Ein Freifahrtschein in die Hölle

69 5 6
                                    

Als Paladin Danse und ich wieder am Polizeirevier Cambridge angekommen waren, erklärte der Mann der Stählernen Bruderschaft mir, dass ich nun den Rang des Anwärters trug. Die beiden anderen Mitglieder der Bruderschaft, die Gelehrten Rhys und Haylen, versorgten mich zudem mit Aufgaben einer eher einfacheren Natur: Einen zuvor bestimmten Ort aufsuchen und entweder von allen dort ansässigen Viechern befreien, oder dabei noch eine scheinbar sehr sehr kostbare Technologie bergen. Mein Pip-Boy hatte die Aufgaben zwar wie immer sorgfältig auf meine To-Do-Liste geschrieben, doch um ehrlich zu sein hatte ich so meine Bedenken, dass ich mit meinen überschaubaren Fähigkeiten einen Ort säubern könnte, den mir diese erfahrenen Ödland-Krieger vorgeschlagen hatten. "Erster Dezember 2287. Ich dokumentiere erste Hirnaktivitäten des Subjekts." Warum war der nochmal ausgerechnet in meinem Oberstübchen?
Jedenfalls gab mir Danse höchstpersönlich noch den Auftrag, ein vor drei Jahren verschollenes Erkundungsteam der Bruderschaft zu suchen. Drei Jahre klingen jetzt für euch nach einer sehr langen Zeit, bis man mal das Suchen anfängt? Für mich auch. Deshalb nahm ich den Auftrag als fleißiger neuer Kaffee-Bringer, ich meine natürlich Auszubildender, der Bruderschaft selbstverständlich an, entschied mich jedoch dafür, dass das bisschen mehr Warten mit der Suche auch keinen Unterschied mehr machen würde.
Nachdem ich dann das Revier leicht enttäuscht aufgrund der Tatsache, dass ich immernoch nur meinen Vault-Anzug zum Schutz statt einer mächtigen Powerrüstung trug, verlassen hatte, plante ich meinen nächsten Schritt. Meine Aufgaben häuften sich, eigentlich war ich ja immer noch auf dem Weg nach Diamond City. Doch nun hatte ich wieder nur meinen Hund dabei, der zwar gegen Ghule und wilde Tiere eine hervorragende Arbeit leistete, gegen übrige Gegner wie diese Synths jedoch vergleichsweise wirkungslos blieb. Was würde ich tun, wenn mir solche Gegner auf meinem weiteren Weg begegnen würden? Oder wenn es noch viel schlimmeres gab? Also entschloss ich mich, vorerst Erfahrung zu sammeln und mich für den bevorstehenden Weg zu wappnen. Preston hatte mich vor nun bereits einiger Zeit nach Tenpines Bluff geschickt, also markierte ich die Quest als oberste Priorität und...hätte sie am liebsten gleich wieder gelöscht. Denn Tenpines Bluff lag nicht nur geografisch gesehen am nördlichsten Arsch des Commonwealths. Nein, ich war sogar ursprünglich auf dem Weg zum südlichsten Arsch des Commonwealths gewesen. "Dann pack' mal schön die Wanderstiefel aus. Wie wärs mit ein bisschen Marschmusik dazu?" Wieder erntete der werte Herr in meinem Kopf sämtliche Lacher. Aber Musik war eigentlich gar keine schlechte Idee. Dann konnte ich die da oben wenigstens nicht mehr ständig hören. Widerwillig plante ich meine Route über das bereits erkundete Lexington und die nahegelegene Mülldeponie und setzte mich in Bewegung, während Radiomoderator Travis den nächsten Song ankündigte: Worry Worry Worry von den Three Suns.


Nach einer halben Ewigkeit und ein paar Maulwurfsratten hier und da war ich endlich an der besagten Siedlung angekommen. Wieder einmal hatte diese Ortschaft ihre Bezeichnung als "Siedlung" nichtmal ansatzweise verdient. Ich dachte ja, die Abernathy-"Farm" wäre schon ein schlechter Scherz gewesen. Aber die zwei Leute, die hier hausten, hatten ein minimalistisches schmales Haus, ein weiteres Fundament eines Gebäudes, dessen ehemalige Wände nur noch erahnt werden konnten, und sage und schreibe sechs Tato-Pflanzen. Ansonsten war rundum nichts, und zwar absolut nichts, als Einöde zu sehen. Aber es half ja alles nichts, diese Leute brauchten Hilfe und- "waren offenbar sehr verzweifelt, wenn sie die Hilfe deiner Ein-Mann-Armee in Anspruch nahmen, General Smith." "Das war, was ich damit sagen wollte. Danke", sprach ich verbittert in mich rein. Der Alte hatte ja Recht, aber musste er es mir auchnoch jedes Mal beweisen?
Naja, jedenfalls suchte ich den hier ansässigen Siedler auf und er erklärte mir, dass sein Problem eine Raiderbande in der Nähe wäre. Seine "Raiderbande in der Nähe" befand sich wieder Kilometer weit entfernt, nämlich in der Corvega-Fertigungsanlage, die ich aus der Entfernung bereits in Lexington entdeckt hatte. Ich versicherte dem Mann, dass ich sein Problem lösen werde, und war zur Abwechslung mal froh, mich wieder auf den Weg machen zu können. Ein kurzer Blick auf meine Orientierungskarte gab mir die Richtung vor, doch plötzlich erschien ein Flugzeugsymbol ganz in der Nähe. "Ein Flughafen? Niemals, davon wüsste ich. Was könnte das also bedeuten?" Meine innere Fragerei brachte mich zu keiner Lösung und auch meine Kopfstimmen fuhren lieber mit ihrem Pokerspiel fort, das sie schon vor einer halben Stunde gestartet hatten. Das war wohl die Strafe dafür, dass ich sie mit Musik ignoriert hatte. Selbst psychische Störungen konnten wohl zickig sein.
Um meine Fragen zu beantworten blieb mir also nur übrig, mich zu dem Punkt auf der Karte zu begeben.
Auf der Hälfte des Weges musste ich Gleise überqueren, die aufgrund der im Ödland scheinbar nicht mehr funktionierenden Motoren wohl eher nicht mehr gefährlich waren, als ich in nicht allzu weiter Entfernung eine Frau mittleren Alters ausmachte. Mein Pip-Boy hatte sie mir noch nicht als Feindin markiert, deshalbt machte ich mich schleunigst auf den Weg zu ihr, vielleicht wusste sie ja etwas über dieses Flugzeug. "Entschuldigung?" "Hi. Ich bin Ness. Und ich könnte deine Hilfe gebrauchen." "Warum kommen die Leute eigentlich immer auf die Idee, dass ausgerechnet jemand mit einem ziemlichen schutzlosen Vault-Anzug als Bekleidung und keiner gezogenen Waffe ihnen helfen könnte?" Eine berechtigte Frage, die sich nicht nur meine Kopfstimme schon öfters gestellt hatte. "In der Nähe befindet sich ein abgestürztes Flugzeug, das von Raidern als eine Art Basis genutzt wird. Hilf mir, sie auszuschalten, und wir teilen uns die Beute." Also war der Ort ein Flugzeugwrack. Ich stimmte dem Angebot zu, schließlich würde dabei Profit für mich herausspringen. Und so ein Flugzeug hatte mit Sicherheit auchnoch einiges an Wertsachen zu bieten. "Wir treffen uns mit meinen anderen Helfern am Kamm dort unten in der Nähe des Wracks." Wie mir aufgetragen wurde, begab ich mich zu dem kleinen Abhang, während ich aus der Ferne schon das Flugzeug erkennen konnte, welches mein Pip-Boy als das Wrack des Skylanes-Fluges 1981 ausmachte. Oder eher dessen Einzelteile. Es war wohl in eine kleine Schlucht geraten und ausgerechnet so aufgeschlagen, dass die beiden Flügel oberhalb auf den Anhöhen lagen, der Rumpf jedoch in die etwas tiefer gelegene Schlucht gekracht sein musste. Fasziniert und schockiert zugleich wartete ich an dem vereinbarten Treffpunkt in der Nähe, bis Ness mit zwei Gunner-Soldaten auftauchte. Ich hatte noch nie zuvor etwas von "Gunnern" gehört, fragte jedoch auch nicht weiter nach, denn solang sie auf meiner Seite waren, konnte mir ja egal sein, warum die beiden eine eigene Militärrüstung trugen.
"Wir haben es mit sechs Raidern hier zutun und sechs weiteren, die momentan auf Patrouille sind. Da die jedoch wiederkommen werden, müssen wir auf Verstärkung gefasst sein. Haltet die Augen offen. Und jetzt los gehts." Die drei stürmten ohne zu zögern auf das Wrack zu, während ich erst einmal meine Impro-Pistole ausrüstete. Kaliber .36-Patronen hatte ich gefunden wie Sand am Meer, also sollte mein Munitionsvorrat dieses Mal nicht das Problem sein.
Ness und die beiden Gunners erledigten die meisten der Raider schon von gang allein, ich musste mich lediglich um zwei der gewaltbereiten Punks kümmern. Wie die Dame angekündigt hätte traf auch schon bald die Verstärkung ein, die jedoch ebenfalls ziemlich chancenlos blieb. Jedoch starb auch einer der beiden Gunners im Kugelhagel.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: May 12, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Der Ödland - ÜberlebensführerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt