Zurück nach Hause!

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Ich seufzte tief und dachte nach.
Bis Magnolia müssten wir es locker unbemerkt schaffen.
Ichmüsste ihn dann nur irgendwo in der Nähe verstecken und mich um eine Verkleidung kümmern, dann könnten wir völlig unbehelligt in die Stadt, zu meiner Wohnung spazieren.
Ja, so würde es am besten sein.
Ich sah zu Gérard, der mich seinerseits anblickte.
Leicht lächelte ich und überlegte, wie und wo ich am besten zu erzählen anfangen sollte.
Nach kurzem Grübeln schüttelte ich kurz den Kopf und sah ihn dann wieder an.
Am besten überlegte ich gar nicht groß, sondern überließ es einfach meiner Zunge.
"Also, morgen machen wir uns auf den Weg nach Magnolia. Bis zur Stadt sollten wir es problemlos schaffen. Ich besorge dir dann eine Vermummung, während du dich versteckst und wir machen uns dann auf in meine Wohnung. Was danach noch so alles kommt, werden wir ja dann sehen, wenn es so weit ist."
Damit hätte ich das ja nun auch geschafft.
Abwartend sah ich zu Gérard, der widerum mich nachdenklich anschaute.
"Was ist?"
fragte ich Gérard nach einiger Zeit verunsichert.
Hatte ich etwas Dummes gesagt?
Wieso dachte er nur so lange darüber nach?
"Nichts ... . Alles in Ordnung. Aber ... meinst du wirklich, dass das klappen wird? Ich meine, das ist doch ziemlich auffällig, oder?"
"Ja, schon, aber wir brauchen ja nicht am hellichten Tag in Magnolia einlaufen."
"Ja, stimmt auch wieder, aber trotzdem. Ist das denn nicht gefährlich für dich? Ich meine, denk nur an alles, was ich schon verbrochen habe!"
"Glaubst du, für dich ist es weniger gefährlich?"
Konterte ich und schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, Gérard schwieg daraufhin nur.
Offenbar wusste er nicht, was er darauf nun sagen sollte.
Ich grinste kurz kaum merklich über meinen Triumph und wurde dann sogleich wieder ernst.
"Ich würde sagen, wir ruhen uns jetzt noch aus, solange wir das noch können und laufen dann morgen los!"
Theoretisch könnten wir auch den Zug nehmen, aber das hielt ich, zurecht, für zu riskant.
Leider würde es zu Fuß ein paar Tage dauern, mit öffentlichen Verkehrsmitteln waren wir innerhalb von weniger als einem Tag in Magnolia, aber ich wollte das Risiko nicht eingehen, dass man Gérard erkannte.
Das würde uns nur beide in den Knast bringen, und darauf hatte ich nun wirklich keine Lust!
Ich seufzte lautlos und sah zu Gérard, der bereits selig schlummerte.
Kurzum beschloss ich, mich zu ihm zu legen und ebenfalls zu schlafen.
Kaum hatte ich mich sacht an ihn geschmiegt, um nicht auszukühlen, da schlangen sich auch schon zwei starke Arme um mich.
Erschrocken sah ich zu ihm, doch er schlief weiterhin selig.
Leicht schmunzelte ich, schmiegte mich etwas mehr an ihn und schlief schon sehr bald ebenfalls ein.
Nach einigen Stunden wachte ich wieder auf und sah zu Gérard, der just in diesem Moment ebenfalls aufwachte.
"Morgen, gut geschlafen?"
Fragte ich sogleich und schaute ihn an.
Gérard blinzelte im ersten Moment verwirrt, schien dann völlig aus seiner Traumwelt in die Gegenwart zu gelangen und nickte dann.
"Und du Layla?"
"Sehr gut"
Meinte ich lächelnd und setzte in Gedanken ein >dank meiner heißen Wärmflasche< hinzu.
Bei diesem Gedanken lief ich sogleich rot an, drehte mich von ihm weg, setzte mich auf und streckte mich erst einmal ausgiebig.
Danach krabbelte ich zu den übrigen Vorräten und teilte sie auf.
Gérard beobachtete mich, wie so oft, bei meinem Tun und legte dabei nachdenklich die Stirn in Falten.
Als ich fertig war, gab ich ihm wortlos seinen Anteil und schlang den Meinen schnell runter, um nichts sagen zu müssen.
Gérard schaute, wieder einmal, im ersten Moment etwas verwirrt, tat es mir dann aber nach.
Nachdem wir dann gefrühstückt hatten, stand ich sogleich auf, verwischte, nur für den Fall, all unsere Spuren und lief dann auch sogleich mit Gérard los.
Schweigend gingen wir ein paar Stunden nebeneinander her, immer fernab von jeglicher Zivilisation.
Eigentlich wollte ich ja ein Gespräch mit ihm anfangen, aber ich wusste nicht, was ich hätte sagen sollen.
Leise seufzte ich und lief weiter, bis wir an einer kleinen Lichtung ankamen, wo wir Rast machten, unsere restlichen Vorräte, die wir beim Frühstück übrig gelassen hatten, verputzten und neue Vorräte zusammen sammelten.
Noch immer kam kein Gespräch in Gange, also schwiegen wir uns weiterhin an.
Nachdem wir einiges an Beeren, Pilzen und Kleinwild gesammelt und gejagt hatten, gingen wir weiter.
Bis in die späten Abendstunden liefen wir schweigend weiter, legten uns zum Schlafen eng aneinander geschmiegt im Schutz eines Gebüsches hin und schliefen raschein, in den Schlaf gewiegt von der Körperwärme des jeweils Anderen.
Ein paar Tage lang ging es noch nach diesem Schema weiter, dann standen wir endlich am Waldrand, vor unseren Augen unser Ziel: Magnolia.
Gérard versteckte sich, wie geplant so, dass man ihn nicht gleich entdecken konnte und ich lief in die Stadt hinein, als hätte ich nie etwas Anderes gemacht.
Gemächlich spazierte ich durch die Straßen und sah mir die Läden an.
Als ich dann einen für meine Ansprüche passenden gefunden hatte, ging ich rein, suchte einen schwarzen Kapuzenpulli, achtete sorgfältig darauf, dass Gérard mit der Kapuze auch wirklich sein Gesicht verdecken konnte, und ging dann eilig mit dem Kleidungsstück zurück zu Gérard, der geduldig an genau der Stelle wartete, an der ich ihn zurückgelassen hatte.
Als ich das so sah, musste ich unwillkürlich an einen dressierten Hund denken, woraufhin sich ein Grinsen auf mein Gesicht stahl, welches ich aber sofort wieder von meinen Zügen verbannte, um ein ernstes Gesicht zu machen.
Ich reichte Gérard den Pulli.
"Zieh den an und zieh die Kapuze in dein Gesicht, das sollte reichen, damit dich niemand mehr erkennt."
Er sah mich kurz an, nickte dann, zog seine Jacke aus und den Pulli an.
Die Kapuze zog er, wie befohlen weit in sein Gesicht, sodass man kaum mehr als seinen Mund erkennen konnte.
Zufrieden lächelte ich und wartete noch bis zur Dämmerung, dann wendete ich mich zum Gehen, als mir etwas Wichtiges einfiel.
"Ah! Wenn wir durch Magnolis spazieren, kann ich dich natürlich nicht bei deinem Namen nennen, also heißt du ab jetzt, in der Öffentlichkeit zumindest, Neal. Okay?"
Er nickte nur.
"Gut, dann lass uns losgehen!"
Wieder nickte Gérard und folgte mir, als ich losging.
Kurze Zeit später befanden wir uns mitten auf der Hauptstraße von Magnolia, die noch immer sehr belebt war.
"So, die nächste Seitenstraße rechts müssen wir rein ... Neal"
Er antwortete nicht.
Ich sah zu ihm nach hinten ... und stöhnte laut auf.
Das konnte doch jetzt nicht wahr sein!
Gérard war weg ... !

Warum muss Liebe so kompliziert sein?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt