Kapitel 3.1

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Lillian blinzelte heftig, noch während sie die Worte des Laird zu begreifen versuchte. „Aber ... aber das ist doch ganz unmöglich!", rief sie verzweifelt. „Ich kann nicht hier bei euch bleiben, Myl... - Ian!", berichtigte sie sich rasch, als sie seine erneut so finstere Miene bemerkte. Sie begann schon wieder zu zittern vor Furcht.

Himmel, sie stritt mit einem gefährlichen Riesen, der sie wohl in der Luft zerreißen konnte, so er denn wollte. War sie denn von allen guten Geistern verlassen oder einfach nur unbelehrbar? Hatte der MacKeith-Anführer ihr nicht schon zur Genüge demonstriert, was mit ihr passieren konnte, so sie nicht absolut gehorchte, und sich in ihr Schicksal dreinfügte? Aufgeregt biss sie sich die Lippe wieder wund, um nicht noch weitere Worte des Widerspruchs entkommen zu lassen.

Der Laird zog Lillian indes, die immer unglücklicher aussah, mit sich zu einem nahem Baum, reichte ihr dort zwei dicke wollene Plaids, die ein Soldat ihm eben gerade brachte und wickelte sich selbst in seines ein, bevor er sich gegen den Baum lehnte und leise knurrend die Augen schloss. Ratlos und verwirrt sah Lillian auf den riesigen Mann herab, der einfach nicht mit ihr reden wollte, und nur irgendwelche unsinnigen Anordnungen gab, denen sie aber nicht gehorchen konnte.

„Mylord, Laird ... ich muss wirklich mit Euch darüber sprechen!", versuchte sie es wider besseren Wissens noch einmal, nicht dazu fähig, einfach nur ihren Mund zu halten und zu schlafen. „Ich kann wirklich nicht hierbleiben, begreift das doch!", flehte sie ihn inständig an. „Ich ... bin zu schwach dazu.", führte sie als ein gutes Argument ins Felde und nickte bekräftigend, als er sie erneut finster musterte. „Dieses raue Klima hier bekommt mir sicherlich schlecht,", fügte sie eilig hinzu, um ihn zu überzeugen. „Ihr habt es doch heute bestimmt selbst bemerkt. Ich ... leide unter einer äußerst ... angegriffenen Gesundheit, deshalb wurde ich doch auch als Kind in den Konvent verbracht!", erklärte sie ihm zögernd.

Starr und ausdruckslos sah er sie an. „Werdet Ihr

voraussichtlich in nächster Zeit daran sterben?", brummte er scheinbar gelangweilt. Lillian war nun vollkommen durcheinander und wusste nicht mehr aus noch ein.

„Wie ... wie soll ich das denn bitte wissen?", platzte sie barscher als sie wollte hervor. „Das entscheidet doch

immer noch der Herrgott im Himmel und nicht ich, Mylord!"

Ian schloss seine Augen wieder und nickte scheinbar zufrieden. „Na dann ist es ja gut.", war seine ganze Erwiderung. „Ihr solltet Euch nun schlafen legen, Lillian.", fügte er in einem gelangweilt belehrenden Ton hinzu. „Vielleicht lebt ihr dann ja noch ein Weilchen länger."

Lillian hätte schreien mögen. Er glaubte ihr offensichtlich nicht. Solch ein sturer Esel.

Wie würde er sich wohl darüber schockieren, wenn sie erst wieder einen ihrer Anfälle von Atemlosigkeit haben würde?

Lillian ballte in hilfloser Wut die Hände zu Fäusten und sah sich hastig nach allen Seiten hin um. Alles war still, die Krieger hatten sich verteilt und in ihre Plaids eingewickelt. Sie schienen bereits fest zu schlafen, doch sicher war sich Lillian nicht dabei.

Allein der Wind strich mit eisigen Schwingen über ihr Gesicht und ließ sie erschauern. Da sie absolut nichts tun und gewiss auch nicht vor den MacAlisters weglaufen konnte, breitete sie nun ebenfalls das eine Plaid neben diesem störrischen Esel von einem Laird auf dem Boden aus, überlegte es sich dann jedoch rasch wieder anders und wollte lieber etwas weiter weg von ihm liegen, ... der Schicklichkeit wegen.

Da schoss seine Hand aus der Dunkelheit zu ihr empor und zerrte sie, den Oberarm hart umfassend, grob zu Boden. Beinahe hätte Lillian aufgeschrien, doch sie konnte es gerade noch unterdrücken, ihr entsetztes Aufkeuchen indes, hörten gewiss auch die am nächsten liegenden Soldaten.

