Einige Überlegungen, vor dem Aufbruch

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"Layla? Layla, ist alles in Ordnung?"
riss mich auf einmal Gérard aus meinen Gedanken.
"Öhm ... klar, alles okay. Ich musste nur über etwas nachdenken ... "
meinte ich daraufhin nur und kratzte mich verlegen am Hinterkopf.
Er nickte nur, und wirkte irgendwie bedrückt.
"Was ist denn, Gérard?"
"Es muss schön sein, sich erinnern zu können. Dann muss man sich nicht über alles Mögliche den Kopf zerbrechen ... "
kam es traurig von ihm.
"Dafür bist du dir aber auch schmerzlich im Klaren darüber, was du schon alles für Schei*e gebaut hast ... "
Nachdenklich legte Gérard den Kopf schief, dann nickte er.
"Da hast du wohl recht ... aber wieso sagst du das so? Habe ich früher so schlimme Dinge getan? Sei bitte ehrlich!"
Gérard klang verzweifelt, er wollte wohl ganz unbedingt ganz genau wissen, was er schon alles verbrochen hatte.
Gut, ich konnte ihn schon verstehen.
Immerhin wusste er gar nichts von seinem früheren Leben, aber wenn ich es ihm sagte, würde er sich furchtbare Vorwürfe machen, weil er früher so schreckliche Dinge getan hatte.
Ich war hin und her gerissen und kämpfte mit mir selbst.
Sollte ich es ihm nun sagen, oder sollte ich es ihm vorenthalten?
Was war besser?
Reden oder Schweigen?
Vorwürfe oder Unwissenheit?
"Layla, was ist? Sagst du es mir nun? Oder nicht?"
Aus seiner Stimme konnte man deutlich heraushören, wie sehr er darauf brannte es zu hören.
Ich seufzte tief.
"Na schön ... ich werde es dir sagen ... "
gab ich mich letztendlich geschlagen und erzählte ihm alles, was ich wusste, ohne Pause und ohne auch nur die kleinste Kleinigkeit auszulassen.
Gérards Augen wurden immer größer, je mehr ich erzählte und ich zweifelte immer mehr daran, ob es wirklich die richtige Entscheidung gewesen war, es ihm zu sagen.
Als ich geendet hatte, starrte Gérard ins Feuer.
In seinem Gesicht waren Selbsthass und Wut zu lesen.
Vorsichtig legte ich meine Arme um ihn.
Gérard tat gar nichts.
Er wehrte sich nicht dagegen, erwiderte die Umarmung aber auch nicht.
Er saß einfach nur stumm und bewegungslos da und ließ mich gewähren ... .
Eine gefühlte Ewigkeit saßen wir so da, bis Gérard dann irgendwann einfach in meinen Armen einschlief.
Ich musste lächeln und legte ihn vorsichtig am Feuer ab.
Er sah irgendwie total süß aus, wie er so schlief.
Kurze Zeit sah ich ihm so beim Schlafen zu, dass verließ ich langsam die Höhle und ging auf Nahrungs- und Feuerholzsuche, da beides langsam aber sicher zur Neige ging.
Nach etwas mehr als 2 Stunden hatte ich einiges an Holz und Nahrung zusammen gesammelt und machte mich wieder auf den Weg zurück zu der Höhle, wo ich Gérard genau so vorfand, wie ich ihn zurückgelassen hatte.
Ich setzte mich neben Gérard, nachdem ich das Feuerholz fein säuberlich aufgestapelt und das Essen in einem Kristallschrank, den ich mit meiner Magie geschaffen hatte, verstaut hatte.
Ich deckte ihn sanft mit seiner Jacke zu und starrte dann ins Feuer.
Ich versank in Gedanken und dämmerte weg.
Nach einiger Zeit nahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahr und sah zu Gérard.
Er war aufgewacht und hatte sich aufgesetzt.
"Na, gut geschlafen?"
fragte ich ihn lächelnd.
Er nickte nur und sah mich nachdenklich an.
"Worüber denkst du schon wieder nach Gérard?"
fragte ich mit schief gelegtem Kopf.
"Ich frage mich immer noch, warum du dich so um mich kümmerst ... "
Ich seufzte tief.
"Das habe ich dir doch schon gesagt, Gérard ... "
Ich runzelte die Stirn.
"Ja, das schon, aber ich verstehe es nicht ... "
"Was gibt's daran bitteschön nicht zu verstehen?"
"Ich weiß es nicht, aber ich verstehe es eben nicht ... "
Ich stöhnte entnervt.
"Tja, dann kann ich dir leider auch nicht helfen."
Ich sah ihn an.
"Aber mal was Anderes Gérard! Wie geht's dir eigentlich?"
Er legte den Kopf schief und schaute nachdenklich drein.
"Gut ... soweit. Ich fühle mich nicht mehr kraftlos und schwach und mir ist auch nicht mehr so schrecklich warm ... . Das ist doch gut, oder?"
"Natürlich ist das gut! Sehr gut sogar!"
Ich bekräftigte meine Aussage mit heftigem Kopfnicken und einem breiten Grinsen.
Gérard lächelte daraufhin zögernd und sah mich an.
Ich war mittlerweile wieder ernst geworden und sah ihn an.
"Wir warten noch 1 oder 2 Tage, dann brechen wir nach Magnolia auf!"
Er runzelte die Stirn.
"Aber, die werden uns ... mich doch fortjagen, wenn sie mich erkennen?!"
"Nicht, wenn wir dafür sorgen, dass sie dich eben NICHT erkennen!"
"Und wie willst du das schafen???"
"Lass das mal getrost meine Sorge sein. Mir wird da schon noch was einfallen!"
meinte ich selbstsicher und grübelte über eine Lösung nach.
Am besten wäre es natürlich, wenn er sich vermummen würde, aber ... woher eine Verkleidung nehmen?
Ich konnte ihn ja schlecht in eine Baumrinde stecken und als Baum verkleidet einschmuggeln!
Aber wie sollte ich es sonst machen?
Ich konnte mit Gérard in keine Stadt marschieren, da man ihn überall kannte ... .
Ich seufzte leise und überlegte fieberhaft weiter.
Es musste doch schließlich eine Lösung geben!
Ich könnte natürlich Gérard irgendwo verstecken und mich dann ohne ihn um eine Vermummung kümmern, welche ich ihm dann brachte, damit er diese dann anzog und dann mit ihm weitergehen.
Aber es widerstrebte mir allein schon die Vorstellung, Gérard irgendwo alleine zu lassen.
Wer weiß, was er alles anstellte?
Oder was man mit ihm alles anstellte?
Allein schon der Gedanke bereitete mir Magenschmerzen.
Ich seufzte tief und sah Gérard nachdenklich an.
Wenn ich ihm einschärfte nichts Dummes zu tun, könnte ich ihn doch für eine Stunde alleine lassen, oder?
"Was ist, Layla?"
"Ach, ich frage mich nur, wie ich das Ganze am geschicktesten anpacke, ... ohne dich allene zu lassen ... "
"Warum?"
"Naja, wer weiß, was passieren könnte, solange ich weg bin ... "
Gérard blinzelte verwirrt.
"Es wird nichts passieren, da bin ich mir sicher. Außerdem weiß ich, wie ich meine Magie benutzen muss. Aber das hast du doch schon gesehen!"
"Ja, schon ... . Sorry ... ."
Ich schaute ihn entschuldigend an.
Er hatte ja recht, ich wusste, dass er seine Magie benutzen konnte.
Gedächtnisverlust hin oder her.
Aus irgendeinem Grund jedoch WOLLTE ich es nicht wahr haben, aber ich konnte mir nicht erklären weshalb ... .


Warum muss Liebe so kompliziert sein?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt