Kaum waren wir alle in Sanctuary angekommen, kam Preston erneut auf mich zu. "Das ist ein guter Ort, um uns endlich wieder irgendwo nieder zu lassen. Was meinst du?" Nickend stimmte ich ihm zu, bereits im Begriff, mich zu verabschieden. Schließlich musste ich meinen Sohn finden. "Du weißt nicht zufällig was von Entführern irgendwo in der Gegend?", fragte ich Preston, der mich ununterbrochen anstarrte. "Keine Ahnung, wovon du sprichst. Aber wenn du irgendwelche Informationen suchst, solltest du nach Diamond City gehen." Gerade, als ich nach dem Weg fragen wollte, sah ich, dass mein schlauer kleiner Computer am Arm das alles schon für mich auf meine To-Do-Liste gepackt hatte. "Doch bevor du gehst, meinst du, du könntest uns vielleicht helfen? Wir müssen uns ein richtiges Zuhause aufbauen." "Na klar. Hast ja auch nichts besseres zutun als hier Monate lang irgendwelche Bäume zu fällen um am Ende einen Holzschuppen zusammenzubasteln". Ja, handwerklich begabt war ich noch nie, dass wusste nicht nur meine innere Stimme, die mich scheinbar runter machen wollte nach meinem grandiosen Sieg gegen das Vieh aus Concord. "Ich wüsste nicht, wie ich das anstellen sollte." Plötzlich meldete sich wieder mein Pip-Boy, der scheinbar "Helfe den Bewohnern in Sanctuary" auf meine Aufgabenliste gesetzt hatte. Ich sollte ein sogenanntes "Werkstatt-Menü" öffnen. Ich könnte jetzt wahrscheinlich stundenlang darüber berichten, wie unverständlich ich es bis heute finde, dass ich quasi mit bloßer Gedankenkraft in Minuten eine ganze Siedlung und die Natur drumherum abreißen konnte und eine schöne aus Holzhütten zusammengezimmerte neue Siedlung errichten konnte. Naja, "Rules of the Wasteland", schätze ich.
"Das ist ein guter Anfang für ein neues Zuhause.", meinte der Hobby- Cowboy Garvey, als ich mit den guten Neuigkeiten zurückgekehrt war. "Doch da wäre noch etwas, worum ich dich gerne bitten würde." "Da sind noch 5 andere Leute, die den ganzen Tag nichts tun und die du deutlich besser kennst, als mich. Warum muss ausgerechnet ICH dir helfen?" Ungefähr so etwas brüllte ich Preston entgegen. In meinem Kopf. Alles, was aus mir herauskam, war ein "Na schön, worum geht es diesmal." Ich war schon immer viel zu nett gewesen... "Wir, die Minutemen, haben die Aufgabe, die Bewohner des Commonwealth zu schützen. Aber wir sind nurnoch wenige, doch trotzdem brauchen die Leute weiterhin unsere Hilfe. Meinst du, du könntest in einer bestimmten Siedlung vorbeischauen? Ich markiere sie dir auf deiner Karte." "Und dein Sohn?", fragte mich mein innerer Engel. "Ich helf' ihm dieses Mal und dann geht's nach Diamomd City", murmelte ich in mich hinein, bevor ich Preston zusagte, bei der Siedlung "Abernathy Farm" vorbeizuschauen. Vor meiner Abreise nahm ich noch eine Impro- Pistole aus der Werkstatt von Sanctuary mit. Ich stellte mein Radio an, legte meine Powerrüstung ab (kein Saft mehr) und begab mich wieder in die Weiten des Niemandslandes.
Das Radio erhellte meine Stimmung deutlich, " The Wanderer" lief. Ein kleiner Fan dieser Musik war ich ja schon immer gewesen. "Wenigstens nen guten Musikgeschmack haben diese verstrahlten Ödland-Bewohner." Wie Recht meine Kopfstimme doch hatte. Auf dem Weg begegnete ich nur zwei kleinen Maulwurfsratten, die mitlerweile kein Problem für mich waren, auch weil mein treuer Hund eine wahre Kampfmaschine war. Und vielleicht musste ich mein Urteil über die postnukleare Welt doch noch einmal ändern. Hatte ich doch erst gedacht, es ließe sich hier wirklich schlecht aushalten, muss ich nun, nachdem ich die Landschaft näher gesehen habe, sagen: Hier lässt es sich überhaupt nicht aushalten. Wenn ich eine Definition von "eintönig" und "hässlich" zugleich abgeben müsste, diese Landschaft wäre perfekt dafür gewesen. "35... 36... 37 Oh ne, da hinten noch eins. 38", zählte meine innere Stimme nebenbei. 38 Autos. Und ich muss zu Fuß laufen, weil keines dieser Teile noch funktionierte. Langsam gingen mir diese Gesetzmäßigkeiten auf den Zeiger.
