Kapitel 2.6

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Gegen Abend erreichten sie endlich die einsam gelegene Kate des verbündeten MacLaurin Soldaten und Devon, der mit Bettys Gatten Jamie verwandt war, stieg sogleich von seinem Ross, um an die Tür zu schlagen. Indes der Hausherr war schneller und als er sah, dass einer der Soldaten gerade eine in mehrere Plaids der MacAlisters gewickelte Frau vom Pferd des Clansherren hob, und dieser das Weib sofort nach seinem Abstieg wieder entgegennahm, rief er sein eigenes Weib herbei, auf dass sie ein frisches Laken auf ihrer beider Bett breiten möge.

„Was ist Euch geschehen, Laird? Ist das Euer Weib?", fragte er, sowohl besorgt als auch wissbegierig. Er wusste nicht, ob der Clansherr der MacAlisters nicht doch inzwischen irgendein armes, junges Ding zur Ehe gezwungen hatte.

Er wünschte sich gewiss inzwischen Söhne, die seinen Clan befehligen mochten, wenn er selbst eines Tages das Zeitliche segnete.

Welchem Mann konnte es da schon anders ergehen? Doch als er nun einen Blick auf das bleiche reglose Gesicht des bewusstlosen Weibes erhaschte, war er beinahe enttäuscht. Gewiss sie war sehr schön, sah aber so zerbrechlich aus wie morsches Holz. Sie würde nicht einmal lange genug leben, um ein einziges Kind des teuflischen Clansherrn zu empfangen, geschweige denn es auch gesund auf die Welt zu bringen.

Innerlich aufseufzend, befahl er seiner Frau in barschem Tonfall ein Essen für die Gäste zu richten und ging dann selbst voran, um dem Laird und seiner besinnungslosen Last den Weg zu seiner Schlafkammer zu weisen. Die Bettdecken waren schon einladend zurückgeschlagen. Seine Frau war eine echte, robuste und flinke Highlandperle, stellte Harold voller Stolz fest, den er sich aber keineswegs ansehen ließ.

„Soll ich noch mehr Felle bringen, damit Euer Weib es wärmer und bequemer hat, Laird?", bot er mürrisch an. Ian schüttelte nur den Kopf und deckte Lillian sorgfältig zu. Weder korrigierte noch erklärte er Lillians Status, sondern strich der Besinnungslosen einfach sachte über die Wange,

was diese indes nicht einmal bemerkte.

„Ich brauche ein neues warmes Untergewand für sie. Ihres wurde bei einem Angriff der MacKeith zerfetzt!", knurrte er übellaunig.

Harold MacLaurin zog die Augenbrauen bis zum Ansatz seiner Haare hoch. Ein Zusammenstoß mit den brutalen MacKeith. Kein Wunder, dass der Clansherr aussah, als hätte ihm jemand Gift zu trinken gegeben. Wahrscheinlich hatte er sich seine Braut heimholen wollen und nun hatten die MacKeith sie beinahe getötet. Eine schöne Bescherung war das.

Sofort machte er sich auf den Weg in die Küche, um seinem Weib, das ebenso neugierig wie fleißig war, diese Geschichte brühwarm zu erzählen.

Die gute Frau ließ sofort alles stehen und liegen, übergab die Aufgabe des Gemüseputzens und -kochens an ihre beiden fast schon erwachsenen Töchter und suchte für die Frau des Clansherrn MacAlister das schönste Gewand ihre schlankesten Tochter hervor. Natürlich musste sie sich selbst um die Ärmste kümmern. Die schmutzigbraunen Fetzen ihres zerstörten Gewandes taugten noch nicht einmal mehr für Lumpen und Margaret MacLaurin war erschrocken, wie viele blaue Flecken und Wunden die zarte Haut der jungen Frau aufwiesen. Ob ihr Clansherr und Gatte daran vielleicht eine Mitschuld trug? Verunsichert zog sie die immer noch Besinnungslose um und deckte sie hernach wieder mit dem warmen MacAlister Plaid zu. Was für ein zartes Geschöpf, noch so jung und schön und nun an diesen grausamen Teufel gebunden.
Margaret getraute sich nicht länger in der Kammer zu verweilen, sie musste das Essen rechtzeitig auf den Tisch bringen, damit die MacAlisters nichts zu klagen hatten und am Ende noch dachten, sie seien ungastlich.

Nervös eilte sie wieder hinaus und an den Herd.

Wenn es eines gab, das ein Mensch in den Highlands niemals tun sollte, so war es den Teufel warten zu lassen, und Ian MacAlister war der Teufel höchstselbst.

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