Meet and Greet mit der Stählernen Bruderschaft

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Nach einer kurzen Verschnaufpause und dem elfstündigen Warten auf einer Parkbank, bis es endlich wieder hell wurde, blickte ich auf meinen Pip-Boy, um mir das Inventar nochmal genau anzusehen. Sogar ein paar Granaten und Molotow-Cocktails hatte ich aufgesammelt. Ich wusste zwar nicht, wie man die überhaupt benutzte und ahnte bereits zu diesem Zeitpunkt schon, dass ich die ersten Würfe mit diesen Dingern jämmerlichen vergeigen würde, aber welche dabei zu haben konnte ja trotzdem nicht schaden. Mit einem Blick auf die virtuelle Karte wurde meine Reiselust wieder einmal gehemmt, ich hatte mich Diamond City nicht mal ansatzweise genähert. Aber was tut man nicht alles, um seinen Sohn zu finden. "Bisher nicht allzu viel, um mal ganz ehrlich zu sein. Du hast dich sogar mehr darum gekümmert, diesen Schrott zu sammeln, als an deinen Sohn zu denken." "Das...also ich muss zu meiner Verteidigung sagen dass...ja ok is ja gut. Aber JETZT werde ich alles daran setzen, meinen Jungen zu finden." Entschlossen stand ich von der Bank auf und richtete meinen Blick in die Richtung, in die ich nun zu gehen hatte. Ich entschied mich dafür, für die lange Reise mein Radio wieder anzustellen, das würde auch einen unangenehmen Smalltalk zwischen mir und meinen Kopfstimmen verhindern.

Auf dem Weg blieb mir einiges an Zeit, über das Erlebte nachzudenken. Und über das, was noch vor mir lag. Vielleicht war mein Sohn gar nicht mehr am Leben. Oder ich würde sterben, bevor ich ihn finden konnte. Gedankenverloren setzte ich meinen Fußmarsch fort, bis ich unsanft von Schussgeräuschen ins Ödland zurückgeschleudert wurde. Instinktiv zog ich mein neues Lasergwehr und ging in die Hocke, um im Notfall einen ruhigeren Schuss zu haben. Ja, ich hatte eindeutig dazu gelernt. Aus der Entfernung sah ich das Polizeirevier Cambridge, von wo aus Laserstrahlen abgefeuert wurden. Innerlich dafür betend, dass die mit den Laserwaffen auf MEINER Seite standen, bewegte ich mich in Richtung des Reviers fort, bis ich erkennen konnte, was die Laserstrahlen für ein Ziel hatten: Ghule. Wie sollte es auch anders sein. "Wenn ich für jeden getöteten Ghul einen viertel Dollar kriegen würde..." "Hättest du nh paar Dollar mehr. Aber im Ödland zahlt man immer noch mit Kronkorken." Manchmal hasste ich mich selbst dafür, immer einen Kommentar abgeben zu müssen. Meine Kopfstimme konnte das ja nur von mir haben. Jetzt endgültig genervt zielte ich auf die Ghule nahe des Polizeireviers und schoss (auch dank des V.A.T.S.) die meisten von ihnen kurz und klein. Einige verpufften in roten Aschehaufen, die anderen hatten einige Körperteilverluste zu beklagen. Aber der Strom an Ghulen nahm immer noch kein Ende und allmählich stellte sich mir die Frage, wie zur Hölle radioaktive Strahlung solche hirnlosen Hässlichkeiten hervorbringen konnte. Soweit ich das nämlich mal richtig gelesen hatte, kann man nicht spontan zu einem Zombie werden nur weil nh Atombombe einschlägt. Aber egal, wie ich es drehte oder wendete, am Ende musste ich sie ja trotzdem abknallen. Also war wohl ab jetzt die beste Option, es einfach zu akzeptieren. Wie irgendwie alles im Ödland. Als dann auch endlich die nächsten Dutzend Ghule in einem ekelhaften Blut-Körperteil-Matsch tot am Boden lagen, schaute ich zu aller erst, wem ich hier eigentlich geholfen hatte. Kaum hatte ich mich umgedreht, sah ich einen Mann in einer imposanten Powerrüstung vor mir stehen, der nun sein Laser- Gewehr wegsteckte. "Danke für deine Hilfe. Mein Name ist Paladin Danse. Wir sind von der Stählernen Bruderschaft und das Polizeirevier ist eine Art Quartier von uns." "Nicht der Rede wert.", erwiderte ich und fügte hinzu: "Stählerne Bruderschaft? Nie von gehört. Aber wie es aussieht, habt ihr ein ziemliches Arsenal an Ausrüstung. Was macht ihr im Ödland?" "Die Mission von mir und den Gelehrten-" er deutete auf zwei weitere Leute, die jedoch keine Powerrüstung trugen, "ist es, das Commonwealth von genau solchen Viechern wie den Ghulen zu säubern."  "Klingt nach nem Plan", meinte ich daraufhin und steckte nebenbei meine Waffe wieder weg. " Leider haben wir momentan ein ziemliches Problem, bei dem du aber sicher helfen kannst. Nur falls es dir nichts ausmacht. Du kannst auch zuerst reinkommen und deine Vorräte etwas auffüllen." Die Wörter "Vorräte" und "auffüllen" ließen mich hellhörig werden, also stimmte ich zu, mir zumindest anzuhören, wo das Problem lag. "Aber JETZT werde ich alles daran setzen, meinen Sohn zu finden", äffte mich mein innerer Teufel nach, Gelächter brach wieder in meinem Kopf aus. Schien so, als wäre es schon wieder vorbei mit dem verdienten Respekt. Mein Engel schien nur enttäuscht zu schweigen. Nagut. Vielleicht geriet ich wirklich ungewöhnlich oft auf Umwege...aber wie sollte ich denn auch ohne Vorräte im Ödland auskommen? Naja. Jedenfalls begleitete ich die drei gut ausgerüsteten Personen ins Polizeirevier, wo ich mir alles unter den Nagel riss, was auch nur im entferntesten hätte nützlich sein können. "Er sagte auffüllen. Nicht dass du ihn ausrauben sollst."  Immer dieser Moralapostel... Da war mir das Böse in Person in mir manchmal lieber. Der hätte mir wahrscheinlich noch vorgeschlagen, Danse einfach umzulegen und die Rüstung mitzunehmen. "So ein guter Junge", ertönte es in meinem Kopf, mein Teufel schien eine kleine geschauspielerte Träne zu verdrücken.
Nachdem mein Inventar dann wieder am Rande der maximalen Belastung stand und ich einiges an Schrott wieder zurücklegen musste (im Nachhinein weiß ich auch nicht, warum ich 22 Klemmbretter und 4 Schreibmaschinen mitzunehmen versuchte), ging ich auf den Mann von der Stählernen Bruderschaft zu, um mit ihm über sein Problem zu reden, das er bereits angesprochen hatte. "Unser Bruderschafts- Funkleitstrahl ist leider defekt und das Gerät, das wir benötigen, muss von einem Gebäude von ArcJet Systems beschafft werden. Ich könnte deine Feuerunterstützung mehr als dringend gebrauchen." Was sprach schon dagegen, die mit den fetten Waffen und Rüstungen auf meine Seite zu bringen? Also stimmte ich natürlich zu und nachdem ich mich kurz mit den Gelehrten Rhys und Haylen unterhalten hatte, machte ich mich mit Paladin Danse auf den Weg zu ArcJet Systems, von dem ich nie zuvor gehört hatte.

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