Kapitel 3.4

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Die MacAlisters brüllten triumphierend auf und feierten mit lauten Schlacht- und Hochrufen ihren tapferen Laird, der nicht weniger als zehn MacKeith Bastarde getötet hatte.

Ian indes achtete gar nicht weiter darauf, säuberte nur sein blutiges Schwert mit einem grausamen Lächeln am verschmutzten Plaid eines gefallenen Feindes und hatte dann nichts Wichtigeres zu tun, als sogleich das Versteck Lillians aufzusuchen, um sie wieder vor sich auf sein Pferd zu setzen.

Gewiss wollte er sich aber auch ein wenig in ihrer Bewunderung für seinen außergewöhnlichen Kampfgeist sonnen.

Die MacKeith waren ihrem guten Versteck nicht besonders nahe gekommen, dafür hatten die MacAlisters hinreichend gesorgt.

Um so schockierter war er nun, als er die Äste und Blätter

von der Höhlung entfernte und Lillian heftig zitternd und

nach Atemluft ringend vorfand.

Ian war es, als hätte ihn gerade ein heftiger Hieb ins Gesicht die Sinne vernebelt. Sein triumphierendes Lächeln verblasste abrupt. Lillian sah verzweifelt zu ihm auf, suchte mit den Händen nach einem Halt, derweil sie anscheinend zu ersticken drohte.

Doch der Schein trog. Der Anfall war bereits wieder am

Abklingen, was der Highlander natürlich nicht wissen konnte, doch dass ihre Atemlaute noch immer so röchelnd klangen, kam Lillian gerade recht.

Zudem versetzte sein Aussehen alleine sie schon in schlimmste Seelennöte, so blutbesudelt und teuflisch wie er wirkte. Der Satan hätte selbst mit Hörnern auf dem Haupt gewiss nicht bedrohlicher ausschauen können.

Allein dies schien dem Laird gar nicht aufzufallen.

Er fauchte etwas Gälisches und kniete dann einfach neben

ihr zu Boden, derweil immer noch die lauten, gellenden

Triumphschreie seiner Soldaten im Walde nachklangen.

Die wächserne Blässe ihres Gesichtes wurde noch eine Spur heller, als er sie einfach an seine Brust zog und hielt, wie man sie vielleicht zuletzt als kleines Kind im Arm gehalten hatte, wenn sie etwas dauerte oder um sie nach einem der grässlicheren Anfälle zu trösten.

Doch dass ein Mann, schlimmer noch, ein Highlander sich diese Freiheit bei ihr herausnahm, ging denn doch zu weit, also wand sie sich heftig in seinen Armen und stieß mit beiden Fäusten gegen ihn. Er roch so entsetzlich nach Blut und Tod, sagte sie sich selbst energisch. Es war ihre Pflicht als Novizin, von einem solchen Monster Abstand zu gewinnen.

„Lasst ... mich!", keuchte sie atemlos hervor, mühsam ... oh, wie mühselig ihr das Sprechen erschien, obschon es ihr rasch immer besser ging. Ian ließ sich jedoch nicht von ihren Bemühungen beirren. Beruhigend und ausgesprochen ernst hielt er sie fest und strich ihr immer wieder über Haar und Rücken, rieb sie fest, jedoch nicht schmerzhaft, über den oberen Rückenbereich, knetete ihn sogar ein wenig. Und murmelte nur hin und wieder ein leises Wort, es klang wie ein rauer Befehl, doch da er auf gälisch gesprochen war, konnte sie es nicht einmal dem

Wortlaut nach verstehen.

Da ihre Bemühungen von ihm fortzukommen mit so wenig Erfolg gekrönt waren, hielt Lillian schließlich still, bangte nur und harrte aus, was er nun noch mit ihr zu tun gedachte. Er war ein Krieger nach einer für ihn gewiss erfolgreichen Schlacht.
Der Sieger bekam doch immer die Beute, oder? Sie hatte einmal zwei Schwestern des Konventes miteinander flüstern hören, über die seelenlosen Nordmänner, die über das Wasser kamen und sich fromme Nonnen sogar zu Sklavinnen machten, sie schändeten und leibhaftig besaßen. Waren die Highlander denn in diesen Dingen so anders? Wenn über sie gesprochen wurde, dann auf dieselbe Art und Weise wie auch über die Nordmannen. Wollte er nun also mehr von ihr? Kaum wagte sie noch zu atmen nach diesem abscheulichen Gedanken. Doch selbst wenn es so war, sie konnte es nicht verhindern. Sie war eine Frau, schwach, kränkelnd und der Willkür eines Barbaren ausgesetzt.

Zum ersten Mal seit sie ein kleines Mädchen war, flossen Tränen über ihre Wangen, immer reichlicher, sodass sie schon bald das Plaid des Highlanders durchweichten.

„Lillian", seufzte er schließlich brummig und hob sie auf seine Arme. Der Anfall war vergangen, ihr Atem ging wieder normal. Vielleicht trug er sie aus diesem Grund nun zu seinem schwarzen Ross und hob sie mit Hilfe eines Soldaten darauf, der das widerspenstige Biest im Zaume zu halten suchte.
Jedoch, da war es wieder.
Ian sah verblüfft wie auch seine Krieger zu dem schwarzen Luzifer hin, der, sobald das Weib auf seinem Rücken saß, urplötzlich von einer solchen Lammfrömmigkeit befallen wurde, das er ruhig stehen blieb und sich auch nicht im Geringsten rührte, als Ian ebenfalls hinter ihr aufsaß und Lillian erneut fest an sich zog.

„Ihr habt meinen Hengst verzaubert, Lillian.", brummte er ihr leise ins Ohr. „Wüsste ich es nicht besser, dass Ihr eher eine Heilige seid, ich könnte annehmen, Ihr wäret eine junge Hexe, die Ihren Bann über das Tier gesprochen hat!"

Zu seinem maßlosen Erstaunen, dass er sich aber nicht

anmerken ließ, wandte sie sich daraufhin abrupt zu ihm um und ihre Miene verriet Entsetzen wie auch Angst.

„Mylord, ich habe nichts mit eurem Ross getan!", rief sie heiser. Seine Krieger, inzwischen wieder verstummt, da sie die Tränenspuren auf Lillians feinen, zarten Zügen gesehen hatten und sich insgeheim fragten, was ihr Laird diese langen Minuten mit dem Weib hinter dem Baum getan hatte, um diese zu verursachen, drehten ebenfalls erstaunt die Köpfe.

Ian sah sie genauer an. „Habt Ihr Angst, dass man Euch für eine Hexe halten könnte, Lady Lillian? Haben es denn schon andere vormals so gedacht?", fragte er nur ruhig.

Lillian wurde sogleich flammend rot und wandte sich wieder nach vorne um. Ihr rasches Kopfschütteln überzeugte weder Ian noch seine Soldaten, was er bei einem raschen Rundblick in die Mienen seiner Männer ablas.

Ians Blick streifte wieder ihren bebenden Scheitel. Mit Daumen und Zeigefinger nahm er sich eine Strähne ihres Haares und betrachtete sie näher. Gewiss, das rot konnte man den dunklen Flechten vor allem im Sonnenlicht nicht abreden, doch ein rechtes, hell leuchtendes und weithin sichtbares Hexen-Rot hatte es indes nicht.

Ian neigte sich noch dichter vor, um Lillian wieder etwas ins Ohr raunen zu können, und spürte dabei ihr heftiges Beben.

„Erzittert Ihr denn nun vor mir oder vor der Vorstellung, als Hexe gebrandmarkt zu werden, da Euer Haar einen kleinen Schimmer Rot aufweist? Sind die Engländer also tatsächlich derart dumm und borniert, solch prachtvolles Haar sogleich zu ächten?", spottete er leise und trieb seinen Hengst gleich darauf in einen wilden Galopp, sodass Lillian ihm nicht mehr darauf antworten konnte.

Sie empfand es als einen Segen und dankte Gott dafür, dass ihr noch einmal ein Aufschub gewährt worden war.

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