Kapitel 21

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Wie ich feststellen musste, war McGonnagal nicht in ihrem Büro. Ich versuchte es in der großen Halle und hoffte, dass ich sie dort vorfinden würde. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass sie in der Mitte des Lehrertisches saß und sich angeregt mit Professor Slughorn unterhielt. Sie sah hoch und erblickte mich, woraufhin sie sich scheinbar von ihrem Gesprächspartner verabschiedete. Sie stand auf und kam auf mich zu.

„Es gibt wichtige Neuigkeiten, Mr. Malfoy. Ich habe soeben eine Expresseule bekommen, die vom Ministerium an unsere Schule, genauer gesagt an mich gerichtet ist. Lesen Sie selbst.“ McGonnagal hielt mir einen Brief entgegen. „Haben Sie etwa auch einen Brief erhalten? Hat es irgendetwas mit weiteren bevorstehenden Angriffen der Todesser zu tun?“, fragte ich etwas überrumpelt.
„Was wissen Sie über weitere Angriffe?“, fragte McGonnagal überrascht, wobei ihr Blick auf den Brief in meiner Hand fiel. „Sie haben auch einen Brief vom Ministerium erhalten. Steht bei Ihnen ein genauerer Zeitpunkt des Angriffs? Also, ich meine, ich bin etwas verwundert, dass Sie ebenfalls einen Brief erhalten haben, auch wenn ihr Sohn bereits angegriffen wurde. Naja, aber man weiß ja nicht, ob der Übergriff auf Ihren Sohn überhaupt etwas mit den Todesserangriffen zu tun hat. Es kann sich bei Ihrem Sohn ja um eine persönliche Streitigkeit mit bösen Folgen handeln.“

Sie schien zu denken, dass mein Brief, beziehungsweise der Brief meines Vaters vom Ministerium an mich gerichtet war, was aber keineswegs der Fall war.
„Professor, ich habe keinen Brief vom Ministerium erhalten.“, einen kurzen Moment stockte ich. „Ich gehe davon aus, dass Sie in der Erkenntnis sind, dass mein Vater, Lucius, aus Askaban entkommen ist. Und wie Sie wahrscheinlich wissen, ist er gemeinsam mit mehreren Todessern geflohen.“
„Aber ich dachte, ihr Vater wäre kein Todesser mehr? Wieso ist er dann mit ihnen geflohen?“, unterbrach mich McGonnagal.

„Er ist kein überzeugter Todesser mehr. Allerdings wird er immer ein Todesser bleiben, egal was er macht. Solange er das dunkle Mal hat, ist er ein Todesser. Solange dieses Mal an seinen Arm ist, wird er kontrolliert. Dagegen kann er nichts machen. Und auch ich, ich kann auch nichts dagegen machen. Professor, Sie wissen, dass ich das dunkle Mal trage. Ich war nie, nicht eine Sekunde lang überzeugter Todesser. Ich war Todesser meines Vaters wegen. Auch meine Mutter war nicht begeistert, als mein Vater mich dazu drängte, dem Dunklen Lord zu dienen. Aber das ist alles vollkommen egal. Ich bin durch das dunkle Mal ein Todesser, auch wenn ich es nie sein wollte. Allerdings haben die Todesser nicht solch eine Kontrolle über mich, da ich nicht viel, zumindest nicht viel Schlimmes im Auftrag des dunklen Lords gemacht habe. Desto mehr man im Auftrag der Todesser gemacht hat, desto größer ist die Kontrolle. Die Todesser sind nicht fähig, mich durch das dunkle Mal aufzuspüren, aber meinen Vater können sie jederzeit aufspüren.“

In ihrem Blick erkannte ich Besorgnis, aber auch eine Spur Mitleid. Sie schien nicht zu wissen, dass man als Todesser nicht überzeugt sein muss, um dem dunklen Lord zu dienen. Aber verübeln konnte ich es ihr wohl kaum. Woher sollte sie so etwas auch wissen. Ein überzeugter Todesser würde sowas niemals öffentlich machen. Immerhin sollten so wenige Informationen über Todesser an die Öffentlichkeit geraten wie nur möglich. Und ein nicht überzeugter Todesser würde sich wohl kaum, zumindest die wenigsten, über solche Dinge äußern. Zum einen, weil die nicht überzeugten Todesser nicht darüber reden wollten, da es den meisten unangenehm war und zum zweiten, weil die überzeugten Todesser dies wahrscheinlich irgendwie rausbekommen würden. Auch ich fühlte mich unwohl dabei, auszusprechen, was genau es bedeutete ein Todesser zu sein. Jedoch glaubte ich, dass die Todesser keine solche Kontrolle über mich hatten.

„Das tut mir leid, das war mir bisher nicht bewusst. Aber wann hat man schon die Gelegenheit so etwas von einen Todesser zu erfahren? Aber, was genau hat der Brief mit ihrem Vater zu tun? Der Brief ist von ihrem Vater?“, fragte McGonnagal.
„Ja, der Brief ist von meinem Vater. Er kann sozusagen aus erster Hand berichten, was die Todesser planen. Die Todesser wissen, dass mein Vater nicht mehr überzeugt bei der Sache ist und haben ihn deswegen unter besonderer Kontrolle. Trotz alledem hat er es geschafft, mir diesen Brief zukommen zu lassen.“

„Wenn Ihr Vater unter solcher Kontrolle steht, muss es für ihn wohl sehr wichtig gewesen sein, diesen Brief zu verfassen, immerhin hat er wahrscheinlich damit große Probleme bekommen, sofern die Todesser es herausbekommen haben.“

„Ja, wenn sie es herausbekommen haben, hat er damit sein Leben gefährdet. Und nicht nur wenn sie es herausfinden. Er hat sein Leben in Gefahr gebracht, auch wenn die Todesser es niemals herausfinden“, wieder legte ich eine kurze Pause ein. „Mein Vater berichtet davon, dass die Todesser bald angreifen wollen. Allerdings hat er nicht erwähnt wo und wann diese Angriffe stattfinden sollen. Dazu hat er noch geschrieben, dass die Todesser einen Agenten geschickt haben, der einen Angriff auf einen Schüler verübt hat. Dabei handelt es sich zweifellos um Scorpius und Korrglock. Und es sollen weitere Angriffe stattfinden, mein Vater hat erwähnt, dass es nur ein Vorbote war. Die Todesser versammeln sich wieder und suchen neue Anhänger im ganzen Land.“

„Dürfte ich den Brief einmal haben?“, fragte die Schulleiterin. Ich reichte ihr den Brief und sie begann angestrengt ihn zu lesen. Als sie fertig mit lesen war, faltete sie den Brief sorgsam zusammen und bat mich darum, ihn zu behalten. Natürlich willigte ich ein, da ich mir bereits gedacht hatte, dass der Brief für sie von Bedeutung war und sie ihn aufbewahren wollte.

„In dem Brief, den ich vom Ministerium erhalten habe, schreiben sie, dass die Todesser gedroht haben, alle Bildungsinstitutionen anzugreifen, die Kinder aufnehmen, die ihrer Meinung nach nicht würdig sind Zauberei zu studieren. Sie schreiben, dass die Angriffe noch in diesem Jahr stattfinden sollen. Da sich das Jahr dem Ende zuneigt, ist nicht mehr viel Zeit. Wenn sie dieses Jahr noch angreifen wollen, werden sie es innerhalb weniger Wochen tun. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit“, sagte sie.
„Und die ganzen Schüler? Wenn es wirklich einen Angriff auf Hogwarts gibt, dann sind die Schüler in Gefahr."

Wäre es nicht angebracht, die Schüler in Sicherheit zu bringen?“, wendete ich ein. Denselben Gedanken hatte wohl auch McGonnagal, denn sie nickte zustimmend.

„Ich werde alle Eltern benachrichtigen, dass sie ihre Kinder für eine unbestimmte Zeit zu Hause behalten sollen. Zudem werde ich alle Hauslehrer sofort informieren damit diese ihren Schülern mitteilen können, dass sie die Schule verlassen müssen. Ich werde sofort alle nötigen Vorbereitungen treffen. Ach, und was Ihren Sohn angeht, ich habe eben mit Madame Pomfrey gesprochen und sie ist der Meinung, dass Ihr Sohn in einen so guten Zustand ist, dass er gefahrlos innerhalb der nächsten Tage das Krankenbett verlassen kann. Er muss natürlich, vor allem wenn er dann wieder bei Ihnen zuhause ist, langsam machen und sich schonen.“

Jetzt kam auch Professor Slughorn auf uns zu. „Minerva, ich habe soeben die weiteren Hauslehrer informiert. Sollen sich alle Schüler hier versammeln oder willst du noch vorher mit ihnen reden?“, fragte Slughorn sichtlich nervös.
„Es muss alles so schnell wie möglich verlaufen. Es könnte jederzeit soweit sein. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Hauslehrer sollen ihre Schüler hier zusammenfinden. Dann, wenn alle versammelt sind, werde ich verkünden, was als nächstes passiert.“, antwortete McGonnagal, nickte mir zum Abschied zu und ging in Richtung Schulleiterbüro.

Scorbus | Father And Son - Erbe der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt