• Kodaline - Follow Your Fire •
»Lass es uns tun!«
Yashar sieht mich verständnislos an.
»Komm schon, lass uns einfach schwänzen.« Ich schlinge die Arme um seinen Hals und verschränke meine Finger in seinem Nacken.
Er starrt mich einen Augenblick einfach nur an, als könnte er nicht glauben, was ich da von mir gebe. Sekunden - vielleicht sogar Minuten - verstreichen. Schließlich scheint er zu begreifen, dass ich es ernst meine, und lacht. »Nein«, sagt er und dann noch einmal, mit mehr Nachdruck: »Nein, Nora.«
»Du bist so ein verdammter... Spielverderber«, murmele ich und sehe ihm in die dunklen Augen. Ich beuge mich so weit nach vorne, dass sich beinahe unsere Nasenspitzen berühren, und dann schauen wir uns einfach nur an.
Das ist so ein Ding zwischen uns - das mit dem in die Augen starren, meine ich. Immer wenn wir beide verschiedener Meinung sind, sehen wir uns so lange an und versuchen total ernst dabei zu gucken, bis einer schließlich nachgibt.
Und ja: meistens bin ich diejenige, die nachgibt. Ich bin einfach nicht gut in diesem Spiel. Jedes Mal versuche ich an etwas trauriges zu denken, an wirklich verdammt tragische Dinge, aber ich schaffe es einfach nicht. Ich kann nicht so lange ernst gucken. Manchmal versuche ich es sogar mit dummen Grimassen, die Yashar aber nicht im Geringsten zum Lachen bringen. Am Ende bin ich immer die, die über ihre eigenen lächerlichen Gesichtsausdrücke lacht, dabei kann ich sie nicht einmal sehen. Echt schräg, ich weiß.
Während ich ihm also in die Augen sehe, wird mir ganz warm ums Herz (noch so eine nervige Nebenwirkung). In meinem Bauch fängt es an zu kribbeln, als mein Blick auf seine dichten, dunklen Wimpern fällt. Verdammt! Ich beiße mir auf die Unterlippe um ein Grinsen zu unterdrücken, aber natürlich bleibt das Zucken meiner Mundwinkel nicht unbemerkt. Auch dieses Mal verliere ich haushoch.
Yashar lacht leise, nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und küsst mich. »Wir haben jetzt drei Wochen hintereinander geschwänzt. Ich kann es mir nicht schon wieder leisten zu fehlen.«
»Es ist Physik!«, stöhne ich und werfe den Kopf zurück. »Kein. Mensch. Braucht. Physik.« Ich sehe ihn wieder an. »Und außerdem: du hast Physik nicht mal im Abi, also, was soll's?«
Er fährt mit seinem Daumen lächelnd über meine Unterlippe. »Die Punkte brauche ich trotzdem.«
»Mimimi.«
»Es hat schon vor zehn Minuten geklingelt«, sagt er und küsst mich. Und dann küsst er mich noch einmal. Und noch einmal. »Ich muss jetzt wirklich gehen.«
Ich schmolle, meine letzte Chance und Geheimwaffe, auch wenn ich weiß, dass er im Grunde recht hat, aber er schüttelt sowieso nur entschieden den Kopf. »Das zieht nicht mehr bei mir, Nora. Wir sehen uns später, okay?«
Obwohl ich nicht wirklich erfreut darüber bin, nicke ich und sehe ihm in die warmen, braunen Augen. Er hat ja recht. Wenn wir keinen Ärger bekommen wollen, müssen wir jetzt zum Unterricht. Ich lasse ihn los. »Na los, hau schon ab.«
Er küsst mich ein letztes Mal, bevor er aufsteht und geht.
Nachdem er verschwunden ist, packe ich meine Sachen zusammen und werfe mir meinen Rucksack über die Schulter, bevor ich zur Sporthalle renne, was lächerlich ist, weil ich so oder so zu spät dran bin. Egal wie sehr ich mich jetzt auch beeile, Ärger werde ich ja sowieso bekommen. Da kann ich mir die paar Minuten auch noch gönnen.
Also bleibe ich kurz stehen, hole tief Luft und mache mich schließlich wieder auf den Weg. Dieses Mal gehe ich ganz gemächlich.
Als ich in die Umkleide komme, ist sie bereits leer. Die Mädchen haben sich natürlich alle schon umgezogen und sind bereits in der Halle. Alle außer mir. Herr Zachwieja wird mir den Kopf abreißen. Das ganze Schuljahr über komme ich jede Woche zu spät zum Unterricht, wenn ich überhaupt mal auftauche, aber Sport ist nun wirklich nicht gerade mein Lieblingsfach.
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Behind Blue Eyes [PAUSIERT]
General FictionEine Freundschaft, die dem Untergang geweiht ist. Eine Liebe, die einfach nicht sein soll. Und zwei Menschen, die nichts mehr wollen, als endlich zueinander zu finden. © stylesti