Mylord!", zischte sie leise, da schob Ian sich auch schon an ihren

Rücken heran, breitete das zweite Plaid über ihr aus und zog sie dann fest an seine harte Brust.

Erneut keuchte Lillian erstickt auf und versuchte sich angstvoll erbebend aus dem stählernen Griff des kräftigen Kriegers zu befreien. Die grausigsten Bilder liefen wieder vor ihrem inneren Auge ab. Sie sah und spürte auch wieder den MacKeith-Anführer, wie er sie unsittlich befingerte, oh wie sehr sie sich deshalb geschämt hatte und sogar jetzt immer noch schämte! Würde MacAlister es nun genauso

halten?

„Bitte, Mylord, lasst mich gehen, ich flehe Euch an!", wisperte sie hilflos ins Dunkel der Nacht, wand sich unbehaglich und hoffte und bangte, während sie sich immer mehr neben ihm versteifte und abzurücken versuchte. Doch wagte sie nicht ihn zu schlagen oder zu treten. Was dann geschehen mochte, versuchte sie sich nicht einmal im Geiste auszumalen.
„Liegt endlich ruhig, Weib!", brummte Ian nun ebenso leise und zerrte sie erneut zurück an seine Brust.

„Eure Tugend ist nicht in Gefahr. Doch ihr braucht meine Wärme ... - bei Eurer ach so angegriffenen Gesundheit.", spottete er rau.

Lillian schluckte mehrmals und erzitterte dann wieder heftig. Seine Hand lag höchst unschicklich auf ihrem Bauch, direkt unter ihren Brüsten.

Er musste nur ein winziges Stück hinaufgleiten ...

Sie atmete ganz flach, um ihn nicht noch zusätzlich zu reizen.

Doch er tat gar nichts. Einige Zeit lag sie wie erstarrt da und harrte besorgt der Dinge, die da noch auf sie zukommen mochten.

Der Wind nahm noch an Stärke zu, war wirklich eiskalt und seine Brust an ihrem Rücken so wunderbar warm.

Es war unglaublich. Wie konnte ein einzelner Mensch nur solch eine Hitze abstrahlen, wenn es doch eigentlich sehr kalt war und er auch nicht einmal vernünftige lange Kleidung trug, sondern nur einen kurzen, barbarischen, unanständigen Rock?

„Ihr spottet über meine Worte, als glaubtet Ihr mir nicht.", versuchte sie sich von ihren unanständigen Gedanken abzulenken, indem sie es noch einmal mit Überzeugung versuchte. Die Mutter Oberin hatte immer gesagt, sie hätte ein gewisses Talent, alleine durch reden zu überzeugen. „Ich sage es höchst ungern, Mylord, doch Ihr werdet gewiss sehr bald miterleben, dass ich wirklich nicht zu Lüge pflege. Es wäre auch schließlich eine Sünde.", stieß sie leise hervor. „Ich würde selbst dann nicht lügen, um mich vielleicht vor Euch in Sicherheit zu wiegen, doch es ist tatsächlich so, wie ich es Euch sagte, Laird. Ich kränkle tatsächlich und es ist mitunter wirklich ernsthaft schlimm, kurz vor dem Tode sogar ... "

„Wenn Ihr nun endlich aufhören wolltet zu reden, Lillian, könnte wenigstens ich ein wenig Schlaf finden.", unterbrach er sie mit seinem Mund ganz dicht an ihrem linken Ohr. Sein warmer Atem strich über ihre Wange.

Herr im Himmel!

Lillian zuckte heftig zusammen, hob eine Hand schützend an ihr Ohr, presste die Lippen hart aufeinander und lag noch eine ganze Weile lang völlig regungslos, aber dennoch angespannt wie eine Bogensehne neben ihm auf dem kalten Boden.

Er legte sich zurück, ohne indes die Hand von ihr zu nehmen. Doch schob er schließlich sogar noch seinen Arm unter ihren Kopf und bot sich somit als eine Art Kissen an. Ein ziemlich hartes Kissen, fand Lillian. Der Mann war überall nur hart ... und riesig.

Sein Atem ging bald so ruhig, dass er schlafen musste und doch hielt er sie noch immer fest und irgendwie besitzergreifend in seinem Arm. Sie konnte sich nicht einmal einen Zentimeter von ihm wegbewegen, auch wenn sie es natürlich versuchte.

Schließlich war die Müdigkeit jedoch stärker als ihr verständlicher Freiheitswille. Seine Wärme lullte sie immer mehr ein, sie begann sich ganz gegen ihren Willen zu entspannen und schlief schließlich doch noch, dicht an ihn geschmiegt, ein.

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