Herz der Finsternis

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Was tust du wenn du einen Menschen verloren hast, den du liebst. Er ist innerlich tot, du kennst ihn nicht mehr. Du weißt nicht wer es ist. Du kannst ihn nicht einschätzen, doch du musst sofort handeln. Würdest du ihn überwältigen? Oder würdest du dich zu ihm bekennen? Ich wusste nicht mehr wie es geschehen war. Doch es passierte alles so plötzlich, so schnell- und doch so langsam. An die nächsten Momente kann ich mich nur noch schleierhaft erinnern. Doch das was am ende kommt, hätte niemand erwartet....

Er band mich langsam loß. Das Messer neben sich, schauten wir uns wie hypnotisiert in die Augen. Es schien als ob der letzte Funken Menschlichkeit in ihn war. So schnell wie er gekommen war, verschwand er auch. Ich hatte nicht mal mehr Zeit meine Tränen weg zu wischen, ich musste handeln! Ich riss mich los und versuchte mit schnellen Bewegungen an ihm vorbei zu kommen und Adam zu helfen. Ich stieß ihn weg von mir, er taumelten, fand wieder halt und warf sich über mich. Wir beide prallten auf den harten Boden. Er greifte meine Handknöchel die von den Riemen wund waren und drückte sie neben meinen Kopf. Seine beiden Beine legte er zwischen meine oberen Rippen so das ich keine Chance hatte mich zu befreien. Wieder und wieder zappelte ich unter seiner Last und versuchte ihn zu entkräften, vergebens. "Hör auf dich zu währen, Eve.Eve!". Ich spürte ein brennen an meiner Wange. Er hat mich geschlagen. Was will er noch von mir? Was?! "Wie konntest du nur so etwas schreckliches tun? Wer bist du wirklich?". Meine Stimme war ein kaum hörbares Flüstern. Meine Tränen liefen mir an meinen Schläfen hinab und hinterließen ein unangenehmes Gefühl der Nässe auf meiner Haut. Er kam noch näher, so nah das ich seinen kalten, übelriechenden Atem in meinem Gesicht aufnahm. Er schien wie besessen. Der letzte Funke Menschlichkeit war verschwunden, sie wurde ausgetauscht durch blanken Wahnsinn. Sein Mund umspielte ein Lächeln. Er nahm eine seiner Hände weg, doch ließ mir sein Blick keine Bewegung zu. Ich hörte ein Rascheln, ein zerren an meiner Hose. Er schob sie runter und ich versuchte den Blick seiner Augen stand zu halten. Ich kniff fest die Augen zusammen und versuchte die Tränen auf zu halten. Ich versuchte an etwas schönes zu denken. An den Familienausflug nach Disneyland. Wir waren alle zusammen, wir waren glücklich. Mit jedem weiteren harten Stoß in mir versuchte ich einen weiteren Moment in meinen inneren Augen abspielen zu lassen, nur um den Eindringling in mir irgendwie zu überspielen. Doch wurde er mir Sekunde über Sekunde prutaler. Ich spürte wie mir Flüßigkeit meinem Bein hinablief, es musste Blut sein. "Bitte, hör auf", flehte ich. "Hab Erbahrmen". Das einzige was ich danach noch vernahm war das Aufstöhnen von Adam der versuchte etwas zu sagen. Doch einzig und allein die Laute meines Peinigers waren zu hören. Im englitt sogar öfters ein Knurren aus der Kehle das nichts menschliches mehr an sich hatte. Bis er abließ. Ganz plötzlich, wie beim ersten mal. Er kippte schier zur Seite und kam nur schwer wieder auf die Beine. Wie denn auch wenn man jemanden so intensiv missbraucht hat, schoß er mir durch den Kopf. Ich fing leise an zu kichern, dann zu lachen. Ja es wurde immer lauter bis ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte. Aus unempfindlichen Grund lachte ich, bewusst, ich riskiere mein Leben. "Wie konnte sie schon von dir befriedigt sein?" Fragte ich belustigt. Langsam kroch ich zurück auf das Bettgerüst, beruht darauf keine ruckartigen Bewegungen zu machen. "Was denkst du wohl was sie täglich in deiner Abwesenheit getan hat. Sie hat es sich so richtig besorgen lassen. Von jedem aus der Stadt. Du hast sie Wahnsinnig gemacht." Ich brach in schallendes Gelächter aus. Ich spürte seine Wut. Man konnte sie praktisch mit den Händen greifen. Er ließ sich jedoch nicht aus der Fassung bringen und leerte einen Kanister voller gelblich, durchsichtiger Flüssigkeit. Benzin! Er kippte es sogar über Adam, der vor Schmerz aufschrie als das Benzin sich in seine Wunden den Weg bahnten. Er kippte es über das Buch, über die Betten, über alles was es sich zu verbrennen lohnt. Mein Mut hat mich mit einem mal verlassen. Ich schluckte schwer. Trotzdem wusste ich das ich nur einen Versuch habe. Ich ignorierte das Brennen zwischen meinen Beinen. Ich muss es wagen. Jetzt! "Doch weist du was das tollste an der ganzen Sache ist? Ich bin schwanger von dir, du verdammter Bastard!" Ich schrie die letzten Worte und