Nach einer gefühlten Ewigkeit der Langeweile, die nur durch das Radio aufgebessert wurde, kam ich am Ziel meiner Reise an: "Abernathy Farm entdeckt", meldete mein Pip-Boy. Ich war überrascht, dass man tatsächlich Pflanzen in dieser Welt anbauen konnte. "Tato" hießen die scheinbar mutierten Tomaten, die hier wuchsen. Nachdem ich ein paar mitgenommen hatte, schaute ich mich nach den Besitzern des Farmhauses um. Ein Mann kam direkt auf mich zu und kurz hatte ich die Befürchtung, er wolle mir jetzt eine Moralpredigt halten oder, was heutzutage wahrscheinlicher gewesen wäre, mich einfach umschießen, weil ich seine Tomaten geklaut habe. Aber natürlich interessierte das den Farmer absolut garnicht. "Was suchst du hier?", fragte der Mann. "Ich wurde von Preston Garvey geschickt. Von den Minutemen. Er sagte, ihr bräuchtet Hilfe in eurer eh..." ich schaute mich während meiner Antwort auf der "Farm" um. Es gab acht Sträucher, an denen mutierte Tomaten wuchsen, eine rostige Wasserpumpe und ein abgewracktes Farmhaus. "In eurer... Siedlung. Oder was man so nennen will." "Die Minutemen? Wurde auch Zeit." "Sorry. Bus und Bahn sind ausgefallen.", entgegnete ich gereizt. "Wir haben ein Problem mit ein paar Ghulen, die Nachts in der Umgebung herumschleichen. Wenn ihr uns helfen würdet, könnten wir uns überlegen, uns den Minutemen anzuschließen.", meinte Mr. Abernathy. "Ich werd' mich darum kümmern", entgegnete ich. "Ich markier' dir den Ort auf deiner Karte." Und wieder durfte ich mich auf Wanderschaft begeben. Ich glaube, nach diesen paar Stunden war ich mehr gelaufen, als die Jahre meines "normalen" Lebens zusammen. Als ich kurz auf den Pip-Boy schauen wollte, um zu wissen, wo ich hin musste, hätte ich mich am Liebsten umgedreht und dem Typen von der Farm ordentlich die Meinung gegeigt. Der Ort, von dem die "Ghule aus der UMGEBUNG" kamen, war schätzungsweise 10 Kilometer Luftlinie entfernt, wobei die Information "Luftlinie" wohl nichtmehr nötig war im Ödland. Hier gab es sowieso nichtsmehr, das das Laufen nach Luftlinie blockiert hätte. "Welcher verdammte Ghul läuft bitteschön 10 Kilometer nur um solche "Farmer" wie den Typen dahinten anzugreifen?" Das Radio musste wieder herhalten, damit ich nicht endgültig den Verstand verlor. "Das kommt davon, wenn man zu freundlich zu allen ist", meinte mein innerer Teufel, der die ganze Zeit über bereits Spaß daran gehabt hatte, sich über mein Leiden zu amüsieren. Es war wirklich nicht einfach mit den Dreien in mir.Der Ort, an den mich Abernathy geschickt hatte, war scheinbar irgendeine alte Lagerhalle oder so etwas in der Art. Die ersten Ghule rasten bereits auf mich zu und das V.A.T.S. erwies sich wieder einmal als eine wahre Wunderwaffe, bis ich dann doch auf die herkömmliche Art und Weise umstieg, da irgendeine "AP" Anzeige leer war. Mein Munitionsverbrauch war überdurchschnittlich hoch, da ich wirklich sehr angefressen war. Wenn ich schon ein paar bis zur Unkenntlichkeit verstrahlte Zombies vor mir habe, darf ich doch auch mal ein wenig Frust rauslassen, oder?
Mit der Zeit war ich wohl wirklich bereits besser geworden in meinen Schießkünsten und als auch der letzte Ghul seinen Tod (oder seinen zweiten Tod oder wie oft diese Viecher schon gestorben waren) gefunden hatte, sammelte ich alles Brauchbare aus den Leichen und der kleinen Lagerhalle auf und machte mich erneut auf die Reise.
An der Abernathy Farm wieder angekommen berichtete ich dann Stolz von meinem Erfolg. "Danke. Jetzt werden uns diese Dinger nicht mehr belästigen. Wir stehen in eurer Schuld. Von nun an können die Minutemen auf uns als Verbündete zählen." Kurz bevor ich fragen wollte, wen er mit "uns" meinte, sah ich seine Frau aus dem Farmhaus kommen. Abfällige Kommentare über seine Partnerwahl erspare ich mir an dieser Stelle. Jetzt, da meine Aufgabe erfüllt war, konnte ich auch Preston von den Neugkeiten berichten. Nach einem erneuten Fußmarsch, den man in manchen Städten vor der atomaren Zerstörung als Marathon gewertet hätte, stand ich wieder vor dem Ortsschild von Sanctuary, wo Preston, wie immer nichtstuend, herumstand. "Ich hab der sogenannten Siedlung geholfen zu der du mich geschickt hast. Sie werden die Minutemen von nun an unterstützen." "Das sind tolle Neuigkeiten. Vielen Dank." An das Lob konnte ich mich langsam wirklich gewöhnen. "Ich würde gerne etwas mit dir besprechen." "Sohn finden", bemerkte meine Kopfstimme mit einem Husten. "Jaja", murmelte ich in mich hinein. "Du hast uns ein Zuhause gegeben und bewiesen, dass du zu den Minutemen hältst. Ich möchte, dass du der neue General wirst!" "Bitte WAS?", schrien meine drei inneren Stimmen aus einem Munde. Die Kopfstimme fuhr fort: "Das ist ein klares Zeichen dafür, dass in deren Hirn nichtmehr viel richtig läuft wenn sie DICH zu ihrem Anführer machen wollen." Irgendwie hatten die Drei ja doch Recht... "Ehm... Danke Preston aber... ist das nicht etwas voreilig?" "Weißt du, der Vorteil, der einzige Minuteman zu sein, ist, dass keiner mir in die Entscheidung reinreden kann." Das klang eher traurig, wenn man es so betrachtete. "Deshalb, Willkommen bei den Minutemen, General!" Was hatte ich mir da nur wieder eingebrockt...
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Der Ödland - Überlebensführer
Fiksi PenggemarDa ist man 200 Jahre in einer Vault eingefroren und was ist das erste, das man sieht, wenn man wieder rauskommt? Genau, absolut garnichts. Außer der radioaktiv verstrahlten, zerfallenen Einöde natürlich. Der Ödland- Überlebensführer: Ein nahezu ikon...