Kapitel 4 - Kerumi

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"Hey, Bar Wirt... ich hätte gern noch 'n Glas Apfelsaft, wenn's geht.

Ich kann auch bezahlen", frage ich den Mann hinter der Theke.

Komischerweise kommt die Antwort nicht aus der Richtung des Mannes, an den die Bestellung ging. Vielmehr bekomme ich die Antwort von dem, der auf dem Barhocker neben mir sitzt.

Er hat nach links frisierte, schwarze fettige Haare und eine Schlägervisage. Seine breiten Schultern und sein Gesicht lassen ihn wie einen typischen Gangster wirken. Außerdem ist seine Nase verbogen und unter den Nasenlöchern entdecke ich eine vertrocknete Blutspur.

Sein muskulöser Oberkörper steckt in einer schwarzen Lederjacke, welche an den Nähten teilweise aufgerissen ist. Da die Jacke nicht geschlossen ist, sehe ich das Shirt, welches er darunter trägt. Genau wie das meiste an ihm, ist auch das Shirt schwarz. Mit großen, weißen Buchstaben steht darauf "Säufer trinken keinen Alkohol, sie saufen ihn" geschrieben. Die langen, ebenfalls kräftigen Beine befinden sich in einer engen, schwarzen - welche Farbe auch sonst - Jeans.

Als er mit mir sprich, weht mir der vertraute Geruch nach Alkohol aus seinem Mund entgegen. Anfangs denke ich, dass der Alkoholgeruch schon schlimm ist, doch als ein extremer Schweißgeruch auch noch dazu kommt, wünsche ich mir den Alkoholgeruch zurück.

"Moment mal, Fremder. In dieser Kneipe hab' ich das Sagen, kapiert?! Und wenn ich sage, du darfst nichts mehr bestellen dann machst du das auch, kapiert? Doch da du ein Fremder bist, werde ich nochmal ein Auge zudrücken und dir die Regeln erklären", sagt der Mann zu mir.

"Aber halt dich bitte kurz, in einer Stunde beginnt der Yoga-Kurs für Idioten, da muss ich dich unbedingt noch hinbringen", erwidere ich ohne irgendwelche Gefühle.

Als ich ihm danach in die Augen blicke, merke ich, dass mein erster Versuch ihn wütend zu machen funktioniert hat. Unschuldig und sarkastisch entschuldigend lächle ich den Mann an. Zum Glück für ihn kann er sich noch unter Kontrolle halten. Mit erschreckend ruhiger Stimme fährt er fort:

"Normalerweise, spendiert man mir ein Getränk meiner Wahl, sobald ich es will. Doch du hast das vorhin nicht getan, sondern mein Getränk zwar bestellt, allerdings hast du es dann zufälligerweise  auf mein Shirt geschüttet! Natürlich rein aus Versehen. Und so etwas gefällt mir gar nicht."

"Aber ich will ja nicht so sein. Zahl mir 'nen Rumskey und ich vergesse das alles hier. Na? Was sagst du dazu", beendet er schließlich seinen Vortrag.

"Du hast es selbst gesagt, NORMALERWEISE, das heißt, es gibt immer ein erstes Mal. Also lass mich in Ruhe"

Dann äffe ich seine Stimme so gut wie möglich nach und füge noch hinzu:

"Kapiert?"

Zusätzlich halte ich ihm meinen rechten Zeigefinger vor die Nase, sodass es aussieht, als würde ich ihn belehren.

Verständlich, dass ihn das zur Weißglut bringt. Sein Gesicht läuft hochrot an und seine Muskeln kontrahieren sich. Er macht eine kurze Handbewegung und kurz darauf stehen drei weitere muskelbepackte Männer vor mir. Auch sie tragen nur schwarze Klamotten. Allerdings hat einer der drei Neuankömmlinge so hell-blonde Haare, dass sie fast schon weiß wirken. Somit bilden die Haare einen unnatürlich wirkenden Kontrast zu seiner Kleidung.

Der Kleinste der Männer hat schulterlange, dunkelbraune Haare und einen enormen Bartwuchs. Damit der Bart jedoch nicht auf den Boden hängt, hat er ihn geflochten und mit Haarbändern zusammengebunden. In Gedanken liege ich lachend am Boden.

Der Übriggebliebene hat gar keine Haare, stattdessen hat er eine so glatt polierte Glatze, dass man diese als Spiegel hätte verwenden können, wären da nicht der mürrische Gesichtsausdruck und die vielen Muskeln.

Der AkrobatenkämpferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt