten Anlauf, jedoch mit weniger Enthusiasmus, klappte es dann doch mit dem entscheidenden Hieb, der dem Ghul den Gnadenstoß versetzte.
In meiner Zuversicht und meinem Selbstvertrauen nun doch wieder etwas gedämpft, machte ich mich endlich auf zur Shopping-Tour, meinem eigentlichen Programmpunkt. Der Laden hielt glücklicherweise genau DAS bereit, was ich gesucht hatte. In den meisten Regalen und Ecken fand ich einiges an Munition, hauptsächlich für meine Impro- Waffen und meine 10mm Pistole. Auch Fusionszellen und ein dazugehöriges Laser- Gewehr mit Punkt- Reflexvisier lagen auf einem Tresen, bei dem außerdem Stimpaks und Kronkorken zu finden waren. Hier und da fand ich noch einige Schrottgegenstände, die Kleber, Kupfer und weiteres Zeugs, das ich vielleicht mal gebrauchen könnte, beinhalteten. Der Laden hielt zudem komischerweise noch einiges an fast schon gut versteckten Gängen parat, in denen ebenfalls Gegenstände aller Art nur darauf warteten, in meinem Rucksack zu verschwinden.
Am Ende des Tages hatte ich den Laden wirklich ausgiebig ausgeräumt und auch wenn es ein merkwürdigds Gefühl war, verließ ich den Super- Duper Mart am späten Abend ganz ohne zu bezahlen. Eine kleinlaute Stimme ertönte in meinem Kopf, als ich wieder unter freiem Himmel stand: "Das...war garnicht mal so übel." Das Unmögliche war geschehen. Ausgerechnet meine Kopfstimme gab klein bei und lobte mich. Ein Grinsen schlich sich in mein Gesicht. Wer sollte mich nach dem heutigen Tag noch aufhalten können?

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