berührte mit meinen Fingerkuppen die Metallgitter des Bettgestells. Ich drückte mich gegen sie, bereit zu fliehen. Er drehte sich um und tat genau das was ich von ihm wollte: Mein Vater rennt genau auf mich zu! Er wirft den Kanister dabei weg und stößt die Kerze um. Es entsteht eine Kettenreaktion und die umgekippte Kerze verbindet sich mit dem Kanister aus dessen Mündung noch etwas Benzin herausfließt. Sofort entsteht eine Stichflamme die sich immer größer nach vorne vorarbeitet und das Blau der Flamme tauscht den ganzen Raum in ein erschreckendes Spiel aus Schatten und Licht. Ich versuche aus zu weichen und rolle mich ruckartig zur Seite. Ich höre ein knurren, ein dumpfen Aufschlag. Ich wage es nicht nach hinten zu blicken und krieche nach vorne. Die Flammen zu meiner rechten, Adam zu meiner Linken. Plötzlich packt etwas meine Fußknöchel. Er zieht mich zu sich. "Lass mich los!" Ich versuche mich aus seinem Griff zu befreien und zappel mit meinen Beinen so gut es geht, doch er ist zu stark. Er zieht mich immer mehr zu sich. Ich höre sein besessenes Lachen und die tierartigen Laute die er von sich gibt. Ich schreie und als ich in meiner Vulva ein Stechen spürte gab ich einen tritt nach hinten. Er taumelte und stieß gegen etwas hartes. Ich höre nur noch den Aufprall seines Körpers. Ich krieche weiter nach vorne voller Panik; er könnte mich erneut packen und in das schwarze Loch ziehen aus dem er einst entstiegen ist. Angst überkommst mich beim Anblick des Feuers das sich einen Weg durch die Wand gebahnt hat. Endlich, als ich bei Adam angekommen, bin ziehe ich mich an seinem Körper hoch, er ist blutdurchtränkt. Das Schluchzen in meiner Kehle wird immer lauter und intensiver, dass ich meinen Kehlkopf vibrieren spüren kann. Adam kämpft zwischen Wachsein und Benommenheit. Endlich als ich es geschaft habe mich bis zu seinem Gesicht hoch zu ziehen sehe ich die Wunde an seinem Bauch. Sein Sweatshirt zeigt keine Farbe mehr. Ein lauter Knall hinter mir hindert mich daran seine Wunde näher zu begutachten. Ich schnappe mir so schnell das Messer wie es nur ging, bedacht auf meiner eigenen Blutspur nicht aus zu rutschen und löse mit alles Kraft die Ketten von Adams Gelenken. Der Balken an dem er befestigt ist, ist schon vom Ruß gekennzeichnet und das Feuer nimmt nun den halben Raum ein. Adam sinkt zu Boden und ich fange ihn auf. Das erste mal in meinem Leben wirkt dieser starke Mann so klein und verletzlich. Er hat seine Augen halb offen. Nach meiner Hand tastend ziehe ich ihn raus aus dem Zimmer meiner Mutter und bringe ihn zwischen den Türrahmen, an dem einst mein Vater die Krankenschwester umgebracht hatte. Ich schaute zurück und konnte meinen Vater sehen wie er auf mich zu gehumpelt kam. Das Feuer hatte nun den ganzes Raum gefüllt und die Flammen züngelten sich an jeden Poren der Wänden hinauf. Mein Vater verbreitete einen süßlich verwesenen Geruch, ein Geruch vom verbrannten Fleisch.Die Flammen greifen seine Kleidung an und seine Kapuze kämpft mit den blauen Monstrum. Seine Haut fängt an sich zu schälen und seine rechte Gesichtshäfte ist fast vollständig verbannt. Sein Nasenrücken trägt bereits Brandblasen und sein Oberkörper ist rußverschmiert. Sein eines Augenlid ist halb runter gebrannt und durch den letzten Fetzen kann man die vollkommen Schwarzen Augen sehen die mich und Adam fikzieren. Näher, immer Näher kommt er und ich ziehe Adam weiter. Bevor ein enormes grelles Licht den ganzen Raum einnimt und die Gestalt zu Boden sinkt und sich an den Wänden die Worte einer vielleicht doch nicht geisteskranken Frau widerspiegelten: Wir sind im Herz der Finsternis

Ich weiß nicht mehr von wo ich diese enorme Kraft herholte, Adam bis zu dem zweiten Flügel und anschließend nach draußen zu bringen, doch spüre immer noch die kühlende Luftbriese die in jener Nacht uns umhüllte. Der Himmel schien mir am Anfang pechschwarz. Er wandelte sich jedoch zu einem Sternebett aus, dass über uns die Wege erleuchtete. Adam lag auf meinen Schoß und ich strich ihm über seine blutverkusteten Haare. "Der Krankenwagen wird gleich da sein Adam, ich habe ihn gerufen. Es wird alles wieder gut." Immer wieder rannen mir Tränen über mein Gesicht und Adam schloß langsam seine Augen. "Ich liebe dich Adam." Flüstere mein Herz. "Der Krankenwagen wird gleich kommen. Ich höre schon die Sierenen". Sein Körper wurde langsam kalt und ich spürte wie seine Seele von Engeln enpor genommen wurde, an einen besseren Ort, ohne das der Krankenwagen je angekommen wäre....

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