Kapitel 15

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Die Morgensonne war grell und schien auf den weißen Schnee, der überall wenige Zentimeter auf dem Boden lag und dadurch ein leichtes Glitzern verursachte. Der Schnee blendete ein wenig meine Augen. Ich setzte mich auf die nächstgelegene Bank und genoss die Wintersonnenstrahlen, bis ein paar Erst- oder Zweitklässler, so genau konnte ich es nicht sagen, an mir vorbei rannten und einer, der Jungen, über seinen offenen Schnürsenkel fiel.
Es war ein Junge aus Ravenclaw und das Mädchen, das bei ihm war, kam aus Hufflepuff. Mir wurde ziemlich schnell klar, weshalb die beiden so gerannt waren.

Hinter ihnen kamen mehrere Slytherins angerannt, die den Jungen, der gestolpert war, auslachten. „Ihr wertlosen Schlammblüter. Verzieht euch!“, brüllte einer der Jungen in der Gruppe von Slytherins. Aber der Junge, der gebrüllt hatte, war selbst kein Slytherin, sondern ein Gryffindor. Ich weiß, in deren Alter hab ich genauso geredet und so oft es nur irgendwie ging Muggelstämmige beleidigt, insbesondere Granger. Auch wenn ich zugeben muss, dass mir ein verschmitztes Lächeln über den Mund huschte, als ich daran dachte, wie ich früher mit Granger umgegangen bin.

Aber ich hatte mich geändert und deshalb nahm ich es nicht einfach so hin und stand von meiner Bank auf. „So Jungs. Ihr beruhigt euch jetzt mal und lasst die beiden in Ruhe. Wenn ihr die beiden schon beleidigen müsst, dann seit wenigstens nicht so feige wie jetzt. Zwei junge Schüler gegen eine Gruppe von um einiges älteren Schülern. Man könnte ja glatt denken, ihr hättet Angst vor den beiden, wenn ihr in so großer Zahl gegen zwei Kinder antretet“, pfeifte ich sie an.
„Ach nee. Was willst du denn jetzt. Brauchst gar nicht so tun, als hättest du das früher nicht selbst gemacht. Soweit ich weiß, bist du nämlich ein Malfoy. Pack dir erstmal an die eigene Nase“, zischte mich einer aus der Gruppe an.

Ich war ziemlich geschockt, über die Dreistigkeit dieses Jungen. Aber wie mir ein paar Sekunden später bewusst wurde, war der Junge nur halb so dreist, wie der der, der darnach das Wort ergriff: „Ist jetzt nicht wahr. Das da ist ein Malfoy? Dann musst du wohl Draco Malfoy sein. Mein Vater hat mir alles über dich erzählt. Und so viel ich gehört hab, bist du ein verdammter Schwächling. Genau wie dein Sohn. Obwohl – ich will mal nicht übertreiben. Dein Sohn ist nicht so ein Schwächling wie du – nein – er ist ein noch viel größerer Schwächling als du. Er ist eine verdammte Lusche. Der ist ja noch armseliger als du. Kaum zu glauben, dass das überhaupt geht.“

Jetzt platzte mir endgültig der Kragen. Wie konnte dieser respektlose Wurm es wagen, mich und vor allem Scorpius so zu beleidigen. Ich konnte inzwischen wirklich gut damit umgehen, wenn man mich beleidigte, aber sobald jemand meine Familie, insbesondere meinen Sohn oder meine Mutter hineinzog, sah ich rot. Ich dachte mir aber in diesem Moment, dass ich besser den Mund halten sollte, da mir sonst gewisse Dinge aus dem Mund gesprungen kämen, die ich später bereut hätte. Ich wollte schließlich keinen unnötigen Stress mit dessen Eltern bekommen.

Da erblickte ich ein Gesicht, welches ich früher schon so oft verflucht hatte. Sie schien die ganze Zeit dagestanden zu haben, ohne auch nur einen Mucks von sich zu geben. Hermine Granger. Inzwischen war sie ja Zaubereiministerin. Aber was wollte sie hier? War sie wegen Rose hier,  oder hatte es irgendetwas mit Scorpius Übergriff zu tun? Als sie bemerkte, dass ich sie entdeckt hatte, kam sie gemütlich und grinsend auf mich zu.

„Hallo Draco, so kenn ich dich ja gar nicht. Du setzt dich für Muggelstämmige ein? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Aber warum ich hier bin – ich hab gehört, dass Scorpius angegriffen wurde. Minerva hat irgendwas davon gesagt, dass du denkst, dass hier ein Todesser unterrichtet und dass er sich rächen will. Draco, mal ernsthaft – dass ist doch absurd! Ein Todesser als Lehrer in Hogwarts?“, erklärte sie mir mit ernster Stimme und sah mich dabei ungläubig an.
„Lass uns erst mal reingehen, da können wir uns in Ruhe unterhalten“, schlug ich vor. Dann vergewisserte ich mich, dass es den beiden Muggelstämmigen gut ging, indem ich mich zu ihnen umdrehte – was allerdings vollkommen unnötig war, da diese bereits über alle Berge waren.

Ich ging an der Gruppe von hauptsächlich Slytherin vorbei und vernahm, wie einer der Jungen dem Gryffindor ins Ohr flüsterte. Jedoch flüsterte er so laut, dass es mir unmöglich war, zu überhören was diese Ratte gesagt hatte: „Am meisten Leid konnte einem Scorpius Mutter tun. Das war echt die beste Entscheidung, die sie treffen konnte, zu sterben. Und mal ehrlich – ein Verlust war es wohl kaum.“

Mein Gesicht wurde knallrot vor Zorn, ballte meine Faust und war schon kurz davor, auf den Jungen loszustürmen, um ihm mal ein wenig Respekt beizubringen, aber Granger hielt mich mit ihrer Hand fest am Arm und zog mich weiter, Richtung Treppe, damit ich mich nicht dazu hinreißen ließ, auf diesen respektlosen Wurm losgehen.
Am Treppenabsatz ließ sie meinem Arm wieder los und wir suchten uns einen Platz, an dem wir uns ungestört unterhalten konnten.

Scorbus | Father And Son - Erbe der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt