Eine erschreckende Erkenntnis

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Mein Blick schweifte durch die Höhle.
Das hier war wirklichabsolut kein Ort, um einen Kranken gesund zu pflegen.
Hier war es einfach viel zu dreckig, es gab zu viele Tiere und es war vor allem viel zu kalt und luftig.
Leise seufzte ich und setzte mich neben Gérards Kopf ans Feuer.
Dann stocherte ich lustlos im Feuer rum. Gérard beobachtete mich dabei mit seinem üblichen nachdenklichen Gesichtsausdruck.
"Bin ich so interessant, oder hab ich was im Gesicht hängen?"
Er schaute mich daraufhin verwirrt an und meinte schließlich:
"Weder das Eine noch das Andere."
"Aha, und wieso schaust du mich dann so an?"
Fragte ich daraufhin dezent genervt.
Er sah mich ein wenig erschrocken an.
"Stört es dich, wenn ich dich ansehe?"
Fragend blickte er mich an.
Ich konnte sehen wie er nachdachte.
Aber die Antwort blieb ich ihm schuldig.
Gérard fragte zum Glück auch nicht weiter nach, sodass ich in aller Ruhe meinen Gedanken nachhängen konnte.
Eine ganze Weile schwiegen wir und starrten ins Feuer.
Als ich wieder zu Gérard sah, war dieser eingeschlafen.
Ich musste lächeln, das sah einfach zu süß aus.
Wenn er schlief, wirkte er wie ein kleines, unschuldiges, einfach nur süßes Kind.
Sacht strich ich ihm durch's Haar und schaute ihm in sein friedliches Gesicht.
Die Fieberröte ließ ihn nur noch süßer aussehen.
MOMENT mal!
Was dachte ich da nur?
Wie kam ich denn auf solche Gedanken?!
Weg damit!
Raus aus meinem Kopf!
Schnell stand ich auf und ging aus der Höhle.
Ich musste unbedingt einen klaren Kopf bekommen, sonst würde ich hier noch verrückt werden!
Eine ganze Weile tigerte ich vor der Höhle auf und ab und wurde mit der Zeit zum Glück auch wieder ruhiger und setzte mich auf den Boden um ein wenig über meine Zukunft nach zu grübeln.
Irgendwann musste ich dabei wohl eingedöst sein, denn als ich die Augen wieder aufschlug, war es tiefste Nacht.
Erschrocken sprang ich auf und lief eilig zu Gérard in die Höhle.
Warum ich mich so beeilte?
Ich wusste es selbst nicht, ich wusste nur, dass ich es tat.
Gérard saß, dick eingemummelt in seine Jacke, am Feuer und stocherte mit einem Stock in den Flammen herum, in der Hoffnung, das Feuer würde ihn dadurch etwas mehr wärmen.
Ich nahm in paar Äste von dem Haufen, den ich aufgetürmt hatte und legte sie ins Feuer.
Beinahe sofort wurde es wieder größer.
Gérard sah mich an.
"Danke, Layla~"
Sanft lächelte er.
Ich nickte nur.
"Wie lange bist du schon wach, Gérard?"
Er zuckte die Schultern.
"Vielleicht 2 Stunden ... "
"Und wiso hast du mich nicht geweckt?!"
Das kam schärfer als beabsichtigt und entsprechend stark zuckte Gérard auch zusammen.
Leise meinte er dann:
"Du brauchst auch deinen Schlaf, Layla. Du kannst nicht den ganzen Tag lang wach bleiben und auf alles Mögliche aufpassen wollen ... "
Ich zuckte nur die Schultern.
"Nächstes Mal weckst du mih, okay?"
Das war mehr ein Befehl als eine Frage.
Gérard nickte nur und schaute schweigend in die Flammen, die ein interessantes Muster auf sein Gesicht zeichneten und seine Augen leuchten ließen.
Ich wendete mich mühevoll von ihm ab und wendete meine Aufmerksamkeit meinen Fingernägeln zu, rein um nicht zu Gérard zu schauen.
Eine ganze Weile betrachtete ich so meine Fingernägel, bis sich mein Magen meldete.
Leise seufzte ich, schaute was wir noch an Essbarem hatten, und machte mich dann daran, eine Suppe zu kochen über dem Feuer.
Gérard sah mir dabei die ganze Zeit zu.
Es musste ja furchtbar spannend sein, was ich da tat.
Als ich fertig war, gab ich ihm wortlocs einen Teller Suppe und machte mich dann über meinen eigenen her.
Nach kurzer Zeit hatte ich meine Suppe bis auf den letzten Bissen verputzt, während Gérard kaum etwas gegessen hatte und lustlos mit dem Löffel spielte.
Ich seufzte tief.
"Du musst was essen, Gérard, sonst kommst du nicht wieder zu Kräften~"
Meinte ich völlig ernst.
Gérard schaute auf seine Suppe, seufzte, und aß sie dann tatsächlich brav auf.
Ich lächelte triumphierend und schaute, dass das Feuer auch ja nicht kleiner wurde.
Als Gérard dann endlich fertig war, fühlte ich wieder seine Stirn, und seufzte erleichtert.
"Das Fieber sinkt endlich!"
Gérard sah mich an und nickte.
Dann legte er seine Hand sacht auf meine, nahm meine Hand sanft von seiner Stirn weg und legte sie stattdessen auf seine Wange.
Fragend sah ich ihn an, ließ meine Hand aber wo sie war.
Gérard lächelte sanft und schmiegte sich in meine Hand.
"Ich mag dich wirklich gern, Layla~"
Meinte er nachdenklich und sah mich dabei fest an.
Ich erwiderte diesen Blick nur ebenso nachdenklich und nickte geistesabwesend.
Als ich aus meinen Gedanken aufwachte, war Gérard wieder einmal eingeschlafen.
Leicht lächelnd deckte ich ihn fest zu und legte mich ein paar Meter weiter ebenfalls hin und schaffte es tatsächlich wieder einzuschlafen.
Als ich wieder aufwachte, spürte ich Gérards Jacke auf mir.
Ich drehte mich zu dem Platz an dem er geschlafen hatte, um ihn zur Schnecke zu machen, als ich ihn direkt am Feuer sitzen und Pilze rösten sah.
Ich ließ es bleiben ihn an zu brüllen und machte mich, während ich mich aufsetzte, mit einem Hüsteln bemerkbar.
Gérard schaute zu mir rüber, lächelte und meinte:
"Guten Morgen, Layla. Hast du gut geschlafen?"
"Ja, hab ich. Geht's dir wieder besser, Gérard?"
"Ja, dank deiner Hilfe."
"Ach was ... "
Langsam stand ich auf, ging zu ihm und setzte mich neben ihn hin.
Dann legte ich eine Hand auf seine Stirn.
"Das Fieber scheint weg zu sein!"
Rief ich freudig und könnte mich auch sofort dafür schlagen.
Was tat ich denn da?
Ich entwickelte doch nicht etwa Gefühle für Gérard?
Nein, das durfte nicht sein!
Ich konnte mich doch nicht in denjenigen verlieben, der meiner besten Freundin so viel Leid zugefügt hatte!
Das könnte ich mir nie verzeihen!
Aber ... was zum Teufel konnte ich denn schon dagegen tun?
Die Liebe konnte man ja nicht beeinflussen, selbst, wenn man es sich noch so sehr wünschte, und ich wünschte es mir mehr als alles Andere.
Aber nun war es so, und daran konnte ich jetzt auch nichts mehr ändern.
Aber ... war es denn überhaupt Liebe, was ich für Gérard Hernandez empfand?
Fragen über Fragen, und auf keine Einzige dieser Fragen wusste ich eine Antwort ... .


Warum muss Liebe so kompliziert sein